Die vielschichtigen Aufgabenstellungen eines Investor-Relations-Managers verlangen nach Multi-Talenten. Es dürfte kaum ein Aufgabengebiet innerhalb eines Unternehmens geben, das so facetten- und abwechslungsreich ist wie das des sog. IRO. Ein moderner IR-Manager hat nicht nur ein guter Beziehungs-Manager und Kenner seines Unternehmens, seiner Geschäftsstrategie und -zahlen zu sein, sondern auch über vertieftes Kapitalmarktwissen, Bond- und Rating-Kenntnisse sowie juristisches Know-how zu verfügen. Dazu kommen Disziplinen wie ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit und der geübte Umfang mit neuen Dialogformen wie Social Media, Marketing-Erfahrung, Formulierungsstärken und eine leidenschaftliche Kundenorientierung.

Darüber hinaus entwickeln sich moderne IR-Manager künftig noch stärker zu Kapitalmarktspezialisten und vor allem zu strategischen Beratern des eigenen Managements – in der Regel CFO und CEO. Ihr umfassendes Kapitalmarktwissen – Eigen- und Fremdkapital und deren Produkte  – sowie die Widerspiegelung der Investoren- oder Analystenmeinungen nach innen machen den IRler zu einem wichtigen Berater. Für sein Unternehmen ist er das „Ohr am Kapitalmarkt“. Er kennt Markttrends, erlebt Änderung im Investorenverhalten und ist in der Lage, seine Investorenbasis durch gezielte Zielgruppendefinition und -planung (Targeting) zu erweitern und zu optimieren. Zudem weiß er, wer die „richtigen“ Investoren für das eigene Unternehmen sind und dass es speziell um die Pflege dieser Geldgeber gilt. Seine Investoren besser zu kennen als Investmentbanker, hat das Ziel jeder IR-Arbeit zu sein.

Im Rahmen ihrer Betreuung von Sell-Side-Analysten und vor allem von Investoren erhalten IR-Manager Rückkopplungen, wie getätigte oder geplante Unternehmensentscheidungen aufgenommen und bewertet werden. Da Investoren – im Unterschied zu den Analysten bei den Banken – ihre Meinungen und Einschätzungen nicht publizieren, ist ein intensives Beziehungsmanagement zu den Investoren unabdingbar. Hierzu reicht es nicht, die wichtigsten Investoren ein- oder zweimal jährlich im Rahmen einer Roadshow für 60 Minuten mit aktuellen Informationen zu versorgen, sondern es sind ausgeprägte Gespräche außerhalb der eng terminierten Roadshows nötig.

Horst Bertram
Horst Bertram, IR-Manager Baader Bank/ Vorstandsmitglied DIRK

Die für das eigene Unternehmen richtigen und wichtigen Investoren zu kennen, ist nicht nur für bereits börsennotierte Gesellschaften notwendig. Auch Firmen, die ein IPO oder ein Spin-off planen, sollten bereits lange vor der Durchführung Kontakt zu den möglichen und anvisierten Investoren aufnehmen. Frühzeitiges Beziehungsmanagement hilft, Überraschungen zu vermeiden und das bereits gewonnene Vertrauen auf Seiten der potenziellen Geldgeber ermöglicht eine wesentlich stärkere Sicherheit bei der Durchführung des Börsengangs.

Das gewonnene Wissen über die Einschätzungen der wichtigen Geldgeber liefert der IR-Spezialist in Form sogenannter „Outside-in“-Betrachtungen an CFO und CEO – eventuell auch an den Aufsichtsrat. Dieses Wissen hilft bei der Einschätzung, wie künftige Aktivitäten von den Geldgebern goutiert werden. Aufgrund der zunehmenden Nutzung der Kapitalmärkte bei der Beschaffung von Fremdkapital, hat diese Aufgabe deutlich an Bedeutung gewonnen. Begriffe wie optimale Liquiditäts- und Kapitalstruktur, Entwicklung der Finanzierungskosten etc., bereichern nicht nur das Wissensvokabular des IRlers, sondern sind integrale Bestandteile der Unternehmensentwicklung und -bewertung und somit des Aktienkurses.

Die Erweiterung des bisherigen Beziehungsmanagements um die Rolle des ausgeprägten Kapitalmarktprofis, der auch in der Lage sein muss, komplexe Hybrid-Instrumente aktiv zu vermarkten, und strategischen Beraters des Vorstands verändert und stärkt das Berufsbild des Investor-Relations-Managers deutlich. Vor allem gilt es, noch stärker als bisher in komplexen unternehmensstrategischen – inklusive ihrer Auswirkungen auf die Kapitalmärkte und damit der Kapitalkosten – Kategorien zu denken und zu handeln.

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