Holger Lehnen, Referent für Kapitalmarktrecht, DIRK

Das täglich‘ Brot der IR-Abteilungen besteht im Reporting, den Roadshows, der Vorbereitung der HV und leider auch in der Auseinandersetzung mit den sich gefühlt täglich ändernden gesetzlichen Vorschriften. Die Gesetzgeber sind in kaum einem Bereich so vielseitig wie dem des Kapitalmarktrechts. So gibt es die EU, die Richtlinien und Verordnungen erlässt, die Bundesrepublik, die diese Akte umsetzt und eigene Gesetze erlässt, das Bundesfinanzministerium, welches wiederum Verordnungen wie bspw. die Wertpapierhandelsanzeige- und Insiderverzeichnisverordnung (WpAIV) erlassen kann, die BaFin, die eigene Anforderungen stellt, die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex, wenngleich es sich beim DCGK „nur“ um sog. Soft Law handelt, und die Börsen, die wiederum eigene Vorschriften erlassen. Bei dieser Fülle an potenziellen Regelerlassern ist es schwierig, alle Änderungen im Blick zu behalten. Dieser Beitrag gibt daher einen kurzen Überblick über die IR-bezogenen gesetzlichen Änderungen des letzten Jahres und einen Ausblick darauf, was sich noch ändern soll, mit Ausnahme des DCGK. Dessen Neuerungen sowie die Verbesserungsvorschläge des DIRK zur Etablierung von Investor Relations im Kodex wurden in GoingPublic 12/2012 behandelt.

Das Jahr 2012
Die erweiterten Meldepflichten

Seit dem 01.02.2012 wurde der Anwendungsbereich des § 25 WpHG um die sog. „sonstigen Instrumente“ erweitert und ist die Vorschrift § 25a WpHG mit der kreativen Überschrift „Mitteilungspflichten beim Halten weiterer Finanzinstrumente und sonstigen Instrumenten“ in Kraft getreten. Damit unterfallen auch Repurchase Agreements und Cash-settled Equity Swaps den Stimmrechtsmitteilungspflichten. Was gut gedacht war, birgt aber zahlreiche Rechtsunsicherheiten. So ist bspw. die Ausweitung der Meldepflichten auf Instrumente, die den Erwerb von Aktien ermöglichen (können), konturlos und lässt den Anleger im Ungewissen, wie weit die Meldepflicht reichen kann. Hier existiert gesetzlicher Nachbesserungsbedarf.

Das neue WpPG
Seit dem 01.07.2012 gilt das neue Wertpapierprospektgesetz (WpPG). Das jährliche Dokument wurde damit abgeschafft, die Schwellenwerte für die Befreiung von der Prospektpflicht oder insgesamt dem WpPG wurden durchgängig angehoben, die im Prospekt grundsätzlich vorgeschriebene Zusammenfassung besteht nun neben den Warnhinweisen aus sog. standardisierten Schlüsselinformationen, der Gültigkeitszeitraum wurde verkürzt, der Prospekt ist mittlerweile zwingend auf einer Website zu veröffentlichen und das Register über qualifizierte Anleger wurde abgeschafft. Diese Änderungen herbeizuführen, trifft auf großes Einverständnis der Emittenten, haben sich damit doch die Publizitätspflichten des WpPG deutlich reduziert.

Das Jahr 2013
Hochfrequenzhandelsgesetz

Das Hochfrequenzhandelsgesetz der Bundesregierung ist in der Diskussion. Durch höhere Auskunfts- und Eingriffsrechte der BaFin und die Verpflichtung der Algo-Trader, ihre Handelssysteme so auszugestalten, dass Störungen des Marktes unterbleiben, sollen extreme Kursschwankungen ohne realwirtschaftlichen Bezug verhindert werden. Ebenfalls soll die missbräuchliche Anwendung algorithmischer Systeme als Marktmanipulation festgeschrieben werden. Im Januar 2013 soll dazu der Finanzausschuss des Bundestags angehört werden. Das Ergebnis der Verhandlungen bleibt mit Sicht auf die Beratungen zur MiFiD 2 allerdings abzuwarten.

MiFiD 2
Der aktuelle Entwurf dieser europäischen Richtlinie sieht ebenfalls Regelungen zum Hochfrequenzhandel, mitunter eine Haltefrist von 0,5 Sekunden, voraus und geht damit zumindest teilweise über den Gesetzesvorschlag der Bundesregierung hinaus. Ob damit eine eigene Regelung Deutschlands notwendig ist, werden die weiteren Verhandlungen zu MiFiD 2 zeigen. Diese werden hauptsächlich im ersten und zweiten Quartal 2013 stattfinden, weshalb vor dem dritten Quartal 2013 nicht mit einer Verabschiedung der Richtlinie und vor 2015 nicht mit einer Umsetzung in deutsches Recht zu rechnen ist. Es bleibt daher auch abzuwarten, inwiefern die bisher angedachte Einbeziehung von OTFs umgesetzt wird und Dark Pools damit künftig auch dem WpHG unterfallen werden. Das gilt auch für die beabsichtigte Einführung spezieller KMU-Märkte.

Das Hochfrequenzhandelsgesetz soll extreme Kursschwankungen ohne realwirtschaftlichen Bezug verhindern. Foto: Deutsche Börse

Transparenzrichtlinie
Seit Ende 2011 liegt ein Änderungsentwurf zur Transparenzrichtlinie vor, der die Verpflichtung zu Zwischenmitteilungen und damit mittelbar zu Quartalsfinanzberichten abschaffen will. Damit würde eine entscheidende Wende im Reporting eingeläutet werden. Ob aber tatsächlich diese Transparenzvorschriften eingeschränkt werden, obwohl im Übrigen immer mehr Transparenz verlangt wird, ist zweifelhaft. Die Verhandlungen dazu sind nunmehr ins Stocken zu geraten, weshalb nicht abzusehen ist, ob und wann diese Regelung nochmals diskutiert wird.
Aktienrechtsnovelle 2012
Die bisherigen Vorschläge zur Aktienrechtsnovelle 2012 sehen eine Flexibilisierung der Kapitalfinanzierung vor. Können bisher die Gläubiger von Wandelanleihen nur bestimmen, ob sie den rückzahlbaren Betrag anstatt dessen in Aktien erhalten wollen, soll das künftig auch dem Emittenten möglich sein. Zudem sollen stimmrechtslose Vorzugsaktien in Zukunft dem Eigenkapital zugerechnet werden können. Daneben wird diskutiert, nicht börsennotierten Unternehmen die Ausgabe von Inhaberaktien zu verbieten und sie auf Namensaktien zu beschränken.

Fazit
In dieser Zusammenfassung lässt sich erkennen, dass nicht nur das Jahr 2012 viele Änderungen mit sich brachte, von denen hier nur einzelne genannt werden konnten, sondern das Jahr 2013 auch noch einige spannende Neuerungen verspricht.

Vertiefte Informationen zu alten und neuen Vorschriften sind im VIRE unter www.dirk.org zu finden.

Dieser Artikel ist erschienen im GoingPublic Magazin 1/2013.

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