Sinkt durch neues Eigenkapital der Zins für Fremdkapital?

Theoretisch ist der Zusammenhang zwischen Eigenkapitalerhöhung und Fremdkapitalkosten einfach herzuleiten. Durch die Aufnahme neuen Eigenkapitals sinkt das Ausfallrisiko des ausstehenden Fremdkapitals, was zu einer Anpassung der eingepreisten Risikoprämie im Anleihezins und so zu einem Kursanstieg führen sollte. Aber erstens ist kaum untersucht worden, ob diese theoretische Herleitung sich aktuell in der Praxis überhaupt nachweisen lässt, und zweitens fehlt es auch an Evidenz, wie groß dieser Effekt dann ausfällt. Hierzu können wir neue Ergebnisse präsentieren.

Kursreaktionen von 49 Anleihen untersucht

Um der Frage nach den Anleihepreisreaktionen nachzugehen, wurden zunächst Eigenkapitalerhöhungen von Unternehmen mit einem Mindestvolumen von umgerechnet 40 Mio. USD seit dem 1.1.2016 herausgesucht, die an den Börsen in Frankfurt, London, New York und Paris durchgeführt wurden. Von diesen Kapitalaufnahmen haben wir anschließend die Unternehmen ermittelt, die Anleihen mit einer ausreichenden Handelsliquidität ausstehen haben. Gab es mehrere Anleihen je Emittent, wurde der Bond mit dem höchsten Volumen gewählt, wenn er bereits mindestens sechs Monate börsennotiert war. Von den so ermittelten 49 Anleihen wurden nun im Rahmen einer Anleihen-Ereignisstudie die Kursreaktionen im Umfeld der Ankündigungen der Eigenkapitalerhöhungen ausgewertet.

Fazit

Ausstehende Unternehmensanleihen erfahren bei einer Eigenkapitalerhöhung und der damit einhergehenden Verringerung des Verschuldungsgrades statistisch hochsignifikante und ökonomisch relevante Kursanstiege von durchschnittlich 1,65% in einem 5-Tage-Fenster um den Ereignistag. Dieses Ergebnis wird vor allem von Anleiheemissionen in den USA beeinflusst, wo zum einen der Anleihenmarkt ungleich reifer ist als in Europa, zum anderen aber auch die Kapitalerhöhungen und damit der Rückgang des Verschuldungsgrades viel umfangreicher ausfielen.

Über die Autoren

Prof. Dr. Dirk Schiereck leitet das Fachgebiet Unternehmensfinanzierung an der Technischen Universität Darmstadt und hat lange Jahre dem Wissenschaftlichen Beirat des DIRK – Deutscher Investor Relations Verband angehört.
Emre Arat ist Student im Master Wirtschaftsingenieur mit technischer Fachrichtung Elektro- und Informationstechnik an der Technischen Universität Darmstadt. Sein Fokus liegt im wirtschaftswissenschaftlichen Bereich auf Unternehmensanleihen

Autor/Autorin