Die Investorenansprache erfolgt dabei regelmäßig ein bis zwei Monate vor Beginn der Angebotsphase auf Grundlage einer Verschwiegenheitsvereinbarung und mit Bereitstellung des vorläufigen Prospekts. Cornerstone-Investoren geben vor Prospektbilligung eine verbindliche Investitionszusage gegenüber dem Emittenten ab, wodurch die Cornerstone-Investments auch in der Regel im Prospekt beschrieben werden müssen. Demgegenüber wird bei Anchor Investors lediglich eine mündliche Zusage getätigt und der Anchor Investor mit einer großen Order zu Beginn des Bookbuilding-Prozesses wie auch die anderen Investoren berücksichtigt.

Safe IPO


Beim sog. Safe IPO werden bereits vor Ankündigung des Börsengangs die Voraussetzungen für einen erfolgreichen Börsengang geschaffen. Bei dieser Transaktionsgestaltung können das Listing und die weitere Investorenansprache entkoppelt werden, wie beispielsweise bei den Börsengängen von Evonik oder Hella.

Streubesitzanforderung


Wichtig für das Safe IPO ist, dass bereits vor der Börsenzulassung im Rahmen von Privatplatzierungen ein ausreichender Streubesitz (Free Float) erreicht wird. Eine ausreichende Streuung im regulierten Markt wird angenommen, wenn entweder 25% des Grundkapitals dem Streubesitz zuzuordnen sind, oder aufgrund der großen Anzahl der Aktien und der breiten Streuung im Publikum ein ordnungsgemäßer Börsenhandel auch bei einer niedrigeren Streuung gewährleistet ist. Im Falle von größeren Emissionen sieht das Gesetz eine Ausnahme von der Mindeststreuung für den Fall vor, dass die ausreichende Streuung über die Einführung der Börse erreicht werden soll und die Geschäftsführung der Börse davon überzeugt ist, dass die ausreichende Streuung innerhalb einer kurzen Frist erreicht sein wird. In der Praxis kann die Streubesitzanforderung in Einzelfällen dadurch auf bis zu 10% reduziert werden. Für Zulassungen außerhalb des regulierten Marktes im Freiverkehr sind die Streubesitzanforderungen grds. geringer.

Praktische Erwägungen zur Strukturierung


Um eine ausreichende Investorenbasis für die Erfüllung des jeweiligen Streubesitzkriteriums sicherzustellen, sind verschiedene Strukturierungsvarianten möglich – abhängig vom jeweiligen Einzelfall. Eine die Zulassung ermöglichende Streuung der Aktien des Emittenten kann bereits im Rahmen von frühen Finanzierungsrunden oder im Rahmen einer Pre-IPO-Platzierung erreicht werden, bzw. bereits erreicht worden sein.

Sollte die bestehende Investorenbasis auf Grundlage früherer Investorenrunden nicht ausreichend sein, kann diese abhängig von dem jeweilig mit dem IPO verfolgten Ziel, d.h. ob und in welchem Maß der Emittent frisches Kapital im Rahmen einer zu platzierenden Kapitalerhöhung generieren oder bestehende Aktionäre ihre Aktien, oder Teile davon, platzieren möchten, unmittelbar vor dem IPO im Rahmen einer Privatplatzierung an institutionelle Investoren aufgebaut werden. Schließlich kann der notwendige Streubesitz durch die Verpflichtung von Cornerstone-Investoren im unmittelbaren Vorfeld des Börsengangs abgesichert werden. Durch die einzelnen oben beschriebenen Maßnahmen oder eine Kombination dieser kann unabhängig von dem Platzierungserfolg im Rahmen des Börsengangs und bereits vor dessen Ankündigung (Intention to float) die Börsenzulassung gesichert werden.

Matthias von Oppen ist Partner bei Ashurst LLP in Frankfurt. Er berät sowohl Konsortialbanken als auch Emittenten bei nationalen und internationalen Kapitalmarktransaktionen. Dr. Ian M. Maywald ist Senior Associate in Frankfurt. Sein Beratungsfokus ist ebenfalls auf Kapitalmarkt und Gesellschaftsrecht ausgerichtet.

Der Artikel erschien zuerst in der GoingPublic Specialausgabe „Kapitalmarktrecht 2018

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