Bildnachweis: AdobeStock_oz.

Es ist generell keine einfache Aufgabe, ­vorherzusagen, wann und ob ein ­Unternehmen an die Börse geht. Es bedarf der Informationen „aus gut informierten ­Kreisen“ oder des direkten Zugangs zum Management. Aber auch dann macht „der Markt“ noch einiges an Börsenplänen ­zunichte.

In der untenstehenden Watchlist haben wir etwas „aufgeräumt“ und von 57 auf 30 Kandidaten reduziert. Ebenfalls ­geben wir in der letzten Spalte die ­„Listing-Wahrscheinlichkeit (siehe auch Legende) an mit einmal „+“ (Börsenpläne vorhanden, aber noch unklar) bis „+++++“ (Börsengang könnte in den kommenden 12 Monaten erfolgen). Im Folgenden drei Tipps unserer Redaktion, sowie weiteres „Listing-Geflüster“.:

Tipp 1: Flix

Flix scheint wohl nah dran und tief im IPO-Prozess. Der Mobilitätsanbieter ist im vergangenen Jahr 2023 stark ­gewachsen. Der Umsatz legte um 30% auf 2 Mrd. EUR zu, das EBITDA stieg auf rund 100 Mio. EUR, was einer EBITDA-Marge von rund 5% entspricht. 81 Mio. Fahrgäste nutzten die Busse und Züge des Unternehmens im Jahr 2023, 34% mehr als ein Jahr zuvor. Flix ist in 43 Ländern aktiv und steuert eigenen Angaben nach global 5.600 Ziele an. Wichtig: Flix sieht sich als Technologie-Plattform, und schätzt das ­eigene Netzwerk inzwischen als größer ein als das der größten Airlines der Welt. Allein die gute Zahlenbasis des zurück­liegenden Jahres sollte nun Basis für einen schnellen Börsengang 2024 sein. Gerade die Bilanzdaten waren in den vergangenen Jahren nicht wirklich IPO-tauglich, wie man aus dem Umfeld des Unternehmens hörte. Gründer und CEO André Schwämmlein präsentierte das gute 2023er Zahlen vor wenigen Wochen persönlich während einer Live-Schalte. Als Bewertung post-money (nach IPO) sind wohl 3,5 bis 4 Mrd. EUR im Gespräch.

Kurz & knapp

++++ Das Energie-Start-up 1Komma5 bleibt weiter Kandidat für einen Börsengang 2024 oder 2025 ++++ Von Problemen beim deutsch-finnischen Quantencomputer-Start-up IQM berichtete das Manager Magazin im Februar. Nachdem ein IPO sowieso erst für 2026 und danach realistisch schien, für GoingPublic erst einmal kein Kandidat mehr ++++ Die Leica Camera Group konnte den Umsatz im abgelaufenen Geschäftsjahr 2022/2023 (1. April 2022 bis 31. März 2023) um rund 10% auf 485 Mio. EUR steigern und ein neues Rekordergebnis erzielen. Die offensive Veröffentlichung der Geschäftszahlen könnte ein weiteres Indiz sein für eine baldige Rückkehr an den Kapitalmarkt. ++++ N26-Chef Valentin Stalf hat sich im Januar gegenüber REUTERS ausführlich geäußert und hält einen Börsengang frühestens in drei bis fünf Jahren für realistisch. N26 sollte nach einer 900 Mio. USD Finanzierung 2022 (Bewertung 9 Mrd. USD) noch gut finanziert sein. 2023 soll noch ein Verlust von über 100 Mio. EUR angefallen sein, im Laufe des Jahres 2024 wolle man auf Monatsbasis profitabel arbeiten ++++ Ruhig geworden ist es um Parship, das IPO sollte eigentlich schon 2022 erfolgen; damals sollen Morgan Stanley und BNP Paribas mandatiert gewesen sein. Wir nehmen Parship vorerst von der Watchlist ++++ Wahrscheinlicher ist dagegen ein Börsengang der zum Axel-Springer-Konzern gehörenden Stepstone. Nach Überschrei­ten der Umsatzmilliarde 2022 ist für 2023 von einem Rekordergebnis die Rede. Wir gehen eher von einem IPO 2025 aus. ++++ Wie einige Medien berichtet, prüfen die Finanzinvestoren Bain Capital und ­Cinven beim Arzneimittelkonzern ­STADA die Rückkehr an die Börse ++++ Beim Heizungs- und Wasserableser ­Techem scheint ein Dual-Track-Verfahren (Trade Sale versus IPO) im Gange – mit noch nicht sicherem Ausgang. Der Unternehmenswert soll bei 5 bis 6 Mrd. EUR liegen. ++++ GoingPublic Redaktion, Stand 22.3.24

Tipp 2: Pentixapharm

Ein heißer Flirt mit einem Börsengang für 2024 sollte die Pentixapharm AG (PTX) aus Würzburg sein, eine Abspaltung der im SDAX notierten Eckert & ­Ziegler AG ­(aktuelle Market Cap ca. 800 Mio. EUR). Die Abspaltung hatte Eckert & Ziegler via Ad-Hoc-Mitteilung im Oktober 2023 gemeldet. Man munkelt, dass ein ­Listing oder IPO schon im Sommer 2024 erfolgen könnte. Pentixapharm entwickelt Anwendungen in der Krebstherapie, der industriellen ­Radiometrie und der nuklear­medizinischen Diagnostik. Die Radiopharmabranche gilt als einer der großen Zukunftssektoren. Hier ist auch die ­bereits etabliertere ITM Isotope Technologies ­Munich SE (ITM) ­tätig, die 2023 mit 255 Mio. EUR eine der größten privaten Finanzierungsrunden in der europäischen Biotechnologie vermeldet hatte. Ziel der ­Firma aus Garching bei München ist es, die radiopharmazeu­tische Pipeline voranzutreiben und die Produktionskapazitäten für Radioisotope zu erweitern. Auch die Athos KG der ­Brüder Strüngmann ist hier mit beteiligt.

*) Listing-Wahrscheinlichkeit in den nächsten 12 Monaten: +++++ sehr wahrscheinlich; ++++ wahrscheinlich; +++ Transaktion & Zeitplan noch unbestimmt;
++ Hohe Wahrscheinlichkeit für späteren Zeitpunkt; + Börsenpläne unbestimmt

Tipp 3: Bentley Endovascular Group

Auf jeden Fall zu rechnen ist 2024 mit dem Börsengang der relativ ­jungen Bentley ­Endovascular Group AB, auch wenn die Nachrichtenlage seit ­Jahreswechsel etwas ruhiger geworden ist. ­Deren Kernasset ist die Bentley ­InnoMed GmbH aus dem Baden-Württember­gischen Hechingen, die Implantate und Katheter für die Behandlung von Gefäß­erkrankungen entwickelt, herstellt und vertreibt. Bentley InnoMed ist der euro­päische Marktführer für ummantelte Stents. In den letzten fünf Jahren konnte Bentley seinen Umsatz um mehr als 20% pro Jahr steigern und gleichzeitig eine hohe Rentabilität erzielen. Bentley CEO Sebas­tian Büchert gab ­GoingPublic im vergangenen November ein ausführ­liches Interview (siehe GoingPublic 4/23, Seiten 18–20).

Sebastian Büchert, CEO, Bentley Endovascular Group AB

Gegenüber GoingPublic wurden der 2022er Umsatz mit 69 Mio. EUR und das EBITDA mit 24 Mio. EUR ­angegeben. Favorit als Börsenplatz soll die Nasdaq Nordiq in Stockholm sein. Zur Nähe zu Nordodeuropa muss man wissen, dass Hauptaktionär weiterhin der Schwede Lars Sunnaväder, 83, ist. Er hatte in ­seiner zweiten Heimat in Baden-Würrtemberg als Serial Entrepreneur in den vergan­genen Jahrzehnten neben Bentley eine Reihe von Unternehmen aus dem Bereich der Medizintechnik gegründet. In der Pre-IPO-­Phase waren beim Börsen­kandidaten ­Bentley Endo­vascular Group erst im ­vergangenen Jahr mit Keensight Capital, der A.P. Møller Holding und Bonit Capital drei renommierte Investoren ­eingestiegen. Ganz ­offizielll hatte die Transaktions­beratung Carlsquare hier beim „Pre-IPO“ mit­gewirkt. Zur Bentley Endovascular Group gehört neben ­Bentley Innomed auch noch die Qmedics AG, ein spezialisierter Hersteller von Dilatationsballons und gleichzeitig Schlüssellieferant für Bentley InnoMed.

Autor/Autorin