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SPACs erfreuen sich einer rasch wachsenden Beliebtheit. Immer häufiger wollen Unternehmen via SPAC an die Börse. ­Nachdem in den USA SPACs längst florieren, kommen jetzt auch in Europa und Deutschland SPACs an die Börse. Doch wie lässt sich ein Börsengang via SPAC bewerkstelligen?

SPAC steht für Special Purpose Acquisition Company und beschreibt einen Hybrid aus Börsengang, Private Equity, Merger & Acquisitions und Finanzierung. Die sogenannten Sponsoren gründen eine SPAC als Investitionsvehikel, das – ohne selbst operatives Geschäft zu ­betreiben – bei einem Börsengang Kapital von Anlegern einsammelt, um später ein erfolgversprechendes Unternehmen zu ­erwerben. Da es sich bei der SPAC zum Zeitpunkt des Börsengangs noch um eine leere Hülle handelt, sind die Offenlegungspflichten im Rahmen der Prospekt-Disclosure – bei einem traditionellen IPO ein maßgebender Zeitfaktor – i.d.R. innerhalb einer kurzen Zeit zu erfüllen. Die bei dem Börsengang erzielten Erlöse werden dann auf ein Treuhandkonto eingezahlt, während die Sponsoren nach einem Unternehmen suchen, das sie innerhalb von 12 bis 24 ­Monaten erwerben möchten.

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Das De-SPACing

Den Prozess, durch den aus dem leeren Börsenmantel ein börsennotiertes Unternehmen mit operativem Geschäft wird, nennt man De-SPACing. Sobald ein Zielunternehmen für die Übernahme identifiziert wurde, beginnt der De-SPACing-Prozess mit der Unterzeichnung einer Absichts­erklärung, die typischerweise auch Exklusivitätsvereinbarungen enthält. Parallel zur Due-Diligence-Prüfung und den Vorbereitungen auf den Börsengang wird ein Business Combination Agreement (BCA) nebst Nebenvereinbarungen ausgehandelt. Nach dem Signing des BCA wird die Transaktion bei den SPAC-Aktionären und neuen Investoren vermarktet, oft in Kombination mit einer PIPE-Finanzierung vor dem Signing und einer Marktsondierung. Die Anleger der SPAC müssen der geplanten Transaktion zustimmen und können sich immer noch entscheiden, ob sie ­abspringen oder, gegen Einzahlung des Kapitals, das bestehende Optionsrecht ausüben.

Aus Sicht des Zielunternehmens ist die Übernahme durch eine SPAC zunächst eine M&A-Transaktion, die gegenüber ­einem traditionellen Börsengang durch die Möglichkeit, das BCA zu verhandeln, größere Vorhersehbarkeit des Erlöses und der Bedingungen ermöglicht. Durch einen Merger mit der börsennotierten SPAC wird erreicht, dass am Ende des ­Prozesses das Zielunternehmen an der Börse gelistet ist und sowohl die Altgesellschafter als auch die SPAC-Anleger gelis­tete Aktien halten.

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Der Hype wird dadurch befeuert, dass der heiß gelaufene US-Kapitalmarkt es den aktiven Sponsoren ermöglicht hat, ­erstaunlich hohe Anlegerzusagen einzusammeln, und umworbene Börsenkan­didaten den Wettbewerb der SPACs um Zielunternehmen nutzen konnten, um sich zu hohen Bewertungen von SPACs übernehmen zu lassen, und so den Weg an die Börse gefunden haben.

Aktualität und Attraktivität der SPACs in Europa

Nach unserer Wahrnehmung prüfen einerseits Börsenkandidaten inzwischen regelmäßig die Möglichkeit, über eine De-SPAC-Transaktion an die Börse zu kommen. ­Andererseits sieht man vermehrt euro­päische SPACs, die europäische Ziele ­anvisieren. Gleichwohl erscheint die
US-Variante für europäische Zielunter­nehmen v.a. aus zwei Gründen attraktiv: (1) Der US-Kapitalmarkt bietet größere Volumina und höhere Bewertungen;
(2) der eigentliche Börsengang und das gesamte Handling wird von erfahrenen US-Investoren und ihren Beratern organisiert. Dadurch gestaltet sich der Prozess für das Zielunternehmen mehr als M&A-Transaktion und weniger als Börsengang. Zudem wird das Marketing von den Sponsoren übernommen. Man darf allerdings nicht gänzlich ausblenden, dass die ­Sponsoren regelmäßig mit 20% des ­eingesammelten Kapitals beteiligt werden und es zu hohen versteckten Kosten ­kommen kann.

Konkrete Gestaltungsmöglichkeiten

Trotz aller Vorteile, die eine De-SPAC-Transaktion bietet, ist die strukturelle Umsetzung für ein deutsches operatives Unternehmen nicht ganz trivial, insbesondere wenn Produktion und Management auch nach der Transaktion in Deutschland verbleiben sollen. Hier geht es darum, eine Struktur zu schaffen, die mit den Anforderungen des US-Kapitalmarkts kompatibel ist.

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Im ersten Schritt gründet das Zielunternehmen eine – meist niederländische – Tochter, die spätere TopCo. Der Grund: Niederländische Aktien können im Gegensatz zu deutschen direkt an einer US-Börse gehandelt werden. Die TopCo wiederum gründet eine Tochtergesellschaft, die sogenannte MergerSub, in der Jurisdiktion der SPAC. Oft wird für eine Transaktion mit europäischem Bezug eine Cayman-SPAC verwendet. Diese Tochtergesellschaft wird auf die SPAC mit Sitz auf den Cayman Islands verschmolzen. Dafür erhalten die Gesellschafter der Cayman-SPAC Anteile an der TopCo. Sodann übernimmt die TopCo die Börsennotierung der SPAC. Danach legen die Gesellschafter des Zielunternehmens sämtliche Anteile an dem Zielunternehmen gegen die Ausgabe neuer Anteile an der TopCo in die TopCo ein (womit sich die TopCo in eine niederländische NV wandelt). Im Ergebnis ist das Zielunternehmen als Tochterunternehmen der niederländischen NV an einer
US-Börse notiert.

Aus Sicht des Zielunternehmens und seiner Gesellschafter setzt eine De-SPAC-Transaktion also die Fähigkeit voraus, eine solche multinationale Struktur zu ­planen, umzusetzen und in der Praxis ­aufrechtzuerhalten. Nur mit guter ­Planung, viel Disziplin und den richtigen Begleitern für Kapitalmarkt, Recht und Steuern ist das möglich. Dies alles sollte bei der Abwägung, welcher Weg an den Kapitalmarkt der richtige ist, einbezogen werden.

Über die Autoren:
Dr. Philipp Grenzebach und Simon Weiß sind jeweils Partner der Kanzlei McDermott Will & Emery Rechtsanwälte Steuer­berater LLP und beraten in allen Aspekten des Aktienrechts.

Autor/Autorin

Dr. Philipp Grenzebach

Dr. Philipp Grenzebach ist Rechtsanwalt in der Kanzlei McDermott, Will & Emery. Er berät Investoren und strategische Anleger in allen Aspekten des Gesellschaftsrechts sowie bei Unternehmens- und Immobilientransaktionen.

Simon Weiß