„Backlash der Ankündigung“: Die BaFin verzeichnete jüngst ein Plus bei betrügerischen Attacken von 50%. Quelle: Kai Hartmann/BaFin

Was jetzt geschieht

Da die Börsenaufsichtsbehörden bzw. die BaFin nicht einen Großteil ihrer Ressourcen auf die liberalen Freiverkehrssegmente konzentrieren können und da auch der Frankfurter Wertpapierbörse das kriminelle Treiben im FQB seit Langem ein Dorn im Auge ist, wurde die Schließung dieses Börsensegments zum 15. Dezember 2012 beschlossen und bekannt gegeben. Die unmittelbare Folge war laut der BaFin eine „erhöhte kriminelle Aktivität“. Um noch Kasse zu machen, bevor das Segment Mitte Dezember geschlossen wird, wurden die betrügerischen Attacken noch einmal intensiviert. Alleine zwischen Januar und Mai 2012 wurden wegen des Verdachts der Marktmanipulation insgesamt 101 Verfahren eingeleitet, was einem Plus von 50% gegenüber dem Vorjahreszeitraum entspricht.

Regionalbörsenplätze

Die Betrüger rechnen offenbar nicht damit, nach Schließung des FQB ihre Aktivitäten ungestört an den anderen deutschen Börsenplätzen fortsetzen zu können. Da bei der Schließung des FQB auch die BaFin begleitend die Finger im Spiel hatte, wird für die Regionalbörsen erwartet, dass diese ihre dem FQB entsprechenden Börsensegmente ebenfalls kurzfristig schließen bzw. die Publizitäts- und Transparenzanforderungen spürbar verschärfen werden.

Gleichzeitig aber stehen die deutschen Börsenplätze untereinander in einem scharfen Wettbewerb, gerade im Hinblick auf mittelständische Unternehmen. Bestes Beispiel ist die kürzlich erfolgte Ankündigung der Börse Düsseldorf, ein neues Freiverkehrs-Qualitätssegment „Primärmarkt“ zu eröffnen, mit dem man hofft, auch in Anbetracht der FQB-Schließung in Frankfurt neue Unternehmen anzulocken. Die Anforderungen im Düsseldorfer „Primärmarkt“ werden allerdings deutlich anspruchsvoller sein als im FQB, und zwar nicht nur im Hinblick auf die Unternehmen selbst, sondern auch bezüglich der einzuhaltenden Transparenz- und Publizitätspflichten.

Fazit

Die Ära der (fast) unbegrenzt toleranten Marktsegmente neigt sich erkennbar dem Ende zu. Einige Unternehmen des First Quotation Boards sind bereits in den Entry Standard gewechselt, viele haben ihre Börsennotierung aber inzwischen auch komplett eingestellt. Bei ca. 350 Unternehmen ist noch nicht erkennbar, wie diese mit der neuen Situation umgehen werden. Die allermeisten werden sicherlich vom Kurszettel ganz verschwinden, und für die schwarzen Schafe unter ihnen ist das natürlich zu begrüßen.

Die Freiverkehrs-Qualitätssegmente werden dagegen Zulauf, und zwar vornehmlich von den seriösen Unternehmen, bekommen. Und die BaFin kann sich zukünftig intensiver um die sicherlich deutlich abnehmende Zahl von Verdachtsfällen der Marktmanipulation kümmern. Die Börsen sind nunmehr, was den Spagat zwischen erforderlicher Regulierung auf der einen und der für Mittelständler notwendigen Liberalität auf der anderen Seite angeht, auf dem richtigen Weg. Der Mittelstand braucht den Freiverkehr – aber auch Schutz vor Manipulateuren und Betrügern.

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