Gute Fundamentaldaten – doch die Treiber sind andere

Dass der DAX die 12.000-Punkte-Marke dennoch nicht lange halten konnte, ist neben Gewinnmitnahmen darauf zurückzuführen, dass aufkeimende Konjunkturerwartungen Diskussionen um eine baldige Zinswende schürten. Einhergehend mit der Frage, ob Anleger in Erwartung steigender Zinsen Gelder aus Aktien abziehen würden, in der Hoffnung, diese in höher verzinste Anleihen investieren zu können. Eine nicht ganz unbegründete Frage, wie sich schnell herausstellte: Wichtige Indizes wie der Dax oder der Euro Stoxx 50 gaben zwischen Mitte April und Mitte Mai kräftig nach und büßten rund 6% ein. Letztendlich blieb die Zinswende (bis heute) jedoch aus, der Markt stabilisierte sich und mäanderte bis Mitte August zwischen knapp 11.000 Punkten und gut 11.500 Punkten dahin. Solange, bis die Währungsabwertung und der Börseneinbruch in China auch hierzulande einen rapiden Kursverfall einläuteten. Und nachdem der DAX mühsam die 10.000-Punkte-Marke zurückerobert hatte, vergiftete der VW-Skandal das (Börsen-)Klima. Am 24. September fiel der DAX auf einen Jahrestiefstwert von 9.428 Punkten.

Wirklich aufwärts ging es mal wieder erst, als Mario Draghi im Oktober die Nutzung aller verfügbaren Instrumente versprach. Auf dieses Versprechen sind wohl auch die enttäuschten Erwartungen nach der jüngsten EZB-Entscheidung zurückzuführen. Erwartungen, die Ewald Nowotny, Chef der österreichischen Notenbank, als absurd bezeichnet. Das Mitglied im Rat der EZB geht sogar noch einen Schritt weiter und wirft den Marktanalysten komplettes Versagen vor. Tatsächlich ist es für Anleger, die auf fundamentale Einflussfaktoren wie Unternehmensgewinne und Übernahmeaussichten vertrauen, frustrierend zu beobachten, mit welcher Kraft allgemeine Signale die Aktienkurse nach unten oder oben treiben. Dass es keine Alternativen zu Aktien gibt, erhöht dabei noch die Sensibilität vieler Anleger für das Gewirr an täglichen Nachrichten, resultierend in teilweise brutalen Stimmungsschwankungen, die zu Verzerrungen und unverhältnismäßigen Korrelationen einzelner Anlagen führen und durch ein ausgeprägtes Herdenverhalten noch verstärkt werden.

Chancen für Investoren

Statt mit Stop-Loss-Orders im Strom zu schwimmen, sollten Investoren den dargelegten Missstand und den damit verbundenen Volatilitätsanstieg aktiv für sich ausnutzen und stärker antizyklisch agieren – denn die Fundamentaldaten bleiben vielfach unverändert. Es gilt genau hinzuschauen, welche Werte von spezifischen Nachrichten tatsächlich betroffen sind und welche nur dem allgemeinen Grundrauschen folgen. Gerade unter den Small Caps sind viele Unternehmen deutlich unabhängiger von globalen Einflussfaktoren als große Konzerne. Undifferenzierte Kursschwankungen eröffnen Anlegern dadurch Einstiegsmöglichkeiten, die es in stabilen Märkten nicht gäbe und langfristige Positionen können durch günstige Zukäufe aufgestockt werden. Neben dem richtigen Timing sind dafür in erster Linie eine fundierte Analyse sowie Geduld und Disziplin notwendig.

Tugenden, die sich am Ende auszahlen könnten. Denn mit der wachsenden Geldmenge und dem niedrigen Euro bleiben die Haupttreiber der nun schon seit 2009 anhaltenden Hausse wohl auch 2016 intakt. Spätestens wenn die nächste Liquiditätsspritze kommt und die DAX-Unternehmen ihre Ausschüttungen mehrheitlich wie erwartet anheben, dürften die Dur-Klänge am deutschen Aktienmarkt wieder überwiegen.

DAX in Zahlen

2015 (Stand 10.12.) 2014 (Stand 15.12.)
Performance insgesamt +8,1% (10.599 Punkte) -2,8% (9.334 Punkte)
Durchschnittliche Bankenprognose am Jahresanfang +9,4% (10.731 Punkte) +4,9% (10.067 Punkte)
Anzahl der Handelstage mit positiven/negativen Kursverläufen* 133/108 138/105
Längste Zeitspanne mit täglichen Kursgewinnen/-verlusten* 9/7 12/4
Höchster Kursgewinn/-verlust an einem Tag* +5,0% /-4,7% +3,1% /-3,4%
Höchster Kursgewinn/-verlust am Stück* +10,0%/-12,4% +8,4%/-6,5%
Durchschnittliche Dividendenrendite 2,7% 2,3%
Volatilität (ein Jahr) 23,4% 16,5%
Anzahl der Einzelwerte mit positiver/negativer Entwicklung 19/11 12/18
Anzahl der Prognoseanhebungen/Gewinnwarnungen 13/7 7/9
Gewinnträchtigster/verlustreichster Einzelwert* Adidas (+52,0%) /
RWE (-57,2%)
Merck (+16,7%) / Adidas (-39,3%)
Volatilster/stabilster Einzelwert (1 Jahr) K+S (53,1%) /
Münchner Rück (17,9%)
Lufthansa (32,1%) / Linde (16,1%)

*Schlusskurse im Xetra-Handel

Quelle: Bloomberg, BankM

 

Der Artikel erschien zuerst im GoingPublic Magazin 1-2016

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