Bildnachweis: freshidea – stock.adobe.com.

Beginnen wir direkt mit der Firmenchefin: Prof. Andrea Pfeifer, CEO von AC Immune SA, kommentierte die gestern vorgestellten Resultate wie folgt: „Die ersten Ergebnisse der
klinischen Phase-2-Studie Lauriet mit Semorinemab sind insofern bemerkenswert, als wir zum ersten Mal eine therapeutische Wirkung eines monoklonalen Anti-Tau-Antikörpers beobachten konnten. Wir sind auch begeistert von der Tatsache, dass dies das erste Mal ist, dass ein monoklonaler Antikörper eine therapeutische Wirkung auf die Kognition in der
Patientenpopulation der leichten bis mittelschweren Alzheimer-Krankheit hat. Trotz dieser interessanten Ergebnisse sind wir jedoch immer noch vorsichtig, was dies für die Patienten bedeuten könnte, da es keine Auswirkungen auf die Geschwindigkeit des Funktionsverlustes oder andere Wirksamkeitsendpunkte gab…“ und gab damit gleichsam das Wechselbad der Gefühle der Börsianer vor.

Eine Kursrakete mit über 70% Plus in kurzer Zeit war die eine Seite, eine Phase des nochmal Nachdenkens und Rücksetzens des eingeschlagenen Tempos führte innerhalb eines Tages zu einem stufenweisen Abschmelzen auf knapp über der Ur“sprungs“marke – im wörtlichen Sinne. Grund für die Kursexplosion: Beim Thema Alzheimer ist nicht erst seit dem – durchaus nachhaltig umstrittenen – kürzlichen Erfolg der Firma Biogen eine gespannte Erwartungshaltung auf das Parkett zurückgekehrt, was sich denn da als nächstes Interessantes tun könnte.

Schwieriges Feld: tau oder Amyloid oder…

Trotz des kürzlichen „Erfolges“ von Biogen (die Anführungszeichen beziehen sich auf die anhaltende Debatte über die Datenlage, die zur FDA-Zulassung geführt haben, den kräftigen Gegenwind, den die FDA-Gremien selbst auf diese Zulassungserteilung erhalten haben, sowie der weiterhin schwierigen Ausgangslage überhaupt den/die geeignete Patienten/in für eine Therapie und hierfür den richtigen Zeitpunkt bestimmen zu können – also in Summe auf eine ganze Reihe Unsicherheitsfaktoren) ist das Forschungsfeld Alzheimer ein besonders mit Tretminen, Vorbehalten und wissenschaftlichem Streit gepflastertes Terrain. Die Entwicklungsrichtungen lassen sich grob in die beiden Blöcke der „tau“- und der „Amyloid“-Fraktion aufteilen und eine Vielzahl von Misserfolgen haben sich in die Gehirnwindungen von BigPharma und Investoren eingebrannt – diese Analogie möge man dem Autor bei diesem Thema nachsehen.

Beim genaueren Blick auf die Pressemeldung gerät der geneigte Leser eventuell selbst ins Schwanken, ob hier nun ein deutlich positives Studienergebnis verkündet wird – es wurde immerhin einer der vorher festgelegten „co-Endpunkte“ erreicht -, oder ob die Aussagekraft, wie auch von der Unternehmensleitung ja bewusst höchst vorsichtig formuliert „mit Vorsicht“ zu genießen sei. Die KollegInnen von Evaluate Pharma haben auch so ein sehr gemischtes Gefühl bei dieser Nachrichtenlage und bereiten das Feld der übrigen Player im „tau-Segment“ hier aktuell auf: https://www.evaluate.com/vantage/articles/news/trial-results/ac-immune-claims-tau-win-alzheimers

Es bleibt viel zu tun bei Alzheimer

Erst kürzlich war die Schweizer AC immune schon einmal in unsere Berichterstattung gerutscht, als die Parkinson-Projekte der österreichischen Affiris zusammen mit den Hauptinvestoren (MIG Fonds sowie Athos/Strüngmann) sich bei den Schweizern eine neue Heimstatt suchten. Doch bei Alzheimer scheint noch viel Geld in ganz grundlegende Fragestellungen investiert werden zu müssen: Was ist das für eine Krankheit, und ist das eine oder mehrere verschiedene Krankheit(en) – eventuell auch mit verschiedenen Auslösern, Krankheitspfaden…? Wie kann man das medizinische Verständnis, die Diagnostik und damit auch die Einteilung in separierbare Patientenpopulationen verbessern? Können eventuell erst dann überhaupt klinische Studien erfolgreich durchgeführt werden, wenn die Stratifizierung von Patienten mit validierten Biomarkern einen größeren Schritt nach vorne gemacht haben wird? Immer wieder werden ganz neue, vermeintlich schon bekannte Puzzlestücke zum Wissen um diese Krankheit veröffentlicht, dabei auch so elementare Dinge wie die eigentliche Funktion von diesem Amyloid-Protein im gesunden Organismus – weiß man also überhaupt schon genug in basalen Dingen? Zu hoffen ist, dass Publikationen zu neuen Ansätzen, neues Wissen, neue Erkenntnisse wirklich bald eine Tür öffnen, um bald einmal mit größerer Klarheit Einzelergebnisse bewerten zu können.

Die eigentliche Pressemeldung von AC immune, die wohltuend jede Euphorie vermeidet und ganz sachlich „bestmöglich“ informiert, ist hier zu finden.

 

 

 

Autor/Autorin