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Zum 1. Januar 2023 tritt das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) in Kraft. In zwei Schritten werden den betroffenen Unternehmen Pflichten zur Stärkung der Menschenrechte und des Umweltschutzes auferlegt. Außerdem gelten ab 1. Januar 2023 – und teilweise schon seit 1. Januar 2022 – neue Anforderungen im Rahmen der nichtfinanziellen Berichterstattung. Darauf gilt es sich einzustellen und vorzubereiten.

Der Anwendungsbereich des LkSG ist rechtsformunabhängig für Unternehmen mit mindestens 3.000 Arbeitnehmern eröffnet. Ab dem 1. Januar 2024 wird der Anwendungsbereich auf Unternehmen mit mindestens 1.000 Arbeitnehmern erweitert. Kleine und mittlere Unternehmen unterhalb der Schwellenwerte von 3.000 bzw. 1.000 Mitarbeitern fallen nicht in den direkten Anwendungsbereich des Gesetzes. Eine indirekte Erfassung ist allerdings mittels vertraglicher Vereinbarungen zwischen dem betroffenen Unternehmen und dessen Zulieferer möglich.

Was bis zu den Terminen zu tun ist

Bis zum Jahresende 2022 sollten betroffene Unternehmen die folgenden Vorkehrungen getroffen haben, um die Anforderungen des LkSG zu erfüllen:

  • Einrichtung eines Risikomanagements und Festlegung interner Zuständigkeiten,
    § 3 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 LkSG

Unternehmen sind verpflichtet, ein internes System zur Identifizierung von menschenrechts- und umweltbezogenen Risiken zu etablieren. Die Einhaltung der Vorschriften ist dabei von einer Person innerhalb des Unternehmens zu überwachen (z.B. Einkaufsleiter oder Menschenrechtsbeauftragte).

Zum Risikomanagement gehört eine Risikoanalyse (§ 5 LkSG), innerhalb derer mögliche Risiken, die zu Verstößen gegen das LkSG führen könnten, erkannt, bewertet und priorisiert werden. Die Priorisierung erfolgt nach der jeweiligen Eintrittswahrscheinlichkeit. Hilfreich ist daher eine Kategorisierung z.B. nach Länder- und Branchenrisiko. Auch wenn eine solche Analyse zwingend erst ab dem 1. Januar 2023 durchzuführen ist, empfiehlt es sich, bereits zum jetzigen Zeitpunkt alle möglichen Risiken zu erkennen, um diese schnellstmöglich zu eliminieren oder zumindest zu minimieren.

  • Verankerung von Präventions- und Abhilfemaßnahmen, §§ 6, 7 LkSG

Stellt das Unternehmen ein Risiko im Sinne des Gesetzes fest, muss es unverzüglich angemessene Präventionsmaßnahmen treffen. Mögliche Vorgehensweisen sind
beispielsweise die Erstellung von Aktionsplänen, die Durchführung von Anhörungen und die Ausstattung mit umfassenden Auditierungsrechten. Dazu gehören auch Auskunftsansprüche und Herausgabeansprüche in Bezug auf Dokumente. Zudem sind Risiken bei der Zulieferer- und Länderauswahl zu berücksichtigen. Darüber hinaus muss das Unternehmen eine Grundsatzerklärung über seine Menschenrechtsstrategie abgeben, in der es seine menschenrechts- und umweltbezogenen Erwartungen sowie seine Risikoprioritäten darlegt.

  • Einrichtung eines Beschwerdeverfahrens und die Erstreckung auf mittelbare Zulieferer, §§ 8, 9 LkSG

Um Beschwerden von betroffenen Personen außerhalb des Unternehmens zu ermöglichen und die Transparenz zu stärken, ist ein unternehmensinternes Beschwerdeverfahren einzurichten. Es kann auch auf ein Beschwerdeverfahren eines Branchenverbands zurückgegriffen werden. Dazu sind eine öffentliche Verfahrensordnung sowie Informationen zur Erreichbarkeit, Zuständigkeit und Durchführung eines Beschwerdeverfahrens öffentlich zugänglich zu machen. Die mit der Durchführung betrauten Personen unterliegen der Schweigepflicht.

Änderung in der Berichterstattung

  • Art. 8 TaxonomieVO (Umsatzerlöse, CapEx, OpEx):

Die EU-Taxonomie-Verordnung (Verordnung (EU) 2020/852) ist seit 1. Januar 2022 für die beiden dort festgelegten Klimaziele anwendbar, für die vier anderen Umweltziele ab 1. Januar 2023. Die TaxonomieVO enthält Kriterien zur Bestimmung, ob eine Wirtschaftstätigkeit als ökologisch nachhaltig einzustufen ist, um damit den Grad der ökologischen Nachhaltigkeit einer Investition ermitteln zu können (siehe Art. 1 Abs. 1).

Art. 8 TaxonomieVO statuiert darüber hinaus ergänzende Transparenzpflichten für Unternehmen, die zur nichtfinanziellen Berichterstattung verpflichtet sind (siehe §§ 289b ff. HGB). Detaillierte Konkretisierungen enthält die Delegierte Verordnung (EU) 2021/2178. Die geltende Pflicht zur nichtfinanziellen Berichterstattung (d.h. Erweiterung des Lageberichts um eine nichtfinanzielle Erklärung) gilt für große kapitalmarktorientierte Kapitalgesellschaften, die mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen und nicht aufgrund anderweitig erfolgender konsolidierter Berichterstattung befreit sind.

Die ergänzenden Transparenzpflichten beziehen sich darauf, wie und in welchem Umfang die Tätigkeiten des Unternehmens mit Wirtschaftstätigkeiten verbunden sind, die als ökologisch nachhaltig im Sinne der TaxonomieVO einzustufen sind. Nicht-Finanzunternehmen müssen insoweit bestimmte KPIs angeben: den Anteil der betreffenden Umsatzerlöse sowie den Anteil der entsprechenden Investitionsausgaben („CapEx“) und Betriebsausgaben („OpEx“). Dabei wird weiter unterschieden zwischen „taxonomiefähigen“ und „taxonomiekonformen“ Tätigkeiten.

Dies bedeutet für Unternehmen im Wesentlichen:

    • Nichtfinanzielle Berichterstattung im Einklang mit den Anforderungen des Art. 8 TaxonomieVO und den Konkretisierungen der Delegierten VO (EU) 2021/2178: seit 1. Januar 2022 (für das Berichtsjahr 2021) mit Blick auf die beiden Klimaziele der TaxonomieVO, ab 1. Januar 2023 (für das Berichtsjahr 2022 und folgende) mit Blick auf alle sechs Umweltziele
    • Angaben zu taxonomiefähigen bzw. taxonomiekonformen Anteilen an Umsatzerlösen, CapEx und OpEx
    • Bislang genügten Angaben zur Taxonomiefähigkeit, ab 2023 sind auch Angaben zur Taxonomiekonformität verpflichtend
    • Aufnahme der Angaben in die nichtfinanzielle Erklärung (im Lagebericht)
    • Relevant für große kapitalmarktorientierte Unternehmen

Diese Anforderungen sind insbesondere im Zusammenhang mit den bereits zuvor bzw. parallel in Kraft getretenen einschlägigen Transparenz- und Klassifizierungsanforderungen für Finanzdienstleister gemäß OffenlegungsVO und TaxonomieVO zu sehen. Die Finanzindustrie kann ihre Pflichten nur dann sinnvoll erfüllen, wenn entsprechende Informationen seitens der Realwirtschaft verfügbar sind.

  • Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD, Stand Juni 2022):

Die oben
geschilderten „nichtfinanziellen“ Berichtspflichten werden in absehbarer Zeit von neuen Pflichten zur „nachhaltigkeitsbezogenen Berichterstattung“ abgelöst. Dann werden deutlich mehr Unternehmen erfasst sein und die Inhalte der Berichterstattung werden detailliert vorgegeben. An entsprechenden Standards wird sowohl auf europäischer Ebene (EFRAG/ESRS) als auch international (IFRS/ISSB) gearbeitet.

Die neuen Anforderungen gelten gestaffelt für Berichtszeiträume ab 1. Januar 2024 (für bislang schon berichtspflichtige Unternehmen), ab 1. Januar 2025 (für große nicht-kapitalmarktorientierte Unternehmen) und ab 1. Januar 2026 (für bestimmte andere Unternehmen). Diesbezüglich empfiehlt es sich, rechtzeitig zu prüfen oder prüfen zu lassen, ob der Anwendungsbereich nach 2024 das eigene Unternehmen erfasst.

https://www.bakertilly.de/

Autor/Autorin

Oliver Köster, LL.M.

Oliver Köster, LL.M., is a lawyer and partner at Baker Tilly in Hamburg. An expert in cooperate and commercial law and M&A transaction, he focuses on providing advice for the automotive and life science industry.

Dr. Markus Lange

Dr. Markus Lange ist Rechtsanwalt und Partner bei Baker Tilly in Frankfurt. Als Experte für Bank- und Finanzrecht umfassen seine langjährigen Tätigkeitsschwerpunkte die Themen Finanzmarktregulierung, Nachhaltigkeit sowie Governance und Compliance.