Bildnachweis: AdobeStock_airdone.

Dieser Artikel ist Teil des neuen Going Public 1/2025, welches vor kurzem erschienen ist.

 

Die Emittenten aus dem Prime Standard (dazu gehören unter anderem DAX, MDAX und SDAX) veröffentlichten im ­abgelaufenen Jahr 137 Ad-hoc-Meldungen mit den Schlagwörtern „Prognoseänderung“ oder „Gewinnwarnung“. Diese Zahl liegt in etwa auf dem Niveau des Vorjahres (142). Allerdings hat sich die Stimmung gedreht: Bei 70% der ­Anpassungen wurde die Messlatte herabgesetzt. Von Knut Wichering

Überwogen 2023 noch die Anhebungen der Planzahlen, so sorgten die Neuberechnungen der Unternehmen im abgelaufenen Jahr in der Mehrzahl für Ernüchterung bei den Anlegern. Im gesamten Prime Standard wurde bei 70% der Anpassungen die Messlatte herabgesetzt. Dies geht aus einer Auswertung der EQS Group hervor, deren weltweites Newswire über 90% der Emittenten aus dem Prime Standard für die Erfüllung ihrer Meldepflichten nutzen.

Insgesamt wurden 2024 im Prime Standard 744 Ad-hoc-Meldungen mit potenziell kursbeeinflussenden Tatsachen distribuiert. Das sind 26 weniger als im Vorjahr – angesichts der etwas geringeren Anzahl an Emittenten bewegten sich die durchschnittlichen Veröffentlichungen pro ­Unternehmen mit 2,68 jedoch fast auf dem Vorjahresniveau (2,78). Auch mit Blick auf die einzelnen Indizes gab es nur geringe Verschiebungen: DAX 2,53 statt 2,25, MDAX 2,06 statt 2,02 und SDAX 2,5 statt 2,64.

Prognosen: nur jede 4. Anpassung positiv

Im DAX korrigierten 2024 gerade einmal zehn Unternehmen ihre Jahresziele. Im Vorjahr waren es noch fast doppelt so viele. Das führte dazu, dass zwar nur sechs Emittenten und damit zwei weniger als im Vorjahr ihre Planzahlen nach unten ­anpassten. Allerdings standen den ­Prognosesenkungen von Daimler Truck Holding, Deutsche Post, Mercedes-Benz Group, Porsche Automobil Holding, ­Sartorius und Volkswagen auch nur vier Prognoseanhebungen (adidas, Fresenius SE, Henkel und Zalando) gegenüber – ­sieben weniger als 2023.

Noch negativer fällt allerdings die ­Bilanz in den anderen Indizes des Prime Standards aus: Im MDAX wurden bei 25 Anpassungen gleich 17-mal die Ziele gesenkt und im SDAX sogar 28-mal bei 37 Prognoseänderungen. Damit führten im gesamten Prime Standard gerade einmal 30% der Neu­berechnungen zu höheren Jahreszielen.

Top-Schlagwörter: Prognosen, Personalien, Aktienrückkäufe

Die Schlagwörter „Prognoseänderung“ bzw. „Gewinnwarnung“ wurden damit beim Versand von Ad-hoc-Meldungen mit großem Abstand am häufigsten gewählt. Dahinter folgten die Personalien, die ­Inhalt von 74 Insiderinformationen waren, sowie die Kennzeichnungen „Prognose“ (67), „Aktienrückkauf“ (52) und „Fusionen & Übernahmen“ (36). Eine kleine Anmerkung dazu: Die Emittenten wählten oftmals mehrere Schlagwörter aus, sodass es vor allem bei „Prognoseänderung“ und „Prognose“ zu Überschneidungen kam.

De- und Downlistings: Rückgang um 1,4%

Der Prime Standard setzte seinen Schrumpfungsprozess im abgelaufenen Jahr fort und verkleinerte sich im Saldo von 277 auf 273 Unternehmen. Der Negativtrend hat sich damit jedoch abgeschwächt, nachdem das stark regulierte Segment im Jahr 2023 noch 7,3% seiner Mitglieder verloren hatte. 13 Unternehmen haben sich 2024 aus dem Prime Standard verabschiedet, darunter bekannte Namen wie Software AG, Telefónica Deutschland Holding AG und MorphoSys AG. Gründe neben den Delistings (unter anderem auch CropEnergies AG, SYNLAB, Vitesco Technologies und DFV Deutsche Familienversicherung) waren zudem die Wechsel von Artnet und creditshelf in den weniger stark regulierten General Standard.

Quelle: EQS Group

Demgegenüber standen die Börsengänge von Douglas, Pentixapharm Holding, RENK Group und Springer Nature. Zudem gab es Uplistings von Eleving Group, Formycon, KSB SE, SMT Scharf und TUI AG, die zuvor an anderen Börsen oder in anderen Marktsegmenten gelistet waren.

Am Wochenende haben die IR-Verantwortlichen „Sendepause“

Erstmals wurden bei der Auswertung der
Ad-hoc-Meldungen im Prime Standard auch der Zeitpunkt der Veröffentlichung innerhalb der Woche unter die Lupe ­genommen. Dabei ist eine relative Gleichverteilung – mit einer leichten Abweichung nach oben am Dienstag – über die ersten vier Arbeitstage der Woche (Montag bis Donnerstag) zu beobachten. Am Freitag sinkt dann die Zahl der Insider­informationen, bevor es am Wochenende ganz ruhig wird: Nur 3% aller Meldungen wurden an einem Samstag oder Sonntag veröffentlicht.

Beim Blick auf die Uhrzeit fällt auf, dass überdurchschnittlich viele Insiderinformationen nach dem Ende des Xetra-Handels veröffentlicht werden. Wie in früheren ­Jahren wurden in den beiden Stunden vor Start des Xetra-Handels (7:00 bis 9:00 Uhr) jeweils mehr Ad-hoc-Mitteilungen herausgegeben als in der ersten Handelsstunde; allerdings haben sich diese Werte mittlerweile stark angenähert.

Fazit

Insgesamt betrachtet war das Ad-hoc-­Geschehen 2024 „business as usual“, was Zahl, Häufigkeit, Zeitpunkt und weitere ­Parameter angeht. Allerdings verschlechterte sich das Sentiment überaus deutlich, da 70% der Prognoseänderungen negativ ausfielen.

*) In der Auswertung sind auch folgende fünf Unternehmen enthalten, die im General Standard gelistet sind, zugleich aber einem Auswahlindex angehören: Porsche Automobil Holding SE (DAX), Deutsche Wohnen SE (MDAX), Adtran Networks SE, Energiekontor AG und Sto SE & Co. KGaA (alle SDAX). Im Jahr 2023 wurden sieben General-Standard-Emittenten berücksichtigt, die im damaligen Betrachtungszeitraum einem Auswahlindex angehörten. Quelle: Recherche EQS Group

Autor/Autorin

Knut Wichering

Knut Wichering unterstützt als Leiter der Niederlassung Hamburg die IR-Kunden der EQS Group AG bei der Erfüllung ihrer Publi­kationspflichten.