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GoingPublic: Frau Rostock, ist das Adventsgeschäft wirklich so bedeutsam für CEWE?
Rostock: Ja – das letzte Quartal eines Jahres ist für uns mit Abstand das wichtigste. Fotoprodukte sind für immer mehr Menschen das ideale Weihnachtsgeschenk: individuell, selbst erstellt und voller schöner Erinnerungen. Der Wert eines CEWE FOTOBUCH übersteigt seinen Preis deutlich. Gerade in der kalten Jahreszeit bringt es drei Mal Freude: beim Erstellen, beim Verschenken und dann – wie auch z.B. bei unseren Fotokalendern – das ganze Jahr über beim Betrachten. So erzielen wir heute im vierten Quartal rund 45% unseres jährlichen Fotofinishing-Umsatzes und den Löwenanteil unseres Ergebnisses. Wir arbeiten am Ende wie Hochleistungsathleten auf den Saisonhöhepunkt hin, trainieren und verbessern uns das ganze Jahr über – neue Produkte, neue Editoren, neue Technologien. Wenn Sie jetzt durch unsere Produktionsstätten gehen, fühlt sich das richtig an wie in einer Weihnachtswerkstatt: Alle Mitarbeitenden sind fokussiert darauf, die Produkte rechtzeitig zum Heiligabend fertigzustellen und auszuliefern. Das Training ist vorbei – jetzt zählt es.
Wir hatten drei Jahre Ausnahmezustand aus den unterschiedlichsten Gründen. Ist 2023 auch bei CEWE das erste wieder vergleichbare Geschäftsjahr?
Es ist sicherlich richtig, dass im Jahr 2023 nach Überwindung der Coronapandemie erstmals wieder eine gewisse „Normalität“ eingekehrt ist. Die Menschen sind viel gereist, Hochzeitsfeiern, Konfirmationen und Geburtstagsfeiern fanden statt. Das sind die Anlässe, die oft und gerne z.B. in einem CEWE FOTOBUCH festgehalten werden. Es gab sogar einen gewissen Nachholbedarf, besonders bei den Reisen. Uns ist es dieses Jahr gut gelungen, die Menschen dazu zu inspirieren, diese Fotos in unseren Produkten festzuhalten und in den eigenen Geschäftszuwachs zu konvertieren.
Inwiefern waren Sie von zunächst Corona, dann ggf. von Lieferkettenschwierigkeiten und schließlich von der neuen Zinslandschaft betroffen?
Corona hat uns zunächst deutliche Umsatzsteigerungen beschert: Denn die Menschen saßen im Lockdown zu Hause und haben sich in dieser Zeit den Dingen gewidmet, die in den Jahren zuvor liegen geblieben waren. Dazu gehörte ganz besonders das Sortieren und Aufbereiten alter Bilder – und das Festhalten in einem CEWE FOTOBUCH. Zum Ende der Pandemie haben wir dann aber gespürt, dass die Bildervorräte geringer wurden, da die neuen Erlebnisse und besonders die Reisen fehlten. Herausforderungen in der Lieferkette haben wir dank unserer langjährigen partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit unseren Lieferanten und unseres stark regional fokussierten Sourcings gut gemeistert. Hier haben wir sehr vorausschauend agiert und Bestände bewusst erhöht. Das war nicht zuletzt aufgrund unserer äußerst soliden finanziellen Situation möglich; das operative Working Capital spielt dabei für uns nicht so eine große Rolle. CEWE ist mit einer Eigenkapitalquote von rund 60% bestens aufgestellt.
CEWE Stiftung & Co. KGaA (ISIN: DE0005403901)
ESG-Berichterstattung ist in den vergangenen Saisons zunehmend wichtiger geworden: lästiges Pflichtprogramm für CEWE oder Chance zur Kür?
Nachhaltigkeit ist nicht nur mir eine Herzensangelegenheit. Man spürt im ganzen Unternehmen, dass wir die Verantwortung ernst nehmen, auch weil sie für die wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit von CEWE ein entscheidender Faktor ist. Ich würde sogar behaupten, dass Unternehmen, die sich dem Thema Nachhaltigkeit heute nicht stellen, mittelfristig echte Probleme bekommen werden. Was wir bis dato erreicht haben – etwa die Halbierung des CO2-Ausstoßes in Scope 1 und 2, die Reduktion von Plastik in der Verpackung, nahezu 100% FSC-zertifizierte Papiere –, sind erste Schritte zu einer nachhaltigeren Wirtschaft. Fertig ist man hier zwar nie, aber wir sind dennoch stolz auf das Geleistete und berichten gerne darüber. Dennoch sind die steigenden Reportinganforderungen auch eine große Herausforderung, und wir müssen aufpassen, dass die Regulatorik am Ende nicht den Fortschritt abwürgt – denn die Kolleginnen und Kollegen, die jetzt mehr Berichtspflichten erfüllen, können sich weniger darum kümmern, dass wir als Unternehmen nachhaltiger agieren.
Wie steht es mit Einsatz von KI in Ihrem Business? Ich stelle mir da ein Fotoalbum vor auf Basis vorhandener Vorlagen: „Diese Fotos Ihrer Familie hätten Sie sich gewünscht.“ Ist das eine Utopie?
Fotografie ist immer auch Erinnerung. Fotos bekommen einen besonderen Wert, wenn man die Momente erlebt hat – und beim Blick auf die Bilder immer wieder erleben kann. Aber KI ist für uns natürlich ein wichtiger Transformationstreiber, hin zu noch persönlicheren, individuelleren Produkten, intelligenterem Service und kreativeren Gestaltungsmöglichkeiten. Kurz: KI wird uns helfen, die Erlebnisse unsere Kundinnen und Kunden noch einzigartiger und faszinierender bereitzustellen. Das ist keine Utopie. Schon jetzt erleichtert künstliche Intelligenz die Erstellung eines CEWE FOTOBUCH. Haben Sie schon einmal versucht, ein Foto zu drucken, das Sie über WhatsApp erhalten haben? KI hilft uns dabei, dieses reduzierte Bild hochzurechnen und einen wertigen Druck zu ermöglichen. Aber das ist erst der Anfang – wir haben noch viel vor.
Ende November las man, CEWE kaufe eigene Aktien im Volumen bis zu 10% zurück. Nicht ungewöhnlich für sich – doch stellt sich komplementär die Frage, ob Sie aktuell nichts Besseres zur Hand haben, z.B. M&A-Opportunitäten.
Das eine schließt das andere bei CEWE zum Glück nicht aus. Unsere Net Cash Situation ist gut, unsere Finanzierungskraft exzellent. Als Marktführer und europaweit größter Fotofinisher prüfen wir permanent sich bietende M&A-Optionen. Seit Gründung des Unternehmens hat CEWE über 40 Akquisitionen erfolgreich durchgeführt, ist immer organisch wie anorganisch gewachsen. Das wird auch so bleiben. Daneben haben wir immer mit Aktienrückkäufen in das eigene Unternehmen investiert. Dabei halten wir es mit Warren Buffett: Fällt der Kurs, kaufen wir im Rahmen der Safe-Harbour-Regelungen verstärkt zurück; steigt der Kurs, reduzieren wir unser Engagement. So profitieren nicht zuletzt auch unsere Investoren und Aktionäre.
Frau Rostock, ganz herzlichen Dank an Sie für das Update aus erster Hand!
Das Interview führte Falko Bozicevic.
ZUR INTERVIEWPARTNERIN
Yvonne Rostock ist seit 2023 CEO und trägt die Gesamtverantwortung für den Vertrieb der CEWE-Gruppe. Rostock arbeitete zuvor fast zwei Jahrzehnte in mehreren Managementfunktionen bei Coty und L’Oreal. Ihre Karriere hatte sie 1998 bei Henkel begonnen.
Autor/Autorin
Falko Bozicevic
Falko Bozicevic ist Mitglied des Redaktionsteams des GoingPublic Magazins sowie verantwortlich für das Portal BondGuide.