Axel Schmid, ASComm
Was wir derzeit am Kapitalmarkt beobachten dürfen, ist nicht weniger als eine Sternstunde der Kommunikationsarbeit. In Finanzkreisen gern als weiches Thema abgetan und oft mit leichtem Spott begleitet, zeigt sich gute Markenkommunikation derzeit von ihrer harten, preisbildenden Seite. Im noch jungen Segment der Mittelstandsanleihen mit hohem Privatanlegeranteil wird dies besonders deutlich. Ob René Lezard oder Seidensticker, Berentzen oder Dürr: Starke Marken solider Unternehmen gehen weit überzeichnet in den Markt, während andere, durchaus attraktive Unternehmen um die Vollplatzierung zum Zeichnungsende bangen. Mehr noch: Markenhersteller können regelmäßig niedrigere Kupons durchsetzen als unbekannte Emittenten.

Marken bieten also einen harten, kalkulierbaren Mehrwert. Zu ordentlichen Bilanzen addiert sich ein Kapitalanteil, der in der aktuellen Lage hoch bewertet wird: Vertrauen. Marken genießen dieses Vertrauen meist zu Recht. Es entstand in oft jahrzehntelanger Kommunikation von Werten wie Qualität, Beständigkeit und Zuverlässigkeit. Genau diese Werte sind gefragter denn je in einer Zeit, in der selbst unzweifelhafte Staaten wie Frankreich von Ratingagenturen ein Downgrade hinnehmen müssen.

Gerade die Finanzbranche ist gut beraten, sich an diesem langfristigen Markenaufbau ein Beispiel zu nehmen. Doch leider sehen wir bis auf wenige erfreuliche Ausnahmen immer wieder das Gegenteil. Opportunistische Renditemaximierung lässt sich nur schwer mit dem Anspruch langfristig ausgerichteter Markenbotschaften vereinbaren. Wer heute das Privatkundengeschäft und morgen das Investmentbanking zur Toppriorität erklärt, verspielt leichtfertig das Vertrauen von Kunden und damit letztlich auch der Investoren. Aber auch Emissionsberater, die heute aus kurzfristigem Gewinnstreben wissentlich Unternehmen an den Kapitalmarkt bringen, deren Bilanzen das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt wurden, müssen sich nicht wundern, wenn das zarte Pflänzchen Mittelstandsanleihen im Sumpf unsolider Emittenten untergeht. Man kann nur wünschen, dass die daran Beteiligten denselben Weg gehen. Vor diesem Hintergrund dürfen wir uns über die positive Entwicklung und Anerkennung konsequenter Markenpflege durch die Anleger freuen.

Zu hoffen bleibt, dass der lange erarbeitete Triumph der Marken nicht dazu führt, Anleger nach getätigter Emission im Regen stehen zu lassen. Analog zur Positionierung einer Marke im umkämpften Konsumgütermarkt bedarf auch die Pflege der Marke am Kapitalmarkt umfangreicher Kommunikation. Anleger wollen regelmäßig und umfassend informiert werden. Dies gilt insbesondere in Zeiten, in denen die Nachrichten nicht so erfreulich sind. Das ist unangenehm und manchmal schmerzhaft, aber wichtig – im Sinne dauerhafter Vertrauensbildung. Unternehmen, die regelmäßig auf dieses Vertrauenskonto einbezahlen, dürfen von diesem Konto eines Tages auch wieder abheben: spätestens bei der nächsten Refinanzierungsrunde. Dann zahlt sich der weiche Faktor Kommunikationsarbeit auch wieder in harter Währung aus.

Fazit Starke Marken erzielen regelmäßig höhere Margen, da Konsumenten bereit sind, das erarbeitete Vertrauenskapital (Brand Equity) auch finanziell zu honorieren. Die hohe Nachfrage nach Markenartiklern bei Mittelstandsanleihen bestätigt, dass das erworbene Vertrauen auch bei der Kapitalanlage zu höherer Nachfrage führt. Dies ist eine erfreuliche Tendenz, sollte jedoch bei Kapitalanlegern nicht dazu führen, auf eine gründliche Prüfung anderer Faktoren einer Emission zu verzichten, bevor eine Anleihe gezeichnet wird.

Dieser Artikel ist erschienen im GoingPublic Magazin 2/2012.

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