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SFC Energy hat mit seinen Wasserstoff- und Methanol-Brennstoffzellen für die stationäre und mobile Hybridstromversorgung den Sprung in die Gewinnzone geschafft. Nach dem Börsendebüt im Mai 2007 durchlief der Aktienkurs zunächst eine längere Durststrecke. Der aktuelle Börsenwert des seit Dezember 2022 im SDAX gelisteten Unternehmens liegt bei rund 300 Mio. EUR.

GoingPublic: Herr Dr. Podesser, auf Wasserstofftechnologien spezialisierte Firmen werden gerade an den Börsen deutlich abgestraft. Ist die Branche ein Opfer der hohen Erwartungen geworden, die sie mit ihren Ankündigungen an den Finanzmärkten geweckt hatte?

Dr. Podesser: Die ursprünglichen Einschätzungen zur Marktreife der Wasserstofftechnologien waren zweifellos zu optimistisch. Die reine Adoptionskurve für Kunden und Abnehmer in zwölf bis 24 Monaten zu beschreiten, wie vielfach suggeriert wurde, lässt sich in der Realität einfach nicht abbilden. Nach dem Ende des Wasserstoffhypes an den Börsen wurden wir als profitables Brennstoffzellenunternehmen mit geringer Abhängigkeit vom Wasserstoffbereich zu Unrecht stark in Sippenhaft genommen.

Der Aktienkurs kam zuletzt nicht in die Gänge. Wie wollen Sie sich vom Wett­bewerb differenzieren?

Durch unser Geschäftsmodell. Wir setzen nicht nur auf extrem aggressive Wachstumskurven. Für uns sind Umsatzwachstum zum einen und vernünftige Bruttomargen sowie der Ausbau der Profitabilität zum anderen immer zwei Seiten derselben Medaille. Wir haben seit 2020 den Umsatz von 50 Mio. auf 118 Mio. EUR hochgefahren und zugleich die EBITDA-Marge auf mittlerweile 13% ausgeweitet.

Der operative Cashflow war nach neun Monaten 2023 aber noch negativ.

Diese Entwicklung war vom anhaltend hohen Working Capital für unsere Investitionen getrieben. Wir verbrennen aber kein Kapital, sondern setzen dieses ein, um in einem Zukunftsmarkt ein nachhaltig profitables Geschäftsmodell aufzubauen. Unsere Eigenkapitalquote lag zuletzt bei rund 70%.

Als profitables Brennstoffzellenunternehmen wurden wir zu Unrecht stark in Sippenhaft ­genommen.

Sie werden an diesem Tage die ­detaillierten Geschäftszahlen für 2023 vorlegen. Nach den vorläufigen Zahlen hat SFC Energy ein Umsatzplus von mehr als 38% geschafft. Wie ging das?

Wir schafften über alle vier Geschäftsquartale verteilt ein starkes Umsatzwachstum. Zugleich ist der bereinigte operative Gewinn im vierten Quartal durch einen besseren Produktmix nochmals kräftig gestiegen. Besonders stark gewachsen ist die Nachfrage im Bereich der Energielösungen für industrielle Anwendungen, unter anderem für zivile Sicherheitstechnik, Datenübertragung, Digitalisierung und Energie sowie im Bereich der öffentlichen Sicherheit. Den Erfolg unserer internationalen ­Expansion zeigt zudem das dynamische Wachstum in Nordamerika, unserer umsatzstärksten Region, mit einem Anstieg von 43,5% im Vergleich zum Vorjahr.

Auf Konzernebene erwartet SFC Energy dieses Jahr ein organisches Wachstum von 20% bis 30% – ist das noch aktuell?

Ja, laut aktuellem Auftragsbestand und Projektpipeline. Wir haben zum 31. Dezember einen Rekordauftragsbestand von 81,4 Mio. EUR ausgewiesen. Darüber hinaus haben wir in den ersten Wochen des laufenden Jahres neue bedeutende Aufträge erhalten. Darunter ist ein Erstauftrag für das neu entwickelte EFOY ProShelter Hybridsystem zur Versorgung von kritischen Telekom­infrastrukturen. Zudem wollen wir in naher Zukunft einige Großprojekte zum Abschluss bringen, z.B. in der industriellen Notstromversorgung für die Datenübertragung und im Segment Leistungselektronik. Insgesamt erwarten wir für 2024 die stärksten Impulse aus Nordamerika und Asien. Das Wachstum wird dabei voraussichtlich deutlich stärker vom Segment Clean Energy getrieben.

SFC Energy (ISIN: DE0007568578)

Quelle: stock3.com

Bei der Margenprognose fällt der Ausblick indes noch verhalten aus. Warum?

Auf der Ergebnisseite erwarten wir beim bereinigten EBITDA einen deutlichen Anstieg auf 17,5 Mio. bis 22,4 Mio. EUR – und damit eine stabile bis leicht steigende EBITDA-Marge. Wir sind hier vorsichtig, weil einige Faktoren zu berücksichtigen sind, die sich auf anfallende Basis- und Strukturkosten beziehen. So stellen wir unseren Standort in Indien fertig. Darüber hinaus bringen wir zum Ende des laufenden Quartals den Vertriebs-, Service- und Logistikstandort in den USA an den Start. In Großbritannien haben wir über einen Asset Deal die Membrantechnologie von einem unserer Lieferanten übernommen. Kalkulieren wir dazu noch Verzögerungen ein, die bei der Umsetzung immer möglich sind, fühlen wir uns mit unserer Guidance sehr wohl.

Aus welchem Grund hat sich SFC Energy für Indien als ersten Standort für den Roll-out in Asien entschieden?

Wir sind in Indien vor acht Jahren erstmals in Erscheinung getreten. Damals hatten wir durch einen Auftrag des indischen Innenministeriums mit unseren stationären Brennstoffzellen die bisherigen Dieselgeneratoren bei der Energieversorgung im Bereich der Grenzsicherung und öffentlichen Sicherheit abgelöst. Wir ersetzen dabei mit Brennstoffzellen von bis zu 125 W Leistung, die 360 Liter Methanol benötigen, die mit 9.000 Litern Diesel laufenden Dieselgeneratoren. Das ist ein enormer logistischer und ökologischer Nutzen. In der Folge haben wir uns in Förderprogramme der Regierung Modi eingeklinkt, um auch in zivilen Bereichen Generatoren durch Brennstoffzellen zu ersetzen.

Wie kam SFC Energy als vergleichsweise kleiner ausländischer Anbieter zum Zug?

Weil wir mit unserer führenden Technologie die Make-in-India-Anforderungen erfüllen und mit unserem indischen Partner bis zu 60% lokale Wertschöpfung garantieren. Die Kerntechnologie kommt aus Deutschland, die Produktintegration findet vor Ort statt und unser lokaler Partner übernimmt die Services als Schnittstelle für die Kunden. In der Summe adressieren wir von Indien aus drei geografische Schwerpunkte: den lokalen Markt, weitere Teile Südasiens und als Lieferkettenplattform andere Teile Asiens und auch Europas.

SFC Energy hat in Großbritannien von Johnson Matthey die Komponenten­produktion von Membran-Elektroden-Einheiten für Direktmethanol-Brennstoffzellen zugekauft. Was müssen Firmen mitbringen, um als Kaufkandi­daten infrage zu kommen?

Sie müssen eines von zwei Kriterien erfüllen: Entweder verbessern sie unsere Chancen auf eine beschleunigte Marktpenetration als Systemintegratoren zuzüglich eigener Kundenbasis für Stromversorgung, etwa in Kanada oder in den USA, oder sie besitzen komplementäre Technologien, die uns hinsichtlich der Langlebigkeit und Leistungsfähigkeit unserer Produkte weiterbringen, wie es bei unserem jüngsten Deal in Großbritannien der Fall ist.

Spüren Sie seit dem Aufstieg in den SDAX ein gesteigertes Interesse von institutionellen Investoren?

Die Liquidität der Aktie ist seitdem gestiegen und unsere Visibilität bei institutionellen Investoren hat sich verbessert. Wir zentrieren unsere Equity Story darauf, dass wir ein Unternehmen mit einem gesunden Geschäftsmodell sind, das unabhängig von den Kapitalmarktzyklen in neue Technologien und in die Expansion in neue Märkte investieren kann. Inzwischen investieren verstärkt in Generalistenfonds, z.B. von Acatis und der DWS. Ebenso themengetriebene Nachhaltigkeitsfonds und Family Offices aus der Schweiz und Singapur, aber auch angloamerikanische Investoren, die noch unter den meldepflichtigen Schwellenwerten liegen.

Welche Mittelfristziele hat sich SFC gesetzt?

Unsere Mittelfristplanung vom November 2023 sieht vor, dass wir 400 Mio. bis 500 Mio. EUR Umsatz im Jahr 2028 erreichen. Dabei streben wir eine nachhaltige bereinigte EBITDA-Marge von mehr als 15% schon vor 2028 an. Das Ganze wird getragen durch das organische Wachstum mit derselben Geschwindigkeit über die drei Kernregionen Nordamerika, Asien und ­Europa. Basis dafür ist unsere Drei-Säulen-Wachstumsstrategie. Neben der weiteren Marktdurchdringung und internationalen Expansion umfasst sie die technologische Expansion und IP-Entwicklung und als dritten Punkt Wachstum durch Akquisitionen.

Was bedeutet das für die strategische Ausrichtung?

Der Kern des Unternehmens ändert sich nicht fundamental. Wir werden aber die internationale Präsenz verstärken und über die bessere Funktionalität unserer Produkte den Abstand zum Wettbewerb vergrößern. Wenn wir das in der Summe schaffen, wird sich die Wertschöpfung weiter vergrößern – und davon werden auch unsere Aktionärinnen und Aktionäre profitieren. Das Gute daran ist: Wir können all das aus eigener Kraft finanzieren und zugleich eine aktive Rolle bei der Konsolidierung unserer Branche spielen. Ich bin davon überzeugt, dass die Landschaft für stationäre Energieversorgung in drei Jahren anders aussehen wird.

Das Interview führte Stefan Riedel.


Zum Interviewpartner

Dr. Peter Podesser ist seit 2006 Vorstands­vor­sitzender der SFC Energy AG. Im Unter­nehmen verantwortet er das Geschäftsfeld Clean Energy sowie die funktionalen Bereiche Strategie, HR, PR, Sales & Marketing, R&D, Investor Relations and ESG sowie Purchasing.

Autor/Autorin

Stefan Riedel
Freier Redakteur at Büro für Kommunikation

Stefan Riedel ist freier Autor bei GoingPublic Media und selbständiger Redakteur mit Schwerpunkt Finanzen und Wirtschaft.