Da Traton alle betrieblichen Investitionen aus dem Cashflow finanzieren kann, braucht es kein frisches Kapital und somit keine Kapitalerhöhung, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt. Auch im ersten Quartal 2019 fielen die Umsatzwachstumsraten mit 6% überzeugend aus. Bei näherer Betrachtung zeigt sich allerdings, dass hauptsächlich Deutschland und Brasilien für den Zuwachs verantwortlich sind, während sich die anderen Märkte in Lateinamerika, der EU und auch Asien rückläufig präsentierten. Die hohen Zuwachsraten seit 2015 in Europa und Lateinamerika haben sich sichtlich abgeschwächt. Für den Zeitraum bis 2025 zeichnet sich nun eher eine stagnierende Tendenz ab: Die Gründe führt Traton unter den Risiken selbst im Prospekt an: wirtschaftliche und politische Unsicherheiten, die zyklische Natur des Nutzfahrzeuggeschäfts, Regulierung und Klimawandel.

Stärken & Schwächen
+ Starke Marken und gute Marktstellung
+ Gewinner der Konsolidierung
+ Säkularer Wachstumstrend im Transportsektor

– Zunehmende Wettbewerbsintensität
– Zyklischer Abschwung möglich
– Risiken der Transformation von Diesel zu klimaneutralen Antriebstechnologien

Bewertung

Die auf den ersten Blick optisch niedrig wirkende Bewertung mit einem KGV zwischen 9 und 11 liegt tatsächlich erheblich unter der zunächst von den VW-Verantwortlichen ins Auge gefassten Größenordnung, ebenso wie der Anteil am Aktienkapital von nur 10 bis 11,5%, der nun an neue Aktionäre geht. Einerseits sind die Entscheidungsträger klug genug, den Markt nicht zu überfordern und lieber ein erfolgreiches Debüt am Kapitalmarkt zu absolvieren, ähnlich wie Siemens mit Healthineers – andererseits sind Aktien von hochgradig zyklischen Unternehmen der Schwerindustrie im fortgeschrittenen Konjunkturzyklus selten höher bewertet.

Traton-Chef Andreas Renschler

In diesem Abschlag zum Gesamtmarkt drückt sich aus, dass solche Unternehmen in Abschwungphasen geringe Gewinne verzeichnen oder sogar Verluste erleiden. Es ist auch typisch, dass Maschinen- und Anlagenbauer oder ähnliche Unternehmen regelmäßig am Ende eines solchen Zyklus an die Börse gehen, da sie dann (gerade noch) ansehnliche Gewinne vorweisen können. Zum Vergleich ist die amerikanische Navistar durchaus geeignet, die nach jahrelanger Restrukturierung nun zwar ordentliche Gewinne erzielt, aber ebenfalls nur mit einem KGV von 11 bewertet wird.

Fazit

Traton ist ohne Zweifel eine Bereicherung auf dem deutschen Kurszettel, doch eine Streubesitzquote von maximal 11,5% ist in vielerlei Hinsicht zu gering. Den Statuten vieler institutioneller Anleger und eigentlich auch der Frankfurter Börse mit Blick auf den Prime Standard wird nicht Genüge getan, was das Interesse auch im Aftermarket beeinträchtigen könnte. Nicht zu vergessen: Mit einer Marktkapitalisierung von mindestens 13,5 Mrd. EUR wäre Traton auf Anhieb DAX-Kandidat – eine oder mehrere Kapitalerhöhungen/Umplatzierungen zur Erreichung der erforderlichen Streubesitz-MarketCap wären also zunächst Pflicht. Die augenscheinlich günstige Bewertung trägt zwar den zahlreichen Risiken Rechnung, dennoch eignet sich die Aktie nur für Anleger, die sowohl auf ihre eigene Konjunktureinschätzung vertrauen als auch mit der volatilen Kursentwicklung zyklischer Aktien umgehen können. Eine uneingeschränkte Wachstumsaktie ist Traton nicht, wenngleich gute Chancen zur geografischen Expansion gegeben sind. Jedoch könnten protektionistische Eskalationen oder rapide Änderungen der Regulierung zum Klimaschutz die Perspektiven eintrüben. Eine Ausgabe im unteren Drittel der Bookbuilding-Spanne wäre den Beteiligten angeraten, um noch Puffer zu lassen.

Falko Bozicevic

Fotos: @Traton

Traton SE  – Angebotsübersicht Emissionsparameter
WKN TRATON
Zeichnungsfrist noch vsl. bis 27. Juni
Erstnotiz   vsl. 28. Juni
Preisspanne 27 bis 33 EUR
MarketCap  13,5 bis 16,5 Mrd. EUR
Marktsegment Frankfurt/Main (Prime Standard)
Emissionsprospekt ja
Emissionsvolumen 1,55 bis 1,9 Mrd. EUR (inkl. Greenshoe)
Konsortium Citi, Dt. Bk., Goldman Sachs, JPM (Joint Global Coordinators),
 BofA, Barclays, BNP Paribas,
SEB, UniCredit Bank (Joint Bookrunners)
Free Float max. 11,5 %

 

 

Autor/Autorin

Falko Bozicevic ist Mitglied des Redaktionsteams des GoingPublic Magazins sowie verantwortlich für das Portal BondGuide (www.bondguide.de)