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„Für viele Aktionäre hat der Geschäftsbericht ungefähr so viel Charme wie eine verstaubte Steuer-Akte. …. Es freut mich deshalb ganz besonders, dass die Redaktion von GoingPublic diesem Thema eine eigenes Sonderbeilage widmet.“ So startete Kay Bommer, damals und heute Geschäftsführer des Deutschen Investor Relations Verbandes (DIRK), sein Grußwort im September 2003. Von Falko Bozicevic und Markus Rieger

Im Jahr 2022 stand mit dem 20. Jahrgang von „Geschäftsberichte & Trends“ ein Jubiläum an. Eine der wesentlichen Veränderungen in dieser Zeit: Nicht mehr ein „Produkt“ – der Geschäftsbericht –, sondern ein „Prozess“ – das Reporting – steht heute im Mittelpunkt. Anlass genug für das Kapitalmarkt-Team von GoingPublic, den Titel des Specials im 20. Jahrgang auf „Reporting-Trends“ zu modernisieren sowie unter dem Motto „Reporting Trends – Ideen. Wandel. Zukunft“ eine Veranstaltung mit der Funktion als Trendforum und Diskussionsplattform ins Leben zu rufen. Und nicht zu vergessen: Auch auf die 20 Jahre anzustoßen!

Rund 40 Gäste folgten der Einladung in den Frankfurter Airport Club und konnten auch gleich das 64-seitige Jubiläumswerk „Reporting Trends 2022/2023“ in Empfang nehmen, das in einer exklusiven Auflage von 100 Exemplaren im Vorabdruck entstanden war.

Ein kleines Lob durften wir an dieser Stelle auch gleich einheimsen: Investor Relations-Experte Michael Desprez von der Commerzbank AG: „Die jährliche Geschäftsberichte-Ausgabe von GoingPublic ist stets Pflichtlektüre, sobald sie erscheint“. An dieser Stelle auch ein herzliches Dankeschön an Torsten Hollstein und das Team vom Airport Club, bei dem wir zu Gast sein durften!

Die leidenschaftlich vorgetragene Keynote von Prof. Dr. Henning Zülch, Ökonomieprofessor der HHL Leipzig Graduate School of Management, zog die Teilnehmer im ersten Programmpunkt in ihren Bann. Und sie lieferte sogleich Gesprächs- und Zündstoff für alle weiteren Diskussionen! Zülch, selbst Baetge-Schüler, gilt als führend in der Welt der Reporting Trends. Sein Wettbewerb „Investors Darling“ trat in den letzten neun Jahren praktisch die Nachfolge von „Der beste Geschäftsbericht“ (Prof. Dr. Dr. h.c. Jörg Baetge / manager magazin) an.

Der Ökonomieprofessor ist Meister geschliffener Slogans. So stellte er beispielsweise zur verbreiteten Ansicht, vermehrt in Richtung kürzerer Geschäftsberichte drängen zu wollen, klar: „Less is more? – nein: Less is less!“ Ein Geschäftsbericht, immer noch das „Reference Book“ der Finanzkommunikation, müsse vor allem strukturiert sein. Speziell wenn all die inzwischen obligatorischen zusätzlichen Anforderungen wie das ESG-Reporting untergebracht werden sollen. Seine Aufforderung: „Mehr Relevanzdenken wagen!“ – und eben strukturiert herüberbringen. Als positives Beispiel hob er die Deutsche Telekom hervor, die beim diesjährigen Award übrigens eine neue Allzeit-Bestmarke aufstellte.

Gerade in der Krise gelte es, eine Strategie glaubhaft darlegen zu können – das nämlich schafften nur noch die wenigsten Unternehmen. Die meisten blieben angesichts der momentanen ‚Poli-Krise‘ vage und so unverbindlich wie möglich. Und wie steht es neben ESG mit dem anderen aktuellen Buzzword ‚Digitalisierung‘? „In einen digitalen Geschäftsbericht zu investieren, lohnt sich. Unternehmen mit einem hohen Digitalisierungsgrad im Reporting schneiden im Wettbewerb auffällig besser ab“, so Zülch. Generell befänden sich Unternehmen heute zwischen Informationsbringschuld und Information Overload. Unter dem Begriff „Communicative Reporting“ formulierte er hier eine potenzielle Zukunftslösung für die Finanzkommunikation von morgen.

Im anschließenden ersten Diskussionspanel mit Diana Kaufhold (firesys), Dr. Christian Herold (WTS Advisory) und Stephan Gramkow (United Internet) wurden ‚Stolpersteine und Chancen im Reporting‘ diskutiert. Diana Kaufhold bestätigt: „Insellösungen funktionieren nicht mehr.“ Risikobericht und Nachhaltigkeitsreport wollen schließlich integriert werden. Dr. Christian Herold prognostiziert: „Die Umfänge der Lageberichte werden sich verdoppeln.“ Herold rät Emittenten dazu, angesichts der Fülle an neuen Auflagen und Best Practices zu priorisieren anstatt alles auf einen Schlag umsetzen zu wollen. Stephan Gramkow, Co-Head Investor Relations bei der United Internet AG, untermauerte die Diskussionspunkte mit anschaulichen Beispielen aus seiner eigenen Praxis.

Vor der Kaffeepause am frühen Nachmittag wurde per Webcast Dr. Kai Roeske, Head of Reporting bei der Kirchhoff Consult AG, aus Hamburg zugeschaltet. Er berichtete über die Schlüsselerkenntnisse der neuen Studie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung der Index-Unternehmen, der sogenannten DAX160-Gruppe. Die Studie erscheint im Oktober, die ersten vorläufigen Ergebnisse und Auswertungen wurden daher sogar exklusiv präsentiert! Ein Highlight heraus gegriffen: Im Jahr 2021 stieg die Zahl der Unterzeichner des UN Global Compact, der nach eigenen Angaben weltweit größten und wichtigsten Initiative für nachhaltige und verantwortungsvolle Unternehmensführung (www.globalcompact.de), auf über die Hälfte der 160 Unternehmen, davon im DAX40 bereits rund 75 %.

Es folgte eine Podiumsdiskussion zur Zukunft des Reporting, an der sich auch das Publikum rege beteiligte. Auf der Bühne standen Dr. Matthias Bextermöller (Berichtsmanufaktur), Benedikt Tschinkl (Deutsche Börse Group), Tobias Ramolla (Bundesanzeiger Verlag) und Prof. Dr. Henning Zülch. Es moderierte Hannes Bauschatz vom Deutschen Investor Relations Verband (DIRK). Auch hier hob Zülch erneut hervor: „Bilanzieren, das können wir in Deutschland. Was wir oft nicht können, ist die Adressierung der relevanten Informationen.“ Großen Raum nahm auch das Thema ESG-Reporting ein. Mit „Wir brauchen und suchen nach einer verlässlichen Struktur, das war bei der Digitalisierung so, das ist jetzt beim ESG-Reporting so“, beschrieb Dr. Matthias Bextermöller von der Berichtsmanufaktur aus Hamburg die generelle Herausforderung. Warum das nicht ganz einfach ist und seine Zeit braucht, brachte Benedikt Tschinkl, für die ESG-Strategie der Deutsche Börse AG verantwortlich, auf den Punkt: „In über 100 Jahren hat sich die Berichterstattung entwickelt. Und seit 2017 stampfen wir nun die ESG-Berichterstattung aus dem Boden.“ Auch Tobias Ramolla vom Bundesanzeiger Verlag beobachtet eine große Unsicherheit bei den Emittenten: „Aktuell wirkt es so, als würde man der Pflicht/den Pflichten hinterherlaufen.“

Zum Abschluss gab es eine Premiere: Im Elevator-Pitch-Format präsentierten mit fünf Partnern der GoingPublic Initiative „Reporting Trends“ (Berichtsmanufaktur, Bundesanzeiger Verlag, CAPTRACE, firesys und wirDesign ihre Dienstleistungen rund um Reporting, Shareholder Identification und mehr! Der Ausklang im Airport Club gab den Teilnehmern noch intensiv Gelegenheit zum persönlichen Austausch.

SAVE THE DATE: Die zweite Auflage von „Reporting Trends – Ideen. Wandel. Zukunft“ ist für den 19. September 2023 geplant!

Autor/Autorin

Falko Bozicevic

Falko Bozicevic ist Mitglied des Redaktionsteams des GoingPublic Magazins sowie verantwortlich für das Portal BondGuide.

GoingPublic Media AG

Markus Rieger ist Gründer und Vorstand der GoingPublic Media AG. Als „Brückenbauer“ zwischen Unternehmen und Investoren ist er gelegentlich auch als Autor von Analysen und Beiträgen tätig.