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oder der osteochondralen Zylinder-Trans- plantation, überlegen. Nach einer ACT wird bei über 90% der Patienten Knorpel von sehr hoher Qualität regeneriert und damit ein künstliches Gelenk für viele Jahre verzögert oder ganz verhindert. Solide Biomaterialien als Zellträger, wie sie etwa in NOVOCART 3D verwendet wer- den, haben den Nachteil, dass sie nicht arthroskopisch angewendet werden kön- nen und auch nicht für jedes Gelenk geeig- net sind. Daher spielen Hydrogele, ver- netzte, hydrophile Polymer-Netzwerke, im Bereich der Knorpelregeneration eine zu- nehmend wichtigere Rolle. Aus klinischer Sicht sind injizierbare, sich im Körper ver- festigende Hydrogelsysteme besonders interessant. Diese können arthroskopisch angewendet werden und ermöglichen eine vollständige Auffüllung von Defekten jeglicher Form (Abb. 3). Hohe Hürden für den Marktzugang Auch der Aufwand, der für die Herstellung und Qualitätskontrolle von patienten- individuellen Transplantaten betrieben werden muss, ist immens. Diesem hohen fi nanziellen Aufwand steht eine geregelte Kostenerstattung entgegen, die der An- patientenindividuell wendung im Krankenhaus eine Fallpau- schale verordnet. Aus diesem begrenzten Budget für die Versorgung der Patienten muss der ATMP-Hersteller (Arzneimittel für neuartige Therapien) mit der Klinik seinen Anteil für die Herstellung des Transplantats verhandeln. Es gibt mindes- tens zwei gravierende Marktzugangs- unterschiede zwischen ATMPs und Arz- neimitteln, die die Ökonomie der ATMPs beeinträchtigen: (1) sehr frühe und riskante Investitionen in die Herstellanlagen, da es für hergestellte Präparate keine CMO-Industrie (custom manufacturing organisation) gibt und (2) keine frühe Nutzenbewertung nach AMNOG (Arzneimittelmarktneuordnungs- gesetz) und Erstattung vom ersten Tag der Markteinführung, sondern als „Methode“ eine Durststrecke von zwei bis drei Jahren bis zur Aufnahme eines Zusatzentgelts in den DRG-Katalog (Diagnosis Related Groups/diagnosebezogene Fallgruppen), nachdem das für das Entgeltsystem im Krankenhaus) aus den berichtenden Krankenhäusern Verschrei- bungsdaten sammeln konnte. Den Markt- zugang über NUB-Anträge zu ebnen, gelingt nur sehr selten. Somit ist es nicht InEK (Institut Abb. 2: Durchführung der Transplantation mit NOVOCART 3D I Der Defektbereich des geschädigten Knorpels wird II Das Transplantat wird passgenau zugeschnitten ausgestanzt III Die Trägermatrix mit den Knorpelzellen wird in den IV Das Transplantat wird mit aufl ösbarem Nahtmaterial Defekt gelegt fi xiert Quelle: TETEC AG Märkte & Technologien Abb. 3: Knorpelregeneration mit einem zellhaltigen Hydrogel I Knorpeldefekt vor ACT II Arthroskopische Defektausfüllung mit dem zellhaltigen Hydrogel III Regenerierter Knorpel 8 Monate nach ACT Quelle: TETEC AG verwunderlich, dass die so dynamisch gestartete ATMP-Industrie in Deutschland bereits wieder kollabiert, obwohl nun end- lich die regulatorischen Rahmenbedin- gungen halbwegs geklärt sind. Die im europäischen Recht verankerte „Hospital- Exemption“-Regulierung, die es den ATMP-Herstellern erlaubt, Patienten im eigenen Land einen frühen Zugang zu neu- artigen Therapien zu ermöglichen (also vor Erhalt der zentralen Zulassung), ist in dieser Hinsicht absolut notwendig für die Einführung von Innovationen. Ebenso wäre es hilfreich, bürokratische Hürden wie beispielsweise die EU-Gewebeimport- beschränkungen (für autologe Produkte) zu vereinfachen, die Unterminierung der Erstattung durch die Krankenkassen und deren medizinischen Dienst einzuschränken und die dezentral geregelte Gewebeent- nahmeerlaubnis nach §20b AMG (Arznei- mittelgesetz) national zu harmonisieren. Die Chancen, die die ATMP-Industrie eröffnen kann, sind für den Patienten riesig, aber die Risiken, die Existenz dieser jun- gen Industrie durch Überregulierung und fi nanzielle Beschränkungen zu bedrohen, sind noch größer. Wenn das Gesundheits- system nicht bald umsteuert, wird der Patient der Leidtragende sein. 02-2017 „Personalisierte Medizin“ ls 29