Die europäische Schuldenkrise scheint im vierten Jahr ihres Bestehens gebannt. Diesen Eindruck versuchen zumindest die Regierungspolitiker und insbesondere Finanzminister Schäuble ein dreiviertel Jahr vor der Bundestagswahl zu vermitteln. Die Daten scheinen auf seiner Seite zu sein: Der Wechselkurs des Euro gegenüber dem Dollar hat sich von seiner relativen Schwäche 1,33 USD/EUR deutlich erholt. Gleichzeitig sind die Renditen zehnjähriger Staatsanleihen Italiens von 6,1% Mitte Juni auf derzeit 4,2% und Spaniens von 6,8% auf 5,1% kräftig gesunken. Auch die Aktienmärkte florieren und der DAX peilt zum Jahresbeginn 2013 neue Höchststände an. Doch ist die europäische Schuldenkrise wirklich vorüber und was bedeutet das für Immobilien und Immobilienaktien?

Dr. Wilhelm Breuer

Wendepunkt der Entwicklung waren weniger die Rettungsschirme der europäischen Politik als vielmehr die Äußerung von EZB-Präsident Mario Draghi, die EZB werde notfalls unbegrenzt Staatsanleihen der Euro-Krisenländer aufkaufen. Damit gab die EZB das implizite Versprechen, Eigentümern dieser Anleihen die Rückzahlung ihrer Papiere zu garantieren. Gleichzeitig flutete die EZB die Märkte mit billigem Geld. Dies hat die Kapitalmärkte fürs erste beruhigt. Doch die europäische Schuldenkrise ist damit nicht überwunden. Die Ursachen der Krise sind nicht beseitigt, sondern werden nur durch das Drucken von Geld und das implizite Versprechen der EZB überdeckt. Die Schuldenkrise ähnelt damit einer Moorleiche, die immer wieder an die Wasseroberfläche kommt.

Die Ursachen indes liegen in der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit der Krisenländer, die sich in hohen Lohnstückkosten und damit einhergehenden dauerhaften Handelsbilanzdefiziten manifestiert. Sind private Investoren nicht mehr bereit, die Importüberschüsse und damit die im Ausland hergestellten Güter und Dienstleistungen zu finanzieren, müssen öffentliche Gläubiger einspringen. Genau dies geschieht aktuell durch die Rettungsschirme sowie die lokale Geldschöpfung durch die EZB.

Status quo: Stillstand

An dieser Situation wird sich solange nichts ändern, bis ein Land wieder ausgeglichene Handelsbilanzen vorweisen kann. Davon ist aber insbesondere Griechenland weit entfernt. Die eingeleiteten Reformen haben nicht zu einer ausreichenden Senkung der Lohnstückkosten und Preise geführt. Weitere Lohnrückgänge könnten das Land und seine Bürger überfordern. Die Möglichkeit, durch einen Euro-Austritt Griechenlands die Lohnstückkosten durch eine Abwertung der neuen griechischen Währung zu senken, ist von der europäischen Politik nicht erwünscht, da man einen Präzedenzfall und eine Ansteckungsgefahr für andere Länder befürchtet. Daher bleibt nur der Weg über Transfers durch Rettungsschirme sowie das Anwerfen der Notenpresse durch die EZB. Gleichzeitig nehmen EZB und Politik höhere Inflationsraten in Kauf, um Griechenland und die anderen Südländer real und von den Wählern unbeachtet zu entschulden. Leidtragende sind Anleger, insbesondere diejenigen, die selbst Altersvorsorge treffen müssen oder wollen.

Die Niedrigzinspolitik führt dazu, dass Anleger einer Financial Repression ausgesetzt sind. Die niedrigen Zinsen (zehnjährige Bundesanleihen: 1,61%) werden von der Inflation (Deutschland 2012: 2,0%) vollkommen aufgezehrt. Mit sicheren Anlagen wie deutschen Staatsanleihen ist kein realer Kapitalerhalt mehr möglich. Anleger investieren daher verstärkt in höher rentierliche Anlagen, insbesondere Unternehmensanleihen, Aktien und Immobilien. Da auch die Finanzierungskosten gleichzeitig historisch günstig sind, werden deutsche Immobilien weiterhin über einen stabilen positiven Carry (Immobilienrenditen höher als Finanzierungskosten) verfügen und Kapital anziehen. Mit Immobilienaktien und REITs stehen zudem Immobilieninvestments zur Verfügung, welche die Vorteile einer Immobilie (solide Substanz, nachhaltige stabile Mietrenditen) mit denen einer Aktie (jederzeitige Verfügbarkeit) kombinieren.

Safe Haven Germany

Darüber hinaus profitieren Deutschland und sein Immobilienmarkt von den soliden makroökonomischen Rahmendaten und sorgen als „safe haven“ für einen Zustrom ausländischen Kapitals. Zudem haben deutsche Wohn- und Gewerbeimmobilien in den zurückliegenden Jahren keine Immobilienblase wie in den europäischen Südländern erlitten. Speziell deutsche Wohnimmobilienaktien erfreuen sich aktuell einer großen Beliebtheit. Nachdem bereits 2012 zahlreiche Kapitalerhöhungen durchgeführt wurden, scheint dieser Trend auch 2013 anzuhalten. So besorgte sich die Deutsche Wohnen AG im Januar bereits problemlos über eine Kapitalerhöhung knapp 200 Mio. EUR Eigenkapital für Akquisitionen. Mit der LEG Immobilien AG hat zudem ein Wohnimmobilienschwergewicht (über 90.000 Wohnungen) seinen Börsengang für Anfang Februar angekündigt. Das Platzierungsvolumen soll bei mehr als 1 Mrd. EUR liegen.

Fazit

Alles spricht daher dafür, dass auch 2013 ein gutes Jahr für deutsche Immobilien und Immobilienaktien wird. Zumindest bis zu den Bundestagswahlen. Danach könnten die Karten neu gemischt werden, etwa dann, wenn es einen weiteren Schuldenschnitt bei griechischen Staatsanleihen geben sollte, der dringend vonnöten ist. Doch auch dann sollte der Kapitalstrom nach Deutschland anhalten, da ein Austritts Griechenlands aus dem Euro unverändert politisch unerwünscht sein dürfte. Eine schleichende Inflationierung wird die EZB in Kauf nehmen. Der Politik wird diese lautlose reale Entschuldung recht sein – einem Investor bleibt nur die Flucht in höher rentierliche Anlagen. Um den deutschen Immobilien(aktien)markt braucht einem daher nicht bange sein.

Autor/Autorin