Nach erfolgreichem Reverse IPO notiert die fox e-mobility AG seit Dienstag im Freiverkehr der Börse Düsseldorf. Das Unternehmen entwickelt, produziert und vermarktet Elektrofahrzeuge. Im Rahmen einer Kapitalerhöhung der Catinum AG gegen Sacheinlage im Volumen von 69,6 Mio. EUR gelingt der früheren Fox Automotive Switzerland AG der Sprung aufs Parkett. GoingPublic sprach mit Andreas Kratzer, FOX Automotive Switzerland

Herr Kratzer, in diesen Tagen startete fox e-mobility in den Börsenhandel – aber per sog. Reverse IPO, also Einbringung in einen schon börsennotierten AG-Mantel. Warum so und können Sie uns das kurz erläutern?
Die Börse ist für uns als weitere Kapitalquelle sehr wichtig für die Entwicklung des „MIA“ und des Unternehmens. Dabei ist der Weg, wie wir an die Börse gekommen sind, nicht entscheidend. Zudem ist ein klassisches IPO sehr aufwendig und zeitintensiv. Unsere Investoren unterstützen diesen Weg.

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Schon heute gibt es auch Elektro-getriebene PS-Boliden – die Technik ist verfügbar

Solch eine Notierungsaufnahme bringt ja zunächst mal keine Erlöse, lediglich den Zugang zum Kapitalmarkt. Wie sieht denn der Kapitalbedarf ungefähr aus, bevor wir zum Unternehmen und der Technologie selbst kommen?
Die Entwicklung eines Verbrennungsfahrzeugs kostet mindestens 1 Mrd. EUR; der Bau eines Elektrofahrzeugs kostet dagegen „nur“ 300 Mio. EUR. In die MIA wurde bereits eine beträchtliche Summe investiert. Die fehlenden 160 Mio. EUR wollen wir zur Hälfte mit EK und zur anderen Hälfte mit FK-Mitteln finanzieren. Eigenkapital werden wir über Kapitalmaßnahmen generieren. Hierfür sind Anfang nächsten Jahres eine Kapitalerhöhung und in der Mitte nächsten Jahres eventuell ein Uplisting in ein höheres Marktsegment in Vebindung mit einer weiteren Kapitalerhöhung geplant.

Wer sind die Macher hinter dem e-mobilen Flitzer MIA?
Hinter dem Projekt stecken zum einen der erfolgreiche Pharma-Unternehmer Jürgen Kohl und zum anderen Murat Günak. Murat Günak war bereits u.a. bei VW und Daimler aktiv und hatte die Vision des günstigen Elektroautos sehr früh, um nicht zu sagen: zu früh. Jetzt hat sich die gesamte Denkweise der Gesellschaft verändert. Zum einen, weil das Thema Nachhaltigkeit überall in den Fokus gerückt ist, und zum anderen, weil sich im Bereich der Batterien sehr viel getan hat. Der Preis pro Kilowatt ist in den letzten Jahren um rund 90 % gesunken! – und könnte noch weiter sinken.

Elektroautos müssen von der Basis auf neu gedacht werden

Es gibt da ja durchaus einige vergleichbare semi-private Ansätze, z.B. mit dem ego Kleinst-Elektrofahrzeug. Gibt es für den MIA genügend Manövrier-Spielraum, um nicht zwischen den Serienherstellern und anderen innovativen Bastlern zerrieben zu werden?
Besonders in Amerika werden zahlreiche Show-Cars präsentiert. Und das meine ich im wahrsten Sinne des Wortes: Es werden teilweise Modelle von Karosserien ohne Motor oder irgendetwas vorgestellt. Manche Prototypen sind da weiter, aber auch ein Prototyp bedeutet, dass es noch rund zwei Jahre bis zum Produktionsstart dauert. Die meisten Konkurrenten sind dementsprechend noch weit hinter einer MIA. Wir werden 2023 am Markt sein; auch VW und andere Großkonzerne werden den Markteintritt mit kleinen Elektroautos nicht vor 2025 schaffen. Hinzu kommt, dass unser Auto bereits eine Straßenzulassung in Europa hat. Diese muss zwar noch ergänzt werden, da es in den kommenden Jahren neue Vorschriften geben soll, wir streben aber an, diese neue Zulassung sofort zu erhalten. Zusätzlich planen wir den MIA zu einem extrem günstigen Preis von 16 Tsd. EUR auf den Markt zu bringen. So haben wir nicht nur einen Zeit-, sondern auch einen deutlichen Kostenvorsprung gegenüber Mitbewerbern.

Designer hinter dem Konzept ist ja Murat Günak. Der ist aber bekannt für seine Designs von Mercedes SLK und Maybach-Modellen – mit dem MIA electric war er vor zehn Jahren wohl etwas zu früh dran. Kann Murat Günak auch Kleinstautos und Elektrofahrzeuge?
Das Problem vor zehn Jahren war meiner Ansicht nach nicht die Idee an sich. Er hatte den richtigen Ansatz, aber mit ca. 300 Mitarbeitern zu hohe Kosten. So wurden im Monat rund 4 Mio. EUR Verlust geschrieben und so etwas ist einfach nicht aufzufangen. Meine Partner und ich haben das Projekt aus Frankreich erworben und nun ein adäquates Team zusammengestellt. Wir sind uns sicher, dass die MIA 2.0 – auch durch die allgemeine Zustimmung für E-Autos in der Politik und Gesellschaft – ein erfolgreiches Projekt wird. Mit u.a. der zentralen Sitzposition und dem Panoramablick des Fahrers hat Murat Günak seine Innovationsfähigkeiten bereits unter Beweis gestellt. Wir passen sein Konzept nun an die heutigen Anforderungen an ein Elektroauto an und überarbeiten Batterien, Antrieb, Assistenzsystemen, Multimedia-Anschlüsse und Design.

Wie planen Sie denn die Fertigung durchzuführen?
Wir werden die Fertigung outsourcen. Hierfür kommen verschiedene internationale Partner in Frage, mit denen wir uns in guten Gesprächen befinden. Die Produktion wird aber auf jeden Fall in Europa stattfinden.

Wie sieht es mit der Batterietechnik aus: Auf was greifen Sie zurück?
Den günstigen Preis von 16 Tsd. EUR können wir realisieren, indem wir auf bewährte Technologie von einem Großhersteller setzen. Das ist also nicht Marke Eigenbau, sondern wir greifen auf Lithium-Ionen-Batterien zurück, wie sie auch bei Samsung, LG und weiteren führenden Anbietern Standard sind. Unser Ziel ist dementsprechend nicht eine Technologieführerschaft à la Tesla, sondern wir wollen in dem neuen Segment der E-Autos, was in Europa noch nicht weit verbreitet ist, Kostenführer sein und damit den Massenmarkt für Elektroautos erschließen.

Andreas Kratzer

Herr Kratzer, ganz herzlichen Dank für Ihre überaus interessanten Einblicke – und seit Dienstag: Willkommen an der Börse!

Interview: Falko Bozicevic / Timothy Veigel

Fotos: @ Fox Automotive Switzerland AG, Herisau, Schweiz; Adobe Stock

Autor/Autorin

Falko Bozicevic ist Mitglied des Redaktionsteams des GoingPublic Magazins sowie verantwortlich für das Portal BondGuide (www.bondguide.de)