Ein Elektroschrott Berg birgt zahlreiche Edelmetalle.

In schöner Regelmäßigkeit wird über die drohende Rohstoffknappheit bei wichtigen Edel- und Industriemetallen berichtet, die gerade die deutsche Industrie bedrohe, da hierzulande allenfalls verschwindend geringe Mengen gefördert werden. Die ESG Edelmetall-Service GmbH & Co. KG, in Rheinstetten bei Karlsruhe und Schänis (Kanton St. Gallen) beheimatet, zählt zu den großen Recyclingunternehmen im Lande mit namhaften Industriekunden, aber auch privater Kundschaft.

Ich war ein Herzschrittmacher: Auf der Suche nach Edelmetall
Recycling-Unternehmen zählen in der Wegwerfgesellschaft zu den sichersten Geschäftsideen. Die ESG kauft und verwertet ausgediente Elektronik. Verwertungsbetriebe zerlegen als Erstbehandler kommunalen und gewerblichen Elektronikschrott und liefern die edelmetallhaltigen Komponenten wie Leiterplatten, Prozessoren, Stecker und Relais, aber auch alte Handys an die ESG zur Edelmetallrückgewinnung. Das Unternehmen aus dem Badischen ist zudem am Anfang der Produktionskette aktiv, denn auch bereits bei der Produktion anfallende, edelmetallhaltige Materialien wie Stanzabfälle, Filterrückstände oder Ausschussmaterialien werden recycelt. Zu den gewerblichen Kunden der ESG zählen Unternehmen der edelmetallverarbeitenden Industrie, etwa Siemens, Jenoptik, MAN, Würth, FAG, CR-Recycling und Infineon sowie fast alle deutschen Elektronikhersteller. Hinzu kommen Kunden aus den Bereichen Dental, Schmuck und Galvanik.

Das Spektrum beschränkt sich dabei nicht auf die üblichen Verdächtigen wie Gold, Silber und die PGM-Metalle. Auch Iridium, Wolfram, Tantal und Molybdän werden verarbeitet. Selbst Brennstoffzellen oder auch Herzschrittmacher und Defibrillatoren werden in Rheinstetten recycelt.

Private Kundschaft wird ebenfalls bedient
Im Bereich des privaten Edelmetallkaufs hat sich die ESG in den vergangenen Jahren stark engagiert und die Kapazitäten ausgebaut. Jährlich werden mehr als 20.000 Edelmetall-Kleinmengen, die von Kunden auf dem Postweg eingesandt werden, angekauft. Dafür wird ein eigenes Labor unterhalten, in dem auch kleine Mengen geprüft werden. Hinzu kommt der Ankauf in einem eigens errichteten Gebäude am Sitz in Rheinstetten. Dort wechseln dann Dinge wie das sprichwörtliche Tafelsilber der Erbtante, Omas Zahngold oder Opas Zinnsoldaten den Besitzer. Alleine an Zinn werden jeden Monat mehrere Tonnen von Privatpersonen aufgekauft, womit auch geklärt wäre, wo die ganzen Wappenteller landen. Dieses Engagement im Privatbereich dürfte vor allem im Zusammenhang mit den Handelsaktivitäten der ESG stehen, denn das Unternehmen zählt zu den großen Anbietern von Gold- und Silberbarren sowie von Combi-Barren.

An diesen CombiBars hält die ESG das Patent. Gefertigt werden die Tafeln zu 100 bzw. 50 x 1g von Heimerle & Meule (Pforzheim) sowie vom Schweizer Edelmetallhändler Valcambi. Wenn man sein Anlagemetall später wieder verkaufen möchte, so muss man im Gegensatz zu normalen 50g- oder 100g-Edelmetallbarren nicht den ganzen Barren auf einmal verkaufen. Man kann aufs Gramm genau immer gerade so viel Feingold, Feinsilber, Feinplatin oder -Palladium abtrennen, wie man gerade veräußern möchte“, wirbt ESG für das neue Produkt.

Die ESG kauft Edelmetalle von Privatpersonen und schmilzt diese ein, um sie als Barren weiterzuverkaufen.

Scheidgut in Größenordnungen von wenigen Gramm bis mehr als 100 Tonnen
Die Firma ESG Edelmetallservice ging aus einem Zusammenschluss des Metallgroßhandels Schüssler (Rheinstetten) und des Leiterplatten-Zentralankaufs LZL hervor. 2001 bezog das Unternehmen das neu gebaute Scheidgutannahmecenter, das mit Analyse- und Sicherheitstechnik ausgestattet ist. 2004 wurden endgültig sämtliche Geschäfte des Schüssler Metallgroßhandels von der ESG übernommen. Im Jahr 2007 erweiterte ESG das Verwaltungsgebäude durch einen Büroanbau sowie durch Zukauf des Nachbargrundstücks, um eine weitere Lagerhalle für die gewerblichen Industrieschrottkunden erstellen zu können. Die ESG wirbt damit, sowohl Edelmetall im Gramm-Bereich von Privatpersonen anzukaufen als auch Scheidgut in Größenordnungen von mehr als 100 Tonnen von industriellen Anbietern.

Das Unternehmen ist sehr aktiv, wenn es darum geht, sich in den Medien als seriöser Ankäufer von Edelmetallen insbesondere für private Kundschaft zu präsentieren. Wenn es um Umsatzzahlen oder die Finanzierung des Wachstums geht, zeigt sich die Geschäftsführung sehr zugeknöpft. Man habe an dem Thema kein Interesse, ließ Geschäftsführer Dominik Lochmann auf Anfrage wissen.

Fazit
Die ESG hat ein cleveres Geschäftsmodell mit Alleinstellungsmerkmal etabliert: Neben dem üblichen gewerblichen Recycling kümmert es sich intensiv auch um private Kunden. Damit hat man direkten Zugang zum Endverbraucher, der an dem Thema Vermögenssicherung durch Edelmetall interessiert ist. So gibt es bei der ESG zum Beispiel Anlagerhodium in Pulverform mit Zertifikat für Privatanleger. Die Idee, teilbare Tafeln anzubieten, die zudem noch aus bis zu vier unterschiedlichen Edelmetallen bestehen können, dürfte sich ebenfalls im Privatanlegerbereich durchsetzen – zumal die Gramm-Einteilung Privatanlegern gegenüber Unzen entgegenkommen dürfte. Allerdings deutet im Moment nichts darauf hin, dass die ESG selbst am Kapitalmarkt aktiv werden könnte.

Kurzprofil ESG Edelmetall-Service GmbH & Co. KG
Gründungsjahr: 2001 durch Zusammenschluss, Kernunternehmen 1968
Branche: Edelmetall-Recycling
Unternehmenssitz: Rheinstetten
Mitarbeiter: k.A.
Konzernumsatz 2011: k.A.
Gewinn: k.A.

Dieser Artikel erscheint im GoingPublic Magazin 1/2013.

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