Bildnachweis: DiaMonTech.

Aktien des deutschen Medizintechnik-Unternehmens DiaMon Tech befindet sich seit wenigen Tagen in der Zeichnung. Noch Ende November soll das Börsendebüt geglückt sein.

Angebot

Das Medizintechnikunternehmen DiaMonTech hat die Preisspanne für den geplanten Börsengang an der Frankfurter Wertpapierbörse auf 32 bis zu 38 EUR je Aktie festgelegt. Die Zeichnungsfrist läuft noch bis zum 26. November, 1430 Uhr.

Das Berliner Start-up plant im Rahmen des IPOs ein Emissionsvolumen von bis zu 68 Mio. EUR zu generieren. Das Angebot umfasst insgesamt bis zu rund 1,8 Mio. neue Aktien, bestehend aus zwei Komponenten: Einmal aus bis zu 1,56 Mio. neu auszugebenden Stammaktien aus einer Kapitalerhöhung – sowie aus bis zu 234.375 Stammaktien, im Rahmen einer möglichen Mehrzuteilung, die durch eine Greenshoe-Option ebenfalls aus jungen Aktien gestellt wird.

DiaMonTech AG und die Altaktionäre haben sich auf eine Sperrfrist von 12 Monaten geeinigt. Keiner der Aktionäre gibt Stücke zum IPO ab. Je nach festgelegter Preisspanne käme das Unternehmen auf eine Marktkapitalisierung zwischen rund 212 Mio. EUR und 252 Mio. EUR mit einem Streubesitz von max. 28%.

Der erste Handelstag im Prime Standard der Frankfurter Wertpapierbörse ist für den 29. November geplant. Die MainFirst Bank AG ist als Sole Global Coordinator und Sole Bookrunner mandatiert.

Erlösverwendung

Die Nettoerlöse aus dem Börsengang sollen in das geplante Wachstum investiert und insbesondere für die weitere Entwicklung des „D-Pocket, den Start der Serienproduktion sowie für das Marketing und den Vertrieb verwendet werden.

CEO Thorsten Lubinski

„Wir agieren in einem der attraktivsten Wachstumsmärkte mit aktuell mehr als 400 Millionen Diabetikern weltweit. Mit unserem portablen „D-Pocket“ können wir ihnen erstmals eine präzise nicht-invasive Blutzuckermessung ermöglichen und damit das Leben deutlich erleichtern“, betont Thorsten Lubinski, CEO von DiaMonTech.

Lubinski und drei Mitgründer halten derzeit mehr als die Hälfte der Anteile am Unternehmen. Der weitere Rest entfällt auf Private-Equity-Geber wie Jingdong Capital, Bioventures, IBB Beteiligungsgesellschaft und Media Ventures von Außenwerber Ströer.

Markt und Umfeld

Der Markt für Diabetes-Messgeräte ist riesig. Diabetes, speziell die eher neuzeitliche Wohlstands-Diabetes (Typ II), ist allerorten auf dem Vormarsch und längst eine Volkskrankheit. Den Blutzucker zu überwachen, ist für Betroffene Alltag – selbst (noch) nicht Betroffene täten gut daran, ihren Blutzucker dann und wann zu überprüfen, bevor die Schwelle zum Krankheitsausbruch überschritten wird. Auch hier gilt wie bei vielen Krankheiten: Vorbeugen ist noch immer günstiger als Symptome zu behandeln.

Die Innovation von DiaMon Tech beruht auf einem Laserverfahren, das einen Temperaturunterschied auf/unter der Haut misst. Dadurch kann der Blutzuckerspiegel genauso zuverlässig gemessen werden wie bei gängigen invasiven Methoden. Diese kennt jeder: Entweder piksen sich die Betroffenen zur Messung in den Finger und entnehmen so eine kleine Blutprobe, die per Teststreifen in einem kleinen Handgerät analysiert wird. Bei permanenten Verfahren wird ein Chip unter der Haut transplantiert, der die Daten an ein Gerät sendet.

Übersicht anhand Konkurrenz-Matrix (Quelle: MainFirst)

Es liegt nahe, dass jedes non-invasive Verfahren angenehmer sein dürfte. Zum anderen gibt es beim Laser-Gerät von DiaMon Tech keine Verschleißteile, d.h. keine Nadeln, Teststreifen oder der Bedarf an Pflastern – die allesamt bei herkömmlichen Geräten zu Buche schlagen. Das Handheld von DiaMon Tech ist zwar kostspielig in der Anschaffung, soll aber gar nicht angeschafft werden müssen von Patienten, sondern auf monatlicher Basis geleast. Auf diese Weise lassen sich die Kosten zudem mit denen der aktuell gängigen Verfahren vergleichen. Das D-Pocket soll bis Ende 2020 auf europäischen Märkten verfügbar sein – vorsichtshalber sei mal 2021 in den Raum gestellt.

Die Aufrollung des Marktes wird zweifellos kein Selbstläufer. Zu lange schon sind Nutzer an die ‚Piks-Geräte‘ gewöhnt. Marktführer ist Roche mit dem bekannten Accu Check. Diese elektrochemischen Verfahren sind aufgrund ihres Materialverbrauchs kein Schnäppchen: Regelmäßige Messer kommen auf ca. 1.000 EUR pro Jahr – das Gerät selbst indes erhält man meist kostenlos in der Apotheke. Für DiaMon Tech wird es v.a. darum gehen, den Marktführern Anteile abzujagen. Die Kosten sind vergleichbar hoch, wenn das D-Pocket für 99 EUR im Monat zu mieten sein wird. Das Implantat etwa von Senseonics ist deutlich kostspieliger und von Nichtinvasivität kann natürlich keine Rede sein – die Verbreitung ist deshalb auch recht überschaubar. Die Stoßrichtung ‚bessere Alternative‘ ist für das deutsche Unternehmen daher recht eindeutig.

M&A-Aktivitäten in letzter Zeit

Dass sich die implantierbaren Messgeräte in den nächsten zehn Jahren ‚flächendeckend durchsetzen‘, wie ein Fondsmanager von BB Adamant Medtech zitiert wird, kann man aus erwähnten zwei Gründen auch anders sehen. Dabei wird ferner außer Acht gelassen, dass DiaMon Tech innerhalb der nächsten fünf Jahre ebenfalls die kontinuierliche Messung mittels Gerät, das einer Smartwatch ähnelt, bieten möchte. Auch sollte klargestellt werden, dass nicht die große Masse auf eine kontinuierliche Messung angewiesen ist, sondern nur vergleichsweise wenige schwerer Erkrankte. Freilich kann eine durchgehende Messung wiederum auch nicht schaden – nur muss sie invasiv sein?

Ist es Zufall, dass Global Player Abbott just in den vergangenen Tagen eine TV-Kampagne zu seinem Blutzucker-Messgerät lancierte? Der Autor kann es nicht beschwören, erinnert sich allerdings nicht daran, jemals Werbung für derartige Messgeräte außerhalb von Apotheken gesehen zu haben – am wenigsten in einem Massenmedium wie TV.

Wohlstands-Effekt: Gerade die Schwellenländer holen am meisten auf – auch bei Diabetes

Ferner ist DiaMon Tech nicht als Einprodukt-Unternehmen zu verstehen. Die patentierte Laser-Technologie dürfte mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich weitere Diagnostik-Anwendungsmöglichkeiten nach sich ziehen. Bitte lesen Sie zum gesamten Part Markt, Umfeld und Technologie am besten das Interview mit Gründer und CEO Thorsten Lubinski, in dem viele Sachverhalte besser erläutert wurde als an dieser Stelle hier möglich.

Zahlen und Bewertung

Umsätze sind aktuell naturgemäß noch nicht zu finden beim Börsenaspiranten. Nennenswert dürften sie erst mit Markteinführung des D-Pocket 2021 werden. Je nach Marktdurchdringung dürften sie sich für einige Jahre verdoppeln. Vor 2023 rechnen die Beteiligten auch nicht mit dem Erreichen des Break Even – dazu müssen die kumulierten Anlaufinvestitionen all der Vorjahre aufgeholt werden.

DiaMon Tech – Zahlen und Bewertung
2018 2019e 2020e 2021e
Umsatz *) 0,8 0,9 1,0 30,0
Nettoergebnis *) -0,6 -15,0 -20,0 -12,0
EpS -0,09 -2,27 -3,02 -1,81
KGV min. neg. neg. neg. neg.
KGV max. neg. neg. neg. neg.
*) in Mio., sämtliche Angaben in Euro; Quelle: GoingPublic Research

Die Peergroup von DiaMon Tech besteht u.a. aus erwähnten Abbott und Senseonics, zudem Dexcom und Tandem. Gerade Dexcom könnte einigermaßen wichtig sein, haben sie doch ebenfalls ein minimalinvasives Gerät am Markt – allerdings nicht non-invasiv. Die Marktkapitalisierung liegt bei mehreren Milliarden, bei 1 Mrd. USD Umsatz und bereits 150 Mio. USD Minus auf EBITDA-Basis. Senseonics liegt von der Marktkapitalisierung ähnlich wie DMT, bei Umsätzen von zuletzt 18 Mio. USD wurde ein EBITDA-Minus in fast gleicher Höhe verzeichnet.

Fazit

Kurzum: Es kostet, etablierte Märkte aufzurollen. Auch DiaMon Tech wird die nächsten Jahre noch Verluste verzeichnen. Dann aber zeigt sich, wer sich mit welcher Blutzucker-Messmethode langfristig durchsetzen wird. DiaMon Tech ist sicherlich einer der interessantesten deutschen Börsenaspiranten der vergangenen Jahre – unnötig zu erwähnen, dass sich der Neuling nur für risikobewusste Investoren eignet.

Falko Bozicevic

Fotos: @DiaMon Tech, Grafiken MainFirst

DiaMon Tech – Angebotsübersicht

WKN A25 5G4
Zeichnungsfrist bis vsl. 26. Nov.
Erstnotiz 29. Nov.
Preis 32 bis 38 EUR
MarketCap 212 bis 252 Mio. EUR
Marktsegment Prime Standard Frankfurt
Emissionsprospekt ja
Emissionsvolumen 57,5 bis 68,3 Mio. EUR
Konsortialbanken MainFirst
Free Float max. 27%

 

Autor/Autorin

Falko Bozicevic ist Mitglied des Redaktionsteams des GoingPublic Magazins sowie verantwortlich für das Portal BondGuide (www.bondguide.de)