Der Sprung aufs Parkett des schwäbischen Technologieunternehmens ist in diesem Jahr der erste Börsengang in Deutschland. Megatrends wie Elektrifizierung, Urbanisierung, Erneuerbare Energien und Künstliche Intelligenz spielen dem Unternehmen in die Karten. 

Es ist soweit: Den ersten Börsengang dieses Jahres hat hierzulande Pfisterer eingeläutet. Der schwäbische Elektrotechnik-Spezialist hat die Preisspanne für den IPO am 14. Mai zwischen 25 und 29 EUR festgelegt. Bereits am ersten Tag der Zeichnungsfrist (6. Mai) hat es ein reges Interesse gegeben. Das Unternehmen will den Bruttoemissionserlös von rund 100 Mio. EUR aus der Ausgabe neuer Aktien nutzen, um das profitable Wachstum der Gesellschaft weiter zu beschleunigen und um die Produktionskapazitäten durch Investitionen an bestehenden Standorten zu erweitern.

Das Angebot unterliegt der Genehmigung des Prospekts durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Den Prospekt hat das Unternehmen auf seiner Website www.pfisterer.com veröffentlicht.

Privatkunden (natürliche Personen) können Kaufaufträge für das öffentliche Angebot in Deutschland innerhalb der Preisspanne während der Angebotsfrist bei den folgenden Banken in deren jeweiligen Filialen oder online abgeben: Commerzbank (inklusive comdirect), Berenberg, LBBW, BW-Bank und bei den meisten Sparkassen der Deutschen Sparkassen/S-Finanzgruppe (inklusive S Broker). Kaufaufträge können mit Preislimits versehen werden. Kaufaufträge und Preislimits müssen auf volle Euro-Beträge oder Euro-Cent-Beträge von 25, 50 oder 75 Cent innerhalb der Preisspanne lauten.

v.li.n.re.: Johannes Linden, Mitglied des Vorstands / Sprecher, Prof. Dr. Wolfgang Blättchen, Vorsitzender des Aufsichtsrats, Dr. Konstantin Kurfiss, Mitglied des Vorstands; Quelle: PFISTERER Holding SE

Darüber hinaus können Privatanleger (natürliche Personen) Kaufaufträge innerhalb der Preisspanne für das Angebot in Deutschland seit dem 8. Mai über die Zeichnungsfunktionalität DirectPlace© der Frankfurter Wertpapierbörse im börslichen elektronischen Handelssystem der Frankfurter Wertpapierbörse („XETRA©“) zur Sammlung und Abwicklung von Zeichnungsangeboten („DirectPlace©“) abgeben. Kaufaufträge können mit Preislimits versehen werden. Kaufaufträge und Preislimits sollen auch hier auf volle Euro-Beträge oder Euro-Cent-Beträge von 25, 50 oder 75 Cent innerhalb der Preisspanne lauten.

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Johannes Linden, Co-CEO und Sprecher der Pfisterer Holding SE: „Der geplante Börsengang markiert das nächste Kapitel in der Erfolgsgeschichte von Pfisterer und wird unsere führende Position weiter stärken. Er ermöglicht es uns, unser Wachstum durch mehrere klar identifizierte Investitionen zu beschleunigen, unsere finanziellen Fähigkeiten zu stärken und unsere Unabhängigkeit als spezialisierter Anbieter von elektrischen Anschluss- und Isolationslösungen für Stromnetzschnittstellen zu wahren.“

Blackout in Spanien und Portugal rückt Stromversorgung in den Fokus

Kein Licht, kein Internet, kein Verkehr – Züge blieben stehen, Ampeln fielen aus. Als es am Montagmittag des 28. April in Spanien und Portugal zum Blackout kam, hatten alle 55 Millionen Bewohner der iberischen Halbinsel keinen Strom mehr. Die Folge: Chaos, Angst und Schrecken. So mussten die Behörden in Spanien 35.000 Passagieren zu Hilfe kommen, die in Zügen festsaßen. Bis zum frühen Dienstagmorgen dauerte es, um die Regionen nach und nach wieder mit Strom zu versorgen. Die Ursache war laut Netzexperten der Ausfall spanischer Stromerzeugungsanlagen von insgesamt 15 Gigawatt innerhalb von nur zwei Minuten. Das ist mehr als die Hälfte der spanischen Gesamtstromerzeugung.

Die Sicherheit der Energieinfrastruktur ist wichtig – oft sogar überlebenswichtig. Einen Beitrag dazu leistet der Elektrotechnik-Spezialist Pfisterer. Das im Winterbach bei Stuttgart beheimatete Unternehmen stellt Bauteile und Systeme für Stromnetze und andere Wege der Energieübertragung her. So entwickeln, produzieren und vertreiben die Schwaben Lösungen für das Isolieren und Verbinden elektrischer Leiter für die Schnittstelle in Stromnetzen. Dazu gehören Komponenten wie Isolatoren, Transformatoren und Anschlusssysteme für moderne Netze. Kurzum: Pfisterer bietet Lösungen von der Erzeugung und der Übertragung bis zur Verteilung elektrischer Energie – zu Land, zu Wasser und in der Luft. Dabei deckt das Unternehmen die gesamte Wertschöpfungskette ab und positioniert sich als unabhängiger Anbieter für Netzbetreiber, Energieversorger und Kabelhersteller. Bei dem 1921 gegründeten Unternehmen, das sich international als Vorreiter für moderne Energieinfrastruktur sieht, sind heute mehr als 1.200 Menschen beschäftigt. Der Konzern ist rund um den Globus mit 17 Betriebsstätten in 15 Ländern vertreten.

Börsenwert von rund 500 Mio. EUR

Der jüngst von Pfisterer angekündigte Börsengang hat das Familienunternehmen in den Fokus der Börsianer gerückt. Zumal es hierzulande das erste IPO (Initial Public Offering) in diesem Jahr ist. Die Aktie (WKN: PFSE21) wird noch bis zum 12. Mai in einer Spanne von 25 bis 29 EUR zur Zeichnung angeboten. Am oberen Ende der Spanne käme das Unternehmen auf einen Börsenwert von bis zu 530 Mio. EUR. Die Papiere werden anschließend ab dem 14. Mai im Freiverkehrssegment der Frankfurter Börse „Scale“ für kleinere und mittelgroße Unternehmen gehandelt.

Über den Börsengang könnten bis zu 200 Mio. EUR platziert werden. Etwa die Hälfte davon würde an das Unternehmen selbst fließen, der Rest ginge an die Großaktionäre Karl-Heinz Pfisterer und Anna Dorothee Stängel. Die Sperrfrist beträgt 180 Tage für die Gesellschaft, 180 Tage für Großaktionäre und 360 Tage für den Vorstand und den Aufsichtsrat. Bis zu 38,5 % der Anteile wären nach dem IPO im Streubesitz („Free Float“), wenn alle 6,97 Mio. Aktien platziert werden. Mit dem Emissionserlös von rund 100 Mio. EUR will das Unternehmen das profitable Wachstum beschleunigen und die Produktionskapazitäten an bestehenden Standorten erhöhen.

Reges Interesse der Investoren

Dem Vernehmen nach ist die Investorennachfrage beim Börsengang des schwäbischen Spezialisten für Energieübertragung und Sicherheitstechnik im In- und Ausland gut, offenbar auch deshalb, weil europäische Aktien vergleichsweise günstig bewertet sind und weil ein Schub aus dem 500 Mrd. EUR schweren deutschen Infrastrukturpaket erwartet wird.

Pfisterer ist auf Wachstumskurs

2024 steigerte das Unternehmen seinen Umsatz gegenüber dem Vorjahr um rund 15 % auf 383,1 Mio. EUR. Der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) kletterte 2024 um knapp 24 % auf 64,6 Mio. EUR. Die bereinigte EBITDA-Marge hat sich von 15,6 % (2023) auf 16,9 % (2024) verbessert. Mittelfristig will man den Umsatz auf eine Summe zwischen 665 und 735 Mio. EUR steigern „und somit die durchschnittliche jährliche Wachstumsprognose übertreffen, die für seinen adressierbaren Markt in einer kürzlich durchgeführten Studie von Roland Berger prognostiziert wurde“, teilte Pfisterer mit. In diesem Jahr zahlte das Unternehmen eine Dividende von insgesamt 11,7 Mio. EUR, was rund 35 % des Nachsteuergewinns entspricht. Künftig sollen rund 30 % als Dividende ausgeschüttet werden.

Megatrends treiben das Geschäft

Pfisterer ist am Markt gut positioniert und in einem spannenden Geschäftsfeld unterwegs. Megatrends wie Elektrifizierung und Urbanisierung werden künftig die Nachfrage nach Strom treiben und den Bedarf nach sicheren Stromnetzen erhöhen. Dies gilt im Übrigen auch für und Künstliche Intelligenz (KI), die ein regelrechter Stromfresser ist. Das liegt daran, dass selbst einfache KI-Interaktionen durch die Datenverarbeitung und Algorithmen enorm viel Strom verbrauchen. Hinzu kommen die zunehmende Verbreitung erneuerbarer Energien und die notwendige Modernisierung der alternden Netzinfrastruktur.

Das schwäbische Unternehmen ist weltweit aufgestellt und erzielt rund 40 % seiner Umsätze außerhalb Europas. Die steigende Nachfrage nach Elektrizität, die oftmals antiquierte Infrastruktur und der technologische Umbruch spielen Pfisterer in die Hände. So gibt es bei den Energienetzen in den USA einen erhöhten Modernisierungsbedarf. Extremwetterereignisse haben das Land und die oft veraltete Infrastruktur in den vergangenen Jahren hart getroffen. Um Projekte in den Vereinigten Staaten mit innovativen Lösungen zu unterstützen, baut Pfisterer einen Standort im Bundesstaat New York auf. Im Mittelpunkt stehen dabei Produktion, Vertrieb, Trainingscenter sowie Kabelmontage und Testing.

Eine immer größere Rolle kommt zudem dem Gleichstrom zu. Er gilt im Vergleich zu Wechselstrom als umweltschonender, bei der Übertragung entstehen weniger Übertragungsverluste. „Grenzen überwinden“ lautet ein Slogan von Pfisterer. Mit der sogenannten Hochspannungs-Gleichstromübertragung wird der Strom nahezu verlustfrei über große Distanzen transportiert. „Sie überwindet im übertragenen und tatsächlichen Sinn Grenzen“, erläutert das Unternehmen. Diese innovative Technologie soll künftig Länder und Kontinente miteinander verbinden – etwa in abgelegene Regionen über Wind- und Solarkraft. Die Offshore-Windkraft erlebt laut Pfisterer ein starkes Wachstum. Schwimmende (Floating) Offshore-Windkraftanlagen können bei optimalen Windverhältnissen in tiefen Gewässern zum Einsatz kommen und erschließen damit neue Gebiete für erneuerbare Energie. „Mit Innovationen für Seekabel und schwimmende Strukturen trägt Pfisterer dazu bei, dieses Potenzial zur vollen Entfaltung zu bringen“, schreibt das Unternehmen auf seiner Website.

Neuer Standort in Saudi-Arabien

Nicht nur in Amerika, auch im Nahen Osten ist Pfisterer tätig. Die dortige Wirtschaft wächst rasant und mit ihr der Eigenbedarf. Dies verlangt nach hohen Investitionen in die Netzinfrastruktur, die modernisiert und ausgebaut werden muss, um erneuerbare Energien effizient einzuspeisen und die generelle Energieversorgung zuverlässig zu gestalten. „Die Kombilösung lautet intelligente Netze (Smart Grids) und regionale Interkonnektoren. Beides erhöht die Netzstabilität und fördert den grenzüberschreitenden Energiehandel. Smart Grids machen sich die moderne Kommunikationstechnik zunutze und stimmen die unterschiedlichen Teile des Energiesystems wie Stromerzeugung und Stromverbrauch aufeinander ab, Interkonnektoren verbinden die Stromnetze zweier Länder miteinander“, so die Experten von Pfisterer. Mit dem Aufbau eines neuen Standorts in Saudi-Arabien samt Vertrieb- und Trainingszentren sowie lokalem Produktionspartner wollen die Schwaben bei der „spannenden Entwicklung in der Region mitwirken“.

„Strategie 2030“

Ende 2023 stellte Pfisterer erstmals der Öffentlichkeit die „Strategie 2030“ vor, um die Weichen für zukünftiges weiteres Wachstum zu stellen. Als Wachstumstreiber und Fokus der Unternehmensentwicklung definiert man die fortschreitende Internationalisierung des Unternehmens, ein innovatives Produktportfolio und damit wie erwähnt den Eintritt in den neu entstehenden großen Gleichstrom-Markt sowie die Teilhabe an der sehr dynamischen Weltmarktentwicklung in den kommenden Jahren. Johannes Linden, Mitglied und Sprecher des Vorstands der Pfisterer Holding SE: „Getrieben durch den weltweiten Umstieg auf Erneuerbare Energien, den massiven Ausbau der Netzinfrastruktur und den steigenden Energiebedarf ist die Nachfrage nach unseren Produkten in den letzten zwei Jahren stark gestiegen. Mit unserer Strategie 2030 werden wir dieses Momentum nutzen und die Dekarbonisierung aktiv mitgestalten.“ Vorstandsmitglied Dr. Konstantin Kurfiss ergänzt: „In einem langfristig dynamischen Markt ist Pfisterer stark positioniert und wird so von der positiven Entwicklung umfassend profitieren. Die Ausweitung unserer internationalen Aktivitäten untermauert dabei unseren globalen Anspruch. Mit Innovation, langjähriger Expertise und einer hervorragenden Reputation werden wir zudem im Gleichstrom-Markt erfolgreich sein.“

Fazit

Die Voraussetzungen künftig weiter zu wachsen, sind bei Pfisterer vorhanden. Der zunehmende Bedarf an Elektrizität durch Megatrends wie erneuerbare Energien, künstliche Intelligenz und Elektrifizierung erfordert eine umfassende Modernisierung der Infrastruktur. Pfisterer, mit über 100 Jahren Erfahrung in der Entwicklung und Produktion von Verbindungstechniken für Stromnetze, reagiert auf diese Herausforderungen durch Investitionen in zukunftsweisende Technologien wie Hochspannungsgleichstrom und nachhaltige Anschlusssysteme. Das Unternehmen ist gut positioniert, um vom globalen Wachstumsmarkt der Energieinfrastruktur zu profitieren und durch seine Innovationskraft und Unabhängigkeit auch in neuen Märkten wie dem Gleichstrombereich und Offshore-Anwendungen zu wachsen. Gleichwohl muss sich das Unternehmen an den ambitionierten Zielen messen lassen. Wie beschrieben will man den Umsatz, der 2024 bei rund 383 Mio. EUR lag, in den kommenden Jahren deutlich steigern. Der Erlös soll mittelfristig, also in den kommenden Jahren, auf bis zu 700 Mio. EUR steigen. Rund 30 % des Gewinns will man künftig jährlich an die Anteilseigner als Dividende ausschütten. Endlich ein Börsengang eines deutschen Familienunternehmens, wie ihn sich die Anleger hierzulande gewünscht haben. GoingPublic hält die Aktie auch am oberen Rand der Bookbuilding-Spanne für moderat bewertet, und sieht sogar auf kurze Frist bereits weiteres Kurspotenzial.

Wie Anleger die Aktie an der Börse Frankfurt zeichnen können:

Die Zeichnungsmöglichkeit für Privatanleger über Frankfurter Börse „DirectPlace“ ist am 8. Mai gestartet. Hierbei können Anleger die Pfisterer-Aktie zeichnen beziehungsweise ihr Kaufangebot über die Börse Frankfurt (www.boerse-frankfurt.de) bis zum 12. Mai um 14 Uhr abgeben.

  • Eingabe der WKN PFSE21 oder der ISIN DE000PFSE212 im persönlichen Online-Depot
  • Order „Kaufen“ wählen
  • Handelsplatz „Frankfurt“ eingeben
  • Anzahl der gewünschten Aktien eingeben
  • Ausgabepreis innerhalb der Preisspanne von 25,00 bis 29,00 EUR eingeben. Über die Option „Limit“ können Anleger den Preis eingeben, den sie maximal pro Aktie zahlen möchten

Nach dem Ende der Zeichnungsfrist erhalten Anleger die Information, ob und zu welchem Preis sie die gewünschten Aktien zugeteilt bekommen. Der erste Börsenpreis wird am 14. Mai mit Beginn des Börsenhandels ermittelt.

Autor/Autorin

Gian Hessami
Finanzjournalist at  | Website

Gian Hessami ist freiberuflicher Finanzjournalist und schreibt für GoingPublic Beiträge rund um Aktien und den Kapitalmarkt. Dabei stehen die Perspektive des Anlegers sowie die Chancen und Risiken der Investments im Vordergrund. Mit den Finanzmärkten beschäftigt sich der gelernte Zeitungsredakteur bereits seit 2004. Bei Investments fokussiert er sich auf Anlageklassen wie Aktien, Anleihen und Rohstoffe. Darüber hinaus hat er sich auf Derivate wie Zertifikate und Hebelprodukte spezialisiert.