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Die Bedeutung des geistigen Eigentums (Intellectual Property; IP) des Zielunternehmens nimmt bei M&A-Transaktionen kontinuierlich zu. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass sich die Aktivitäten im Markt zunehmend in IP-lastige Bereiche wie Techunternehmen verlagert haben und auch bei der Bewertung traditionellerer Unternehmen das IP häufig eine wesentlichere Rolle einnimmt als Sachwerte.
Der Markt für Transaktionsversicherungen hat auf diese Veränderungen reagiert und bietet zur Abdeckung von IP-Risiken verschiedene Versicherungslösungen an. Bei IP-bezogenen Transaktionen bieten M&A-Versicherungen neben der klassischen W&I-Versicherung zur Absicherung unbekannter Risiken zunehmend auch den Abschluss einer Contingent-Risk-Versicherung zur Absicherung bestimmter bekannter IP-Risiken an. Voraussetzung ist allerdings jeweils eine für den M&A-Versicherer zufriedenstellende IP Due Diligence des IP-Portfolios des Zielunternehmens.
IP Due Diligence
Um eine möglichst günstige Deckungsposition unter der W&I-Police für die im Kaufvertrag vom Verkäufer abgegebenen IP-Garantien zu erhalten, ist es unerlässlich, dass der Käufer eine gründliche IP Due Diligence durchführt. Bei Transaktionen mit umfangreichem IP-Bezug sollte sich die Due Diligence des Käufers insbesondere auf die folgenden Bereiche konzentrieren:
Inhaberschaft an den IP-Rechten
Ein besonderer Schwerpunkt der IP Due Diligence muss selbstverständlich auf der Überprüfung der Inhaberschaft der im Zielunternehmen vorhandenen IP-Rechte liegen. Dies umfasst in erster Linie die Überprüfung (i) aller registrierter IP-Rechte wie Patente, Marken, Gebrauchs- und Geschmacksmuster und (ii) nicht-registrierter IP-Rechte wie Urheberrechte, Know-how, Geschäftsgeheimnisse usw. Die vom Verkäufer im Datenraum offengelegten Informationen zu den registrierten IP-Rechten – häufig werden hier lediglich Listen offengelegt – dürfen vom Käufer nicht ungeprüft übernommen werden. Hier empfiehlt sich ein zusätzlicher Abgleich mit öffentlichen Registern und verfügbaren IP-Datenbanken, etwa dem DPMAregister des Deutschen Patent- und Markenamts. Darüber hinaus hat der Käufer auch zu überprüfen, ob die IP-Rechte des Verkäufers mit Rechten Dritter belastet sind. Die Prüfung nicht-registrierter IP-Rechte bezieht sich in erster Linie auf die zugrunde liegenden vertraglichen Regelungen, mittels derer die Rechte z.B. an Urheberrechten geregelt werden.
Arbeitnehmererfindungen (Employee Inventions)
Werden im Zielunternehmen IP-Rechte geschaffen, so geschieht dies in der Regel entweder durch Arbeitnehmer des Zielunternehmens oder durch beauftragte Dritte (z.B. Freelancer). Erfahrungsgemäß enthalten die zugrunde liegenden Verträge häufig nur unzureichende Regelungen zur Übertragung auf das Zielunternehmen und sollten daher im Zuge der IP Due Diligence besonders überprüft werden, soweit nicht gesetzliche Regelungen als Auffangregelung dienen (z.B. in Bezug auf Programmierleistungen für Software). Bei älteren Arbeitnehmererfindungen ist insbesondere die wirksame Inanspruchnahme durch das Zielunternehmen zu prüfen. Sofern die IP Due Diligence unwirksame Übertragungsbestimmungen aufdeckt, sollten die Parteien bereits während des Transaktionsprozesses versuchen, solche Risiken durch den nachträglichen Abschluss wirksamer Übertragungsverträge zu beseitigen.
IP-Rechtsstreitigkeiten und -Verletzungen
Im Rahmen der IP Due Diligence sind Informationen über anhängige und drohende IP-Rechtsstreitigkeiten einzuholen. Dabei ist es wichtig, auch vorausschauend nach möglichen Verletzungen von IP-Rechten des Zielunternehmens durch Dritte und Verletzungen von IP-Rechten Dritter durch das Zielunternehmen zu fragen, auch wenn nur vage oder keine Hinweise auf solche bestehen und diese nicht konkret drohen. Da die IP-Garantien, die sich auf etwaige Verletzungen von IP-Rechten beziehen, im Rahmen des Underwriting-Prozesses regelmäßig nur eingeschränkt von der Deckung erfasst werden und zumindest Kenntnisqualifikationen unterliegen, ist eine umfangreiche IP Due Diligence – einschließlich der Prüfung einschlägiger internationaler Register – von grundlegender Bedeutung, um zu einer zufriedenstellenden Absicherung des Risikos zu gelangen.
Lizenzverträge
Lizenzverträge sollten im Zusammenhang mit den benötigten IP-Rechten des Zielunternehmens im Rahmen der IP Due Diligence auf ihre Wirksamkeit auch nach dem Erwerb und im Hinblick auf etwaige Kündigungsmöglichkeiten (insbesondere auf Change-of-Control-Klauseln) hin überprüft werden. Denn selbst wenn der Fortbestand der entsprechenden Rechte auch nach Vollzug der Transaktion regelmäßig nicht Gegenstand der zu versichernden Garantien ist, erhöht sich durch eine überraschende Kündigung eines wesentlichen Lizenzvertrags die tatsächliche Wahrscheinlichkeit einer Inanspruchnahme der Versicherung in erheblichem Maße, sodass eine entsprechende Due Diligence auch in Hinblick auf das Underwriting essenziell ist. In diesem Zusammenhang sollte die Überprüfung von vertraglich eingeräumten Nutzungsrechten nicht vergessen werden.
Contingent-Risk-Versicherung bei bekannten IP-Risiken
In der Due Diligence identifizierte IP-Risiken werden als bekannte Risiken behandelt und unterliegen daher nicht der Deckung unter einer W&I-Versicherung, haben aber zugleich das Potenzial, sich zu einem Dealbreaker zu entwickeln. Um die Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien nicht zu belasten, kann in diesem Fall eine Contingent-Risk-Versicherung eine Lösung sein, die es den Vertragsparteien ermöglicht, die Transaktion in einer für alle Parteien zufriedenstellenden Weise abzuschließen. Contingent-Risk-Versicherungen, die sich im deutschen M&A-Markt zunehmender Popularität erfreuen, decken bekannte Risiken ab. Dies unterscheidet sie insbesondere von der klassischen W&I-Versicherung, welche Deckung für unbekannte Risiken bietet und identifizierte rechtliche Risiken ausschließt. Eine spezifische Contingent-Risk-Versicherung kann daher grundsätzlich zusätzlich zur W&I-Versicherung oder als eigenständiges Produkt eine Deckung für ein bekanntes IP-Risiko bieten. Allerdings sind derartige Versicherungen bisher vor allem für Steuern, Umweltfragen oder als Litigation Buy-out verbreitet. Auch im IP-Bereich gibt es inzwischen jedoch erste Angebote für die Deckung bekannter Risiken. Neben dem IP-bezogenen Litigation Buy-out finden sich Spezialpolicen z.B. für den Fall, dass die Wirksamkeit der Übertragung von Arbeitnehmererfindungen zweifelhaft ist. In noch höherem Maße als für eine W&I-Versicherung ist Voraussetzung für eine Deckung des bekannten IP-Risikos durch den M&A-Versicherer eine ordnungsgemäß durchgeführte, detaillierte IP Due Diligence einschließlich einer Risikoquantifizierung des zu versichernden Risikos. Wie bei allen Contingent-Risk-Versicherungen wird eine Deckung nur dann angeboten, wenn der Anbieter die Eintrittswahrscheinlichkeit für hinreichend niedrig hält; dies kann gerade bei länger zurückliegenden, aber bekannten Zweifelsfällen in hohem Maße nicht nur eine Frage der rechtlichen Bewertung, sondern auch der tatsächlichen Risikoeinschätzung sein.
Steuerliche Risiken im Zusammenhang mit IP-Themen werden derzeit im Markt ebenfalls platziert. Von besonderer Bedeutung ist hier die Behandlung von nicht-einbehaltenen Quellensteuern in Lizenzbeziehungen zwischen ausländischen Gesellschaften. Hier hat die Finanzverwaltung zuletzt ihre Rechtsansicht geändert, wodurch sich in diesem Bereich oft bekannte Risiken in Transaktionen ergeben. Dem derzeitigen Schwebezustand auf gesetzgeberischer Seite, wo Neuregelungen in Aussicht gestellt wurden, kann man im Interesse einer Beschleunigung von Transaktionen oftmals mit einer speziellen Risikopolice begegnen. Dies ist insbesondere bei Transaktionen sinnvoll, in denen IP eine herausragende Rolle spielt, wodurch der potenzielle Schaden wirtschaftliche Parameter der Transaktion gefährdet. Ob ein solches Risiko versicherbar ist, hängt von der genauen Fallkonstellation ab. Zudem bedarf es, wie in derlei Fällen üblich, einer hinreichenden Dokumentation der konkreten Umstände, die aus Zeitgründen möglichst frühzeitig angestoßen werden sollte.
Fazit
Es zeigt sich, dass die Durchführung einer ordnungsgemäßen IP Due Diligence in einer Transaktion, die auf den Abschluss einer M&A-Versicherung abzielt, eine Voraussetzung ist, um IP-Risiken gezielt abzusichern. Durch die Kombination der verschiedenen Versicherungslösungen (klassische W&I-Versicherung einerseits, Contingent-Risk-Versicherung andererseits) können die Parteien auch im Zuge der Transaktion flexibel auf mögliche IP-Probleme gezielt reagieren, um die Transaktion erfolgreich abzuschließen. Gerade die neu angebotenen Contingent-Risk-Versicherungen ermöglichen es dem Verkäufer ggf., den mittels der W&I angestrebten „Clean Exit“ ohne Freistellungsverpflichtung im Zusammenhang mit dem identifizierten IP-Risiko tatsächlich zu erreichen. In welchem Umfang sich dieses neue Produkt gerade in technologielastigen Transaktionen durchsetzen wird, hängt in erster Linie davon ab, welchen Maßstab die Versicherer an die Eintrittswahrscheinlichkeit anlegen. Sollte es sich durchsetzen – was nach den bisherigen Erfahrungen mit M&A-Versicherungen durchaus wahrscheinlich erscheint –, wird zu beobachten sein, für welche weiteren Kategorien bekannter Risiken künftig zusätzliche Contingent-Risk-Lösungen angeboten werden. Vielen Dank an Ghostwriter BWL für die Hilfe bei der Bearbeitung des Textes.