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Der Wirtschaft stehen offenbar schlechte Zeiten bevor. Angesichts der globalen Pandemie, wurden umfangreiche Einschränkungen und teilweise sogar Ausgangssperren verhängt: so stellten zahlreiche Betriebe, wie beispielsweise VW, ihre Produktion komplett ein und das öffentliche Leben, wie wir es gewohnt sind, ist weitestgehend zum Erliegen gekommen. Folglich befinden sich weltweit auch die Aktienmärkte auf Talfahrt. Besonders in Branchen wie der Gastronomie, der Luftfahrt und dem Tourismus macht sich die Krise bemerkbar – es kam und kommt in diesen Bereichen zu massiven Umsatzeinbrüchen. Je nachdem wie lange diese Pandemie anhält, könnten die ohnehin schon massiven Auswirkungen des Covid-19-Virus auf die Weltwirtschaft verheerend sein. Von Timothy Veigel

Doch wie so oft in Krisenzeiten, gibt es neben einigen  Branchen, die es außerordentlich schwer trifft, auch Unternehmen, die jetzt besonders gefragt sind – deshalb beschäftigen wir uns in diesem Beitrag mit einer Auswahl an Profiteuren der Corona-Krise.

Durch das zu Hause Bleiben um die Verbreitung des Virus einzudämmen, ändert sich nicht nur unser Tagesablauf, sondern auch das Konsumverhalten deutlich. Dementsprechend steigen nun die Käufe und Nutzerzahlen von Unternehmen, die besonders auf das Leben in den eigenen vier Wänden ausgerichtet sind.

Aufgrund der aktuellen Unsicherheit ist es noch nicht möglich tatsächlich langfristige „Gewinner“ der Krise auszumachen. Kurzfristig kristallisieren sich jedoch schnell einige Titel aus der grauen Masse heraus, die trotz der aktuellen Situation keine massiven Kurseinbrüche erlitten haben und teilweise sogar profitieren können.

Homeoffice-Tools

Die partiell verhängten Ausgangssperren hierzulande und die generelle „Flatten-the-curve“- Bewegung, führten dazu, dass zahlreiche Unternehmen, wie auch die GoingPublic Redaktion, ihren Betrieb auf Homeoffice umstellten. Damit das funktioniert müssen Mitarbeiter weiterhin gut vernetzt bleiben, um möglichst geringe Effizienzverluste aufgrund der fehlenden physischen Nähe, bzw. erschwerter Kommunikation zu erleiden. Hierfür gibt es zahlreiche Tools, wie z.B. Zoom Video, Teamviewer, Slack, Google Classroom, Skype oder Microsoft Teams, die sich nun allesamt über rasant steigende Nutzerzahlen freuen können. Obwohl Microsoft in diesem Bereich wie ein klarer Profiteur wirkt und sich über verdoppelte Nutzerzahlen freuen darf, schlägt sich dies nur bedingt im Aktienkurs nieder – im vergangenen Monat verlor die Aktie rund 15% und steht aktuell bei 137,50 EUR.

Anders ist das bei dem noch relativ frisch an der US-Börse notierten Anbieter für Remote-Konferenzdienste Zoom. Die App wurde im vergangenen Monat bereits über 30 Mio. mal heruntergeladen, was die Börse mit einem Zuwachs von rund 85% seit Jahresanfang honorierte. Ob das rasante Wachstum nachhaltig ist, bleibt fraglich, da die Konkurrenz groß ist und Homeoffice für viele Unternehmen womöglich

Krise

bloß eine Übergangslösung bleiben wird. Zusätzlich sind sehr optimistische Gewinnentwicklungen bereits eingepreist. Dennoch zählt Zoom aktuell zu denen, die aus der Krise positiv hervorstechen. Die Aktie steht aktuell bei 135,00 EUR, die MarketCap liegt bei knapp 17 Mrd. EUR.

Auch die App Teamviewer freut sich über stark steigende Nutzerzahlen und konnte in den vergangenen Wochen „dank“ der Krise ihre jüngsten Kursverluste wieder gut machen. Die Aktie steht aktuell bei einem Wert von 30,60 EUR.

Online-Händler

Besonders bedingt durch die Schließung der Geschäfte und Gastronomien ist der Onlinehandel aktuell sehr gefragt: In diesem Bereich heben sich zwei Profiteure von der Masse ab.

Als erstes denkt man natürlich an Amazon, den wohl bekanntesten Onlinehändler weltweit. Der Konzern sah sich in den letzten Wochen mit einer dermaßen hohen Nachfrage konfrontiert, dass er in den USA gleich 100.000 neue Stellen ausschreiben ließ. Die Nutzung von Amazon Fresh verzehnfachte sich binnen zwei Wochen. Die Aktie konnte größere Kursverluste vermeiden, was in diesen Krisen-Zeiten beachtlich ist. Der Wert des Papiers ist im vergangenen Monat um 0,2% auf einen Kurs von 1.763,00 EUR gestiegen.

Einen derzeit deutlichen   Profiteur in der Corona-Krise finden wir mit der seit 2016 an der Börse notierten Shop-Apotheke, deren Geschäftsmodell fast schon wie gemacht ist für eine globale Pandemie. Durch die aktuell hauptsächlich aus Unsicherheit wachsende akute Nachfrage nach Medizin und Hygieneartikeln, sowie einer deutlichen sprunghaft angestiegenen Affinität zum Onlinehandel, sieht sich das Unternehmen mit einem rasanten Anstieg an Bestellungen konfrontiert. Die Zahl der Aufträge sei inzwischen so groß, dass die Online-Apotheke inzwischen über Bestellobergrenzen nachdenkt, um Kunden vom Hamstern abzuhalten. Trotz der Tatsache, dass die Kapazitäten des Unternehmens der immensen Nachfrage scheinbar nicht gewachsen sind, sollen die explosionsartig gestiegenen Bestellungen zu einem Umsatzwachstum von rund 20% führen. Auch am Aktienmarkt konnte man im vergangenen Monat einen Wertzuwachs von 20% feststellen, der das Papier nun bei einem Kurs von 51,50 EUR stehen lässt.

Lieferdienste

Man könnte meinen, dass dies die Zeit der Lieferdienste sei, da viele Menschen sich nun ihre Einkäufe direkt nach Hause bestellen um die Ansteckungsgefahr zu minimieren. Bei Lieferketten wie Delivery Hero ist es zwar zu einem leichten Nutzeranstieg gekommen, die Aktie steht jedoch aktuell mit 71,88 EUR noch 10% tiefer als  vor einem Monat.

Die Bürger scheinen ihre Zeit zu Hause gerne zum selber kochen zu nutzen, was sich in einem rasanten Nutzerzuwachs bei Lebensmittellieferdiensten wie REWE, HelloFresh und Blue Apron widerspiegelt.

Die Aktie von HelloFresh, verzeichnete im vergangenen Monat einen Zuwachs von 21% – eine Wertsteigerung, bei der vermutlich neben dem deutlichen Nutzeranstieg, auch die Aufnahme in den MDax als Katalysator eine Rolle gespielt haben könnte.

Deutlich stärker hingegen ist die Kursentwicklung des Lebensmittellieferanten Blue Apron. Nachdem es mit dem Kurs des Unternehmens im vergangenen halben Jahr stetig bergab ging, konnte das Papier im vergangenen Monat um über 400% wachsen. Ein solch exorbitantes Wachstum mit dieser Geschwindigkeit war verglichen mit vergangenen Erfahrungen bisher selten nachhaltig; besonders, wenn man beachtet, dass diese Krise (hoffentlich) nicht ewig anhält und Menschen ihr Konsumverhalten danach womöglich wiederumstellen. Dennoch ist die aktuelle Zeit eine Chance für Lebensmittellieferanten um Kunden von ihrem Online-Geschäftsmodell zu überzeugen, wo Deutschland bisher noch etwas hinterherhinkte. Außerdem ist nun die Zeit, in der sich eine Marktführerschaft herauskristallisieren kann, was langfristige Gewinne bedeuten könnte.

Gaming, Streaming, Apps

Pünktlich zum Lockdown hat Disney seinen neuen Streamingdienst Disney+ nach Deutschland gebracht. Generell sahen sich Streamingdienste wie Amazon und Netflix in den vergangenen Tagen mit dermaßen hohen Nutzerzahlen konfrontiert, dass sie die Streamingqualität vermindern mussten, um einen Serverkollaps zu vermeiden. Während die Netflix Aktie in der aktuellen Krise Verluste vermeiden konnte, verlor die das Papier von Disney trotz der hohen Streaming-Nachfrage innerhalb des letzten Monats rund 30% an Wert und steht nun bei einem Kurs von 88 EUR. Grund dafür ist, dass der Shutdown ausschließlich das Streaminggeschäft, nicht aber den Rest der Unternehmungen des Traditionskonzerns blühen lässt. Die aktuelle Phase könnte entscheidend für die hart umkämpfte Streamingbranche sein, da das Neukundengeschäft aktuell boomt und sich ein Marktführer hervorheben könnte.

Auch Gaming-Unternehmen verzeichnen gestiegene Nutzerzahlen. Sogar die Bundesliga weicht vorerst in die E-Sports Szene aus und lässt die geplanten Partien in Fifa20 von EA Sports austragen  -natürlich nur nebenbei und nicht als Ersatz. Obwohl die Gaming Branche eigentlich deutlich von der Krise profitieren sollte, spiegelt sich dies aktuell fast ausschließlich in Nutzerzahlen und nicht in Börsenkursen wider. EA musste im vergangenem Monat über 10% an Wert einbüßen und bei anderen Gaming-Anbietern sieht es ähnlich aus – deutlich gestiegene Werte aus der Branche suchten wir vergebens.

Hygieneartikelanbieter

Wie man sich unschwer denken kann und vielleicht auch an der eigenen Person erkennt, ist die Nachfrage nach Hygieneartikeln rasant gestiegen. Dies spiegelt sich natürlich in den Absatzzahlen der Anbieter wieder – so konnte beispielsweise der Offenbacher Seifenhersteller Kappus nach der angemeldeten Insolvenz nun doch noch gerettet werden.Schutzkleidung und Schutzmaskenhersteller Alpha Pro Tech legte zwischenzeitlich um 500% zu, hat sich nun jedoch bei einer Wertverdopplung wieder eingependelt. Die Aktie steht nun bei einem Wert von 11,60 EUR.

Biotech-/ Pharmaunternehmen

In der BioTech-Branche wird aktuell mit Hochdruck nach einem Impfstoff für das Covid-19 Virus geforscht, was die Kurse einzelner Unternehmen nach oben treibt. Weit vorne dabei im Rennen um den Impfstoff sind die beiden deutschen Unternehmen Curevac und Biontech. Letzteres Unternehmen vollzog erst im vergangenen Jahr einen erfolgreichen Börsengang an der New Yorker Nasdaq und machte neben ihren Forschungen durch namhafte Investoren wie Bill Gates auf sich aufmerksam. Die Biontech Aktie steht bei Anlegern zur Zeit hoch im Kurs und konnte im vergangenen Monat einen Wertzuwachs von 66% und stieg somit auf einen Wert von 52,82 EUR.

Fazit

Zusammenfassend lassen sich während der weltweit anhalten Krise und dem auf unbestimmt andauernden Ausnahmezustand einige Firmen, bzw. Branchen erkennen, die eine Nachfrageverschiebung zu ihren Gunsten erleben. Ob – und wenn ja welche Unternehmen diese Situation nachhaltig ausnutzen können, um eine Marktführerschaft oder sonstige langfristige Profite zu ergattern, wird sich noch zeigen müssen.

Autor/Autorin

Timothy Veigel
Timothy Veigel

Timothy Veigel ist bei der GoingPublic Media AG in der Redaktion, sowie in der Kundenbetreuung tätig.