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Dieser Artikel ist Teil des neuen Going Public 1/2025, welches vor kurzem erschienen ist.

 

Der Ferienhaus-Spezialist HomeToGo SE stößt mit der Akquisition von Interhome in eine neue Dimension vor: Die IFRS-­Umsatzerlöse stellten sich auf Basis von 2024er-Pro-forma-Zahlen mit ca. 330 Mio. EUR um ca. 55% erhöht dar, das ­bereinigte EBITDA läge mehr als verdreifacht bei rund 30 Mio. EUR. Darüber hinaus hat die Übernahme signifikant positive Free Cashflows zur Folge.

HomeToGo gilt als „SaaS-enabled-Marktplatz“ mit der weltweit größten Auswahl an Ferienhäusern und -wohnungen. Interhome ist der zweitgrößte Verwalter von Ferienunterkünften und verfügt über ein Portfolio von etwa 40.000 hochwertigen Ferienhäusern und -wohnungen in 28 Ländern. Interhome gilt als das Filetstück der Hotelplan-Gruppe. ­Finanziert wird die Übernahme (Kaufpreis rund 250 Mio. EUR) durch eine Kombina­tion aus Kapitalerhöhung, vorrangigem Fremdkapital und verfügbaren Netto­barmitteln.

Transaktionsstruktur

Kern der Akquisitionsfinanzierung ist die im Februar erfolgte Platzierung von 53.125.000 Aktien zum Preis von 1,60 EUR pro Aktie im Rahmen einer von Hauck ­Aufhäuser im Lead durchgeführten Kapital­erhöhung (Volumen 85 Mio. EUR). Bemerkenswert dabei: Zum ersten Mal kam das vereinfachte Prospektverfahren gemäß EU Listing Act zum Einsatz. „Die Kostenstruktur war im Vergleich zu einer Kapitalerhöhung mit vollständigem Prospekt deutlich vorteilhafter, ebenso fielen Prü­fungs- und Rechtsberatungskosten erheblich niedriger aus“, erläutert Home­ToGo-CFO Steffen Schneider im ­Gespräch mit GoingPublic (siehe Interview unten).

Quelle: stock3.com

HomeToGo hatte im Vorfeld Zeichnungszusagen aller Vorstandsmitglieder, ausgewählter Mitglieder des Aufsichtsrats und bestehender sowie neuer institutioneller Anleger erhalten. So haben sich aus der letzten Gruppe beispielsweise Investoren wie Active Ownership (AOC) und Janus Henderson, die nun 9,7% respektive 5,3% an HomeToGo halten, beteiligt. Die Übernahme von Interhome ist die bisher bedeutendste Transaktion des Unternehmens. Der weltweit zweitgrößte Spezialist für die Vermietung und Verwaltung von Ferienhäusern und -wohnungen soll vollständig in die HomeToGo Gruppe integriert werden. Der Vollzug der Transaktion mit anschließender Konsolidierung durch die HomeToGo SE wird für das erste Halbjahr 2025 erwartet.

Fazit

Die beachtliche 85-Mio.-EUR-Kapitalerhöhung von HomeToGo zeigt gleich zum Jahresbeginn 2025: Der Kapitalmarkt kann seiner Finanzierungsfunk­tion hierzulande bei einer guten Story mit klaren Perspektiven allen Unkenrufen zum Trotz jederzeit gerecht werden. Die ­Erleichterungen durch die neuen Vorschriften des EU Listing Act und das neue Anhang-9-Dokument mit gerade einmal elf Seiten dürfte sich schnell auch bei weiteren Transaktionen bewähren.

Die HomeToGo-Aktie dürfte derweil ein interessantes Investment sein. Seit Mitte Februar ist die Aktie von 2,20 EUR um fast 20% auf rund 1,80 EUR zurück­gekommen (Stand Mitte März). Folgt man den von Analysten ermittelten fairen Werten (Beispiele: Deutsche Bank 3,50 EUR je Aktie, Berenberg 4,50 EUR, Cantor Fitz­gerald 5,10 EUR), wäre sogar eine Verdoppelung bis Verdreifachung des Aktienkurses drin.

„Ein echter Meilenstein für HomeToGo und den Kapitalmarkt“

Steffen Schneider, CFO, HomeToGo SE, im Gespräch mit GoingPublic

GoingPublic: Herr Schneider, Sie haben in ausgesprochen bewegten Zeiten eine große Kapitalerhöhung zügig platziert. Welche Argumente haben die Investoren Ihrer Einschätzung nach überzeugt?

Steffen Schneider

Schneider: Die Interhome-Übernahme, die uns unserem Ziel, Europas führende Plattform für Ferienunterkünfte zu werden, ­einen entscheidenden Schritt näherbringt, wurde von neuen als auch bestehenden Investoren durchweg positiv und als strategisch sinnvolle Weiterentwicklung unserer Equity Story anerkannt. Ein wesentlicher Treiber waren für viele ­Investoren die finanziellen Implikationen der Transaktion: Umsatz, Gewinn und ­besonders Free Cashflow. Die positiven Auswirkungen auf unsere neuen kurz- und mittelfristigen Unternehmensziele konnten viele neue Investorengruppen für uns begeistern, insbesondere im ­Hinblick auf damit verbundene Synergiepotenziale.

Es war die erste Kapitalmaßnahme in Deutschland nach vereinfachten ­Prospektauflagen. Warum haben Sie sich dafür entschieden?

Als wir im vergangenen Jahr erstmals von der Möglichkeit erfuhren, eine Kapital­erhöhung dieser Größenordnung ­unter den neuen, vereinfachten Prospektvorschriften des EU Listing Act durchzuführen, waren wir zunächst skeptisch. Schließlich gab es keine Erfahrungswerte – weder auf Emittenten- noch auf Bankenseite. Ebenso war unklar, wie Investoren auf dieses neue Instrument ­reagieren würden. Doch im Laufe der Vorbereitungen mit den Banken und Anwälten wurde schnell deutlich, dass die Entscheidung absolut richtig war. Im Vergleich zu einer klassischen Kapitaler­höhung mit vollständigem Prospekt und Bezugsrechten war der administrative Aufwand erheblich geringer. Das sog. Anhang-9-Dokument, welches wesentliche Informationen über die angebotenen Wertpapiere und vor allem die damit verbundenen ­Risiken enthält, ist auf elf Seiten komprimiert. Zudem musste das Dokument nicht durch eine Aufsichtsbehörde oder die ­Börse im Vorfeld gebilligt, sondern lediglich hinterlegt werden, was uns bedeutend mehr Flexibilität bei etwaigen Anpassungen oder beim Timing der Roadshow gab.

Und wie fällt Ihr Fazit aus, auch hinsichtlich der Kosten?

Die Kostenstruktur war im Vergleich zu ­einer Kapitalerhöhung mit vollständigem Prospekt deutlich vorteilhafter, ebenso ­fielen Prüfungs- und Rechtsberatungskosten erheblich niedriger aus. Rückblickend muss man diese Vereinfachung des EU ­Listing Act loben. Wir haben als erstes ­Unternehmen in Deutschland – und eines der ersten in Europa – diese neuen regulatorischen Erleichterungen genutzt und konnten erfolgreich Kapital in größerem Umfang bei zugleich deutlich schlankerer Abwicklung aufnehmen.

Welche Rück­meldungen haben Sie von den Investoren erhalten?

Die Akquisition von Interhome war ein komplexes Projekt, an dem wir fast ein Jahr gearbeitet haben. Im Vorfeld der Maßnahme haben wir mit unseren wesent­lichen Bestandsinvestoren über die Möglichkeit eines Accelerated Bookbuildings im Rahmen einer Privatplatzierung ohne Bezugsrechte gesprochen. Die einhellige Meinung war, dass diese vereinfachte Prospektpflicht sowohl für uns als Emittenten als auch für die Investoren eine attraktive Lösung ­darstellt, um effizient und ziel­gerichtet neues Eigenkapital zu beschaffen. Viele Investoren kannten das Instrument der „Eleven-Pager“-Dokumentation bis dato noch nicht, aber waren durchweg vom Prozess und der Transparenz begeistert. Dies zeigt, dass die neue Regulierung in der Praxis funktioniert und sowohl für Emittenten als auch für Investoren einen echten Mehrwert bietet.

Herr Schneider, vielen Dank für die interessanten Einblicke.

Das Interview führte Stefan Preuß.

Der Artikel erschien in der GoingPublic-Ausgabe 1/25 „Listed Germany – Die börsennotierte Deutschland AG in Zahlen“.

Aktienkurs HomeToGo 31.3.25, 7:39 Uhr. Copyright: stock3.com
Aktienkurs HomeToGo 31.3.25, 7:39 Uhr. Copyright: stock3.com

Autor/Autorin

Stefan Preuß
Redaktionsleiter at  | Website

Stefan Preuß arbeitet seit mehr als 25 Jahren als Redakteur im Kapitalmarktumfeld. Der gelernte Tageszeitungsredakteur sammelte zudem Erfahrung als Investor Relations Manager. Der Redaktion der GoingPublic Media AG gehört er als ständiger Mitarbeiter mit den Schwerpunktthemen IPOs, Vermögensanlage und Nachfolgelösungen an. Er betreut als Redaktionsleiter die jährlichen Spezialausgaben "Mitarbeiterbeteiligung" sowie "M&A Insurance".