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Verbraucherinnen und Verbraucher legen zunehmend Wert auf Nachhaltigkeit und Umweltschutz. Vielleicht gerade deshalb bewerben viele Unternehmen ihre Produkte als umweltfreundlich und nachhaltig. Doch nicht überall, wo „nachhaltig“ draufsteht, ist auch „nachhaltig“ drin. Neue Vorschriften sollen den Spielraum für die Bewerbung von Produkten noch mehr einschränken.

So hat z.B. Apple erst kürzlich die „Umweltfreundlichkeit“ ihrer neuen Apple-Watch-Modelle bei einer großen Produktvorstellung in den Vordergrund gestellt. Diese seien die „allerersten CO2-neutralen Produkte“ auf dem Markt. Das grüne Versprechen des Konzerns wirkt aber mit Blick auf aktuelle gerichtliche Entscheidungen in Deutschland sowie der neuen europäischen Gesetzgebung allerdings eher wie ein grüner „Anstrich“ – denn tatsächlich ist es so, dass die Produktion und Herstellung der Geräte gerade nicht „CO2-neutral“ sind, sondern eine Kompensation des CO2-Ausstoßes stattfindet, indem Apple Investitionen in große Wind- und Solarparks tätigt und sogenannte CO2-Zertifikate kauft. Auch Coca-Cola, Nestlé und Danone stehen derzeit im Verdacht, Wasserflaschen fälschlicherweise als „zu 100% recycelt“ oder „100% recycelbar“ beworben zu haben. Tatsächlich erlaubt das EU-Recht die Herstellung von Flaschendeckeln aus recyceltem Material nicht und auch Flaschenetiketten werden selten daraus gefertigt.

In Zusammenhang mit nachhaltiger Werbung taucht immer häufiger der Begriff „Greenwashing“ auf. Dieser beschreibt eine Praxis, bei der Unternehmen ihre Produkte oder Dienstleistungen als umweltfreundlicher darstellen, als sie tatsächlich sind. Eine solche Vorgehensweise kann schnell als irreführende Werbung qualifiziert werden und wird teilweise bereits von Gerichten untersagt. Neue Gesetzgebungsinitiativen werden den Spielraum, der Unternehmen bei der Bewerbung ihrer Produkte zur Verfügung steht, deutlich einschränken.

Gerichte entscheiden über „Greenwashing“

Erst vor Kurzem haben Gerichte in Karlsruhe[1] und Düsseldorf[2] wegweisende Gerichtsentscheidungen bezüglich Greenwashing-Vorwürfen erlassen. In Karlsruhe klagte die Deutsche Umwelthilfe gegen die Drogeriemarktkette dm, da diese Produkte ihrer Eigenmarke als „klimaneutral“ und „umweltneutral“ beworben hatte. In den beiden Entscheidungen aus Düsseldorf ging es dagegen um Marmelade und Fruchtgummis, die jeweils als „klimaneutrales Produkt“ dargestellt wurden. In beiden Fällen entschieden die Gerichte, dass der Begriff „klimaneutral“ erklärungsbedürftig sei und jedenfalls dann eine Irreführung der Verbraucherinnen und Verbraucher vorliegen könne, wenn keine ausreichenden Informationen auf dem Produkt darüber enthalten sind, wie die Klima- und Umweltneutralität tatsächlich erreicht wurde. Die Verbraucherinnen und Verbraucher würden beim Begriff „klimaneutral“ in der Regel davon ausgehen, dass das Produkt selbst klimaneutral hergestellt wurde. Treffe dies aber tatsächlich nur aufgrund nachträglicher Kompensationsmaßnahmen zu, müsse das Unternehmen die Verbraucherinnen und Verbraucher entsprechend darüber aufklären.

Es ist zu erwarten, dass der Bundesgerichtshof diese Rechtsprechung bestätigt. Der BGH würde damit klare Vorgaben für die Anforderungen an Transparenz und Informationen bei Umweltversprechen in Zusammenhang mit Werbung machen.

Am Beispiel von Apple sowie Coca-Cola wird deutlich, dass Unternehmen sich ihrer mangelnden Transparenz in Bezug auf Umweltversprechen nicht bewusst sind. Solche intransparenten oder – wie im Fall von Coca-Cola vermutlich schlicht falschen – Werbeaussagen sind dann schnell als irreführend einzustufen.

Neue Gesetzgebung zum Verbraucherschutz

Auch auf europäischer Ebene ist dieses Thema längst angekommen. Neben einer Aktualisierung der Verbraucherschutzvorschriften im Rahmen des 2019 beschlossenen European Green Deal[3] hat die Europäische Kommission am 22. März 2023 eine neue Richtlinie zu Vermeidung von Greenwashing und Irreführung durch falsche umweltbezogene Werbeaussagen („Green Claims Directive“) vorgeschlagen[4]. Diese Gesetzgebungsinitiativen werden zu einer stärkeren Regulierung von grünen Werbeaussagen und Nachhaltigkeitssiegeln führen. Ziel ist es, mit Blick auf den ökologischen Wandel für Verbraucherinnen und Verbraucher Transparenz zu erreichen und die Gewissheit zu schaffen, dass die umweltfreundlich beworbenen Produkte es auch tatsächlich sind. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen ein umfassendes Bild von der Umweltbilanz des Produkts erhalten. Unternehmen werden in Zukunft ihre Umweltaussagen anhand wissenschaftlicher Erkenntnisse belegen und unabhängig prüfen lassen müssen. Die Beweislast dafür, dass es sich um keine unlautere Werbeaussage handelt, wird künftig bei dem werbenden Unternehmen liegen.

Insbesondere die Green Claims Directive enthält eine ganze Reihe weiterer Verschärfungen, welche Unternehmen zu deutlich transparenteren Aussagen zwingen sollen. So sollen Unternehmen beispielsweise zunächst eine Bewertung durchführen müssen, welche die Grundlage für etwaige umweltbezogenen Angaben darstellen soll. Es soll deutlich erkennbar sein, ob sich die Aussage auf das gesamte Produkt, einen Teil des Produkts oder spezifische Aspekte des Produkts bezieht. Zudem muss nachgewiesen werden, dass die hervorgehobenen Umweltaspekte bezogen auf den Lebenszyklus des Produkts tatsächlich von Bedeutung sind.

Beiden Initiativen ist aber gemein, dass Angaben zu umweltbezogenen Aussagen in Deutschland künftig als wesentliche Informationen im Sinne des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) zu werten sein werden, mit der Folge, dass Werbeaussagen konkret belegbar sein müssten. Verstößt ein Unternehmen hiergegen, könnte dies zu Schadensersatzansprüchen von Verbrauchern führen. Daneben sieht das UWG noch eine Reihe weiterer Sanktionen vor, etwa Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche und die Möglichkeit der Gewinnabschöpfung. Die Green Claims Directive geht sogar darüber hinaus und zielt darauf ab, es zu ermöglichen, dass Unternehmen bei Verstößen ein Bußgeld in Höhe von bis zu 4% des weltweiten Jahresumsatzes auferlegt bekommen.

Fazit

Greenwashing ist derzeit in aller Munde – und das wohl zu Recht. Verbraucherinnen und Verbraucher wollen ihren Konsum am Klimaschutz ausrichten. Das haben auch Unternehmen zur Kenntnis genommen. Diese bewerben ihre Produkte entsprechend, weil sie damit nicht nur ein positives Image erhalten, sondern im besten Fall auch den Umsatz ankurbeln möchten. Verbraucherinnen und Verbraucher vertrauen aber darauf, dass Unternehmen, die ihre Produkte als „umweltfreundlich“, „CO2-neutral“ oder „klimaneutral“ bewerben, dies auch in redlicher Art und Weise tun. Dass die Werbung nicht immer transparent ist, sondern sogar irreführend sein kann, haben kürzlich diverse Beispiele gezeigt. Deshalb hat sich der Gesetzgeber veranlasst gesehen, neue Regeln zu schaffen, die Greenwashing untersagen. Unternehmen werden daher strengere Anforderungen erfüllen müssen, um ihre Umweltversprechen zu rechtfertigen. Jedenfalls wird auch die Klageaktivität in diesem Bereich zunehmen, sodass immerhin auch eine gerichtliche Kontrolle stattfindet und das Vertrauen in nachhaltige Werbung nicht schwindet.


[1] LG Karlsruhe, Urt. v. 26.07.2023 – 13 O 46/22 KfH.

[2] OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.7.2023 – 20 U 72/22, und OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.7.2023 – 20 U 152/22.

[3] Dem liegt eine Richtlinie zur Änderung der Richtlinien 2005/29/EG und 2011/83/EU hinsichtlich der Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel durch besseren Schutz gegen unlautere Praktiken und bessere Informationen zugrunde (COM(2022) 143).

[4] Proposal for the Directive of the European Parliament and the council on substantiation and communication of explicit environmental claims (EUR 2023/0085 (COD)).

Autor/Autorin

Patrick Rode
Patrick Rode

Patrick Rode ist Senior Legal Counsel bei Deminor Litigation Funding, Spezialist für die Finanzierung von Rechtsstreitigkeiten.