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Die BaFin hat im Dezember 2020 zur Version 4.0 der Institutsvergütungsverordnung (IVV) konsultiert. Die darin enthaltenen Änderungen sind Reformen auf europäischer Ebene geschuldet (sog. „EU-Bankenpaket“) und sollen dazu beitragen, Risiken des Finanzsektors zu vermeiden. Sobald die IVV 4.0 offiziell verabschiedet wird, gilt sie unmittelbar. Die Institute müssen nachziehen, um Compliance-Probleme zu vermeiden. Grund genug für einen kurzen Überblick.

Wer ist betroffen?

CRR-Institute sind künftig verpflichtet, Risikoträger auf verschiedenen Ebenen zu identifizieren: Geschäftsleitung und Aufsichtsgremien, nachgelagerte Führungsebene, Leiter der Kontrollfunktionen bzw. wesentlicher Geschäftsbereiche sowie Mitarbeiter mit einem Einkommen von mehr als 500.000 EUR pro Jahr, wenn ihr Einkommen tatsächlich mindestens der Durchschnittsvergütung der Geschäftsleitung, des Aufsichtsgremiums und der nachgelagerten Führungsebene entspricht und die Mitarbeiter in einem wesentlichen Geschäftsbereich mit Einfluss auf das Risikoprofil des Institutes beschäftigt werden.

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Der Kreis bedeutender Institute im Sinne des KWG wird punktuell erweitert. Sie müssen nunmehr zu-dem eine so genannte erweiterte Risikoträgeridentifikation durchführen, d.h. über die oben genannten hinaus weitere Risikoträger nach den Kriterien der Delegierten Verordnung (EU) Nr. 604/2014 und der „Regulatory Technical Standards“ (RTS) der EBA festlegen und offenlegen. Hier kommt es zu punktuel-len Verschiebungen des Kreises der Risikoträger, was auch mit Blick auf den reduzierten Kündigungs-schutz für Risikoträger (§ 25a Abs. 5a KWG) relevant werden kann. Für Institute, die zwar nicht bedeutend sind, aber bestimmte Kriterien erfüllen, gelten neuerdings we-sentliche Anforderungen an die variable Vergütung (z.B. Deferrals, Clawbacks und Vergütung in Instru-menten) ebenfalls. Sie sind jedoch nicht an weitergehende Anforderungen gebunden (z.B. keine Bestel-lung eines Vergütungsbeauftragten).

Diese Gruppe umfasst:
• Nicht bedeutende CRR-Institute mit Bilanzsumme über 5 Mrd. EUR und Handelsaktivitäten  im nicht geringfügigen Umfang bzw. hohen Derivatepositionen,
• Übergeordnete Nicht-CRR-Institute mit einer Bilanzsumme über 30 Mrd. EUR sowie
• Kapitalverwaltungsgesellschaften und Wertpapierdienstleister im Gruppenkontext mit bedeu-tendem Institut als Muttergesellschaft (nur hinsichtlich der Gruppenrisikoträger).

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Factoring- und Leasinginstitute sind ganz aus dem Anwendungsbereich der IVV ausgenommen worden; die Bürgschaftsbanken kämpfen hierum noch. Förderbanken sind bereits seit der CRR-Reform von wesentlichen regulatorischen Anforderungen befreit worden, etwa den Regelungen über Abfindungen sowie über Offenlegungen.

Neue Offenlegungsregelungen

Alle Institute müssen künftig mindestens den Gesamtbetrag aller Vergütungen (gesplittet nach fix und variabel) sowie die Anzahl der Begünstigten der variablen Vergütung darstellen. Für nicht bedeutende Institute gibt es eine Handvoll Erleichterungen; die zuvor bestehende pauschale Bereichsausnahme von Instituten mit einer Bilanzsumme unterhalb von 3 Mrd. EUR wurde gestrichen.

Ex-Post-Risikoadjustierung: Längere Aufschiebefristen für Risikoträger

Wesentliche Neuerung der IVV 4.0 ist: Der zurückbehaltene Anteil der variablen Vergütung von Risiko-trägern muss zukünftig mindestens vier Jahre (zuvor drei) betragen. Entsprechend müssen die Institute darauf hinwirken, bei nächster Gelegenheit (und danach kontinuierlich) ihre vertraglichen und kollektiv vereinbarten Regelungen über die Vergütung entsprechend anzupassen. Je nach Struktur bestehen hier-zu einseitige oder nur einvernehmliche Änderungsmöglichkeiten.

Geschlechtsneutrale Vergütung „by default“

Weiter müssen Institute nunmehr ihre Vergütungspraxis ausdrücklich geschlechtsneutral ausgestalten. Eine Entgeltbenachteiligung aufgrund des Geschlechtes muss strukturell ausgeschlossen werden. Hier stellen sich für die betroffenen Institute eine Vielzahl von Herausforderungen in der Umsetzung, sind doch auch insoweit die entsprechenden Regelungen häufig mitbestimmt. Auch die Umsetzung eines entsprechenden (gruppenweiten) Reportings ist unter Datenschutzgesichtspunkten nicht gerade ein Kinderspiel.

Gruppenweite Vergütungsstrategien erlangen stärkere Bedeutung

Mussten gruppenweite Vergütungsstrategien bislang nur für die nachgelagerten Tochterunternehmen eines Konsolidierungskreises umgesetzt werden, gilt dies zukünftig im gesamten Konzern. Mitarbeiter gruppenangehöriger Kapitalverwaltungsgesellschaften sind weiterhin nicht der IVV unterworfen, soweit sie keinen wesentlichen Einfluss auf das Risikoprofil oder die Geschäftstätigkeit eines Instituts der Grup-pe haben. Neu aber: Die Tochtergesellschaften bedeutender Institute, die selbst „nur“ Kapitalverwal-tungsgesellschaften oder Wertpapierdienstleister sind, unterfallen hinsichtlich Gruppenrisikoträgern ebenfalls der IVV 4.0.

IVV 5.0 steht bereits in den Startlöchern

Im Rahmen des aktuellen Konsultationsverfahrens hat die BaFin bereits die Konsultation zu einer weite-ren Fassung der IVV (Version 5.0) durchgeführt, um den sog. Puffer der Verschuldensquote abzubilden. Die entsprechende Änderung soll „baldmöglich“ in Kraft treten. Vor dem Hintergrund dieser und weite-rer Gesetzesänderungen steht zu erwarten, dass also auch in Zukunft die Vergütungsregulatorik alles andere als statisch bleiben wird.

 

Till Heimann
Till Heimann

Till Heimann, Partner bei KLIEMT.Arbeitsrecht, Fachanwalt für Arbeitsrecht
Till Heimann berät Arbeitgeber mit Fokus auf Unternehmenstransaktionen (mit anschließender Integration), Umstrukturierungen auf Unternehmens- und Betriebsebene und Harmonisierung von Arbeitsbe-dingungen. Besondere Expertise besitzt Heimann darüber hinaus hinsichtlich der Beratung zu regulierter Vergütung (Banken/Kapitalanlagegesellschaften u.A. Institute), von Unternehmen der Technolo-giebranche sowie von Startups. Er besitzt langjährige Erfahrung in der Steuerung internationaler Projekte.

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Till Heimann