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Plattform Life Sciences 2/2017 - Präzisionsmedizin durch „Big Data“?

Individualisierte Tumortherapien auf Basis genetischer Analysen auf dem Vormarsch

Case Studies Präzisionsmedizin durch „Big Data“? Individualisierte Tumortherapien auf Basis genetischer Analysen auf dem Vormarsch Erfolge der modernen Molekulargenetik und stark verbesserte Möglichkeiten, die menschliche DNS Baustein für Baustein in relativ kurzer Zeit zu sequenzieren und zu analysieren, beziehen sich spätestens seit 2001, dem Jahr der Entschlüsselung des Humangenoms, nicht mehr nur auf die Grundlagenforschung. Das Potenzial, das in diesen Fortschritten der Molekular- biologie und -genetik steckt, hat längst auch die Medizin erkannt, insbesondere die Krebsforschung. Und das Schlagwort für diese revolutionäre Entwicklung lautet: Präzisionsmedizin. Von Robert Steininger m o c . a i l o t o F – r e d n e r x a i l o t o f © : n o i t a r t s u l l I therapie, Operation oder Strahlenthera- pie, hin zur ganz gezielten Behandlung auf der Basis vor allem genetischer Charakte- ristika. Dieser Paradigmenwechsel kann sich nicht nur auf Wirkeffi zienz der Thera- pie niederschlagen, sondern auch hin- sichtlich eines günstigeren Wechselwir- kungsprofi ls oder besseren Nebenwir- kungsmanagements – für ohnehin extrem belastete Patienten ganz wesentliche Fort- schritte. Die Klassifi zierung von Krebsarten wird nach Ansicht führender Experten künftig nicht mehr nach betroffenen Orga- nen stattfi nden, sondern vielmehr nach molekularen Mechanismen, die über die Bildung eines Tumors entscheiden. Forschung, Diagnose und Behandlung sollen nahtlos ineinander übergehen Präzisionsmedizin ist eine personalisierte Form der Krankheitsbetrachtung, bei der ganz individuelle Gesichtspunkte bezüg- lich Prävention und Behandlung von Krankheiten Berücksichtigung fi nden. Sie basiert gleichermaßen auf der Zusammen- führung großer Datenmengen mit Hilfe der Informationstechnologie (IT), wie sie im Rahmen bisheriger Studien nicht erho- ben werden können. Die heutigen Möglich- keiten der Genomik und genetischer Ana- lysen übersteigen die menschliche Fähig- keit, die klinische Bedeutung manuell zu überschauen. Die Komplexität der diag- nostischen Daten und des damit verbun- denen biomedizinischen Wissens nimmt exponentiell zu und erfordert immer wei- ter entwickelte Technologien, um die für den einzelnen Patienten relevanten Daten- punkte zu identifi zieren und zu interpre- tieren. Folglich verstärken Regierungen, For- schungsinstitute und Technologiefi rmen ihre Bemühungen zur Analyse riesiger Datenmengen über Gesundheit und Geno- me. Schon jetzt ist klar, dass solche Tech- nologien in Zukunft die Basis für diagnosti- sche, therapeutische und prognostische Entscheidungen sowie für die Erkenntnis neuer Zusammenhänge darstellen werden. Potenzial für Quantensprung in der Medizin: klinisch verwertbare Ergebnisse aus biomedizinischen Datenbanken Zunehmend werden Programme im Rah- men der Präzisionsmedizin für Krebs- erkrankungen und verschiedene weitere chronische Krankheiten entwickelt und eingesetzt. Ein für Therapieentscheidungen im Bereich der Onkologie bereits erfolgreich genutztes Programm ist MH Guide des Heidelberger Unternehmens Molecular Health. Die Software ist in Europa als In-vitro-Diagnostikum (IVD) registriert und entsprechend zugelassen. Sie bedient alle Arbeitsschritte der klinischen Genomik im Bereich der Onkologie, beginnend mit den Sequenzierungs-Rohdaten bis hin zur Er- stellung eines interaktiven medizinischen Berichtes zu wirksamen, unwirksamen und potenziell toxischen Behandlungsoptionen durch den anwendenden Arzt. Die im Rahmen von MH Guide durchge- führten Analysen ermöglichen Aussagen zur Wirksamkeit und Sicherheit von Arz- neimitteln sowie zu Arzneimittelwechsel- wirkungen und damit die Identifi kation derjenigen Behandlungsoptionen, die beim individuellen Patienten am ehesten wirksam und sicher sind. „Welcher Weg eingeschlagen wird, bleibt aber weiterhin die Entscheidung der behandelnden Ärzte“, betont Friedrich von Bohlen, einer der Gründer des Unternehmens. E ntwickelt werden kann dadurch eine Behandlung, die sich an den indivi- duellen molekularen Merkmalen des Tumors orientiert und so eine maßge- schneiderte Therapie des Patienten er- möglicht. Die USA beispielsweise erhöhten noch unter der Regierung Barack Obamas ihre Investitionen in die Krebsforschung drastisch und richteten dabei ihr Augen- merk vor allem auf diesen Sektor. „Die rich- tige Therapie zum richtigen Zeitpunkt für den richtigen Patienten“, proklamierte der damalige Präsident. Individualisierte Therapie oder Präzi- sionsmedizin – egal, welcher Begriff ver- wendet wird, der Trend scheint klar vorge- zeichnet. Beginnend mit der Onkologie, führt der Weg vom Gießkannenprinzip der aktuellen Standardmethoden wie Chemo- 34 ls 02-2017 „Personalisierte Medizin“

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