Bildnachweis: ©Emilija – stock.adobe.com, ARQIS.

Wirkung auf den Verkehrssektor immens

Der Verkehrssektor stieß z.B. im Jahr 1990 noch 283 Mio. Tonnen CO2 aus, 2015 waren es 150 Mio. Tonnen. Der neue Minderungspfad sieht vor, dass der Ausstoß anno 2030 bei 85 Mio. Tonnen CO2 liegt. Bis zum Jahr 2050 soll die Treibhausgasbilanz negativ sein. Es werden dann der Atmosphäre mehr Treibhausgase entnommen als emittiert.

Die vorstehende Grafik des Bundesumweltministeriums macht das deutlich. Zugleich zeigt sie ein weiteres Problemfeld: Die Energiewirtschaft ist vor noch größere Herausforderungen ge-stellt. Dabei kann diese nicht ohne den Verkehr gedacht werden, denn die geplanten Senkun-gen im Verkehrssektor gelingen nur durch erheblich mehr Strom.

Auch wenn derzeit für Kraftfahrzeuge bereits CO2-Beschränkungen bestehen, wird das Sek-torziel im Verkehr mit Verbrennungsmotoren nicht zu machen sein. Der Umstieg auf den Elekt-roantrieb ist alternativlos, um das Klimaschutzgesetz einzuhalten. Die heutigen Vorgaben rei-chen nicht. Es gibt CO2-Flottengrenzwerte für die Hersteller, sie gelten für die durchschnittli-chen Emissionen der innerhalb eines Jahres verkauften neuen Autos. Der vorgeschriebene Grenzwert liegt derzeit bei 95g CO2/km und kann je nach Messung und Berechnung auf 108g CO2/km steigen (es handelt sich hierbei überdies um den mit Abstand schärfsten Wert der Welt).

Hier finden Sie unsere IPO Analysen.

Zudem sind Diesel und Benzin seit 2021 Teil des deutschen Emissionshandelssystems. Händ-ler der Brennstoffe müssen für jede Tonne CO2-Ausstoß ein Zertifikat für 25 EUR kaufen. Das steigt bis 2025 auf 55 EUR. Der Mehrpreis wird entlang die Lieferkette den Weg an die Tank-stelle zum Verbraucher finden und dort im Jahr 2021 den Benzinpreis um 0,0007 EUR (2025: 0,0013 EUR) erhöhen. All das wird bei Weitem nicht reichen. Benzin und Diesel müssen voll-ständig aus dem Verkehr genommen werden, wenn man die Klimaziele im Verkehrssektor schaffen will.

Die Tankstelle der Zukunft liefert daher Strom. Und damit das nächste Problem: Der neue Strombedarf muss gedeckt sein. Derzeit beruht unser Wirtschaftssystem auf mehreren Ener-gieträgern – neben Strom vor allem Öl, Gas und Kohle. Mit der Energiewende ist für die Ver-kehrswende nur noch Strom übrig. Damit dieser nicht das CO2-Restbudget belastet, kann er nicht durch Kohle erzeugt werden. Autos müssen daher nicht nur Strom tanken, der Strom muss auch aus erneuerbaren Energien kommen.

Wasserstoff als Lösung

Die Bundesregierung will das mit Wasserstoff lösen. Wasserstoff eignet sich als Energieträger und damit als das neue Öl und Gas für die Industrie ebenso wie für den Verkehr. Wasserstoff wird zu Recht als Schlüssel für die Dekarbonisierung der Wirtschaft betrachtet. Für Wasser-stoff gilt aber wie für den Strom: Er muss aus erneuerbaren Energien hergestellt werden, sonst ist das CO2-Restbudget nicht entlastet. Daher hat sich eine regelrechte Farbenlehre für Was-serstoff entwickelt. Grauer Wasserstoff wird aus fossilen Brennstoffen gewonnen, türkiser Wasserstoff über die thermische Spaltung von Methan hergestellt usw. Für die vorgeschriebe-ne Klimaneutralität im Verkehr nützt am Ende nur grüner Wasserstoff: Dieser wird ausschließ-lich mit Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt.

Für den Verkehr tritt grüner Wasserstoff neben die batteriebetriebenen Antriebslösungen. Das betrifft die Brennstoffzelle und entlastet die Stromnachfrage. Die Einführung von Brennstoffzel-lenfahrzeugen wird im ÖPNV (Busse, Züge), im Schwerlastverkehr (Lkw) oder in der Logistik (Gabelstapler, Flurförderzeuge) die Elektromobilität ergänzen können. Wasserstoff wird so zur zweiten Säule der Energieversorgung und kann nach der im Jahr 2000 eingeleiteten Energie-wende zur zweiten (Export-)Erfolgsgeschichte Deutschlands werden.

Friedrich Gebert, ARQIS

Zum Autor
Dr. Friedrich Gebert ist Counsel der Wirtschaftskanzlei ARQIS und leitet dort das öffentliche Wirtschaftsrecht. Vorher war er in diesem Bereich bei Freshfields Bruck-haus Deringer als Anwalt tätig. Er berät zu regulatorischen Fragen mit Schwerpunkt auf den Auswirkungen des EU Green Deal und zur Nachhaltigkeit in der Verkehrswende.

Autor/Autorin

Dr. Friedrich Gebert