Bildnachweis: © Martin Joppen, Deutsche Börse AG.
Notified ist seit 1. Oktober mit GlobeNewswire zurück im deutschen Markt für Pflichtmitteilungen. Laut Chief Product Officer Erik Carlson steht nun eine innovative und umfassende Lösung für Pflichtmitteilungen, speziell entwickelt für den deutschen Markt, bereit (siehe Interview).
Notified ist in Sachen Ad-hoc-Service kein Neuling in Deutschland. Bis 2018 hatte es eine ähnliche Plattform gegeben, die aber aufgrund anderer Prioritäten und komplexer Anforderungen von BaFin oder Unternehmensregister zurückgezogen wurde. Das aktuelle Angebot sei nun breit gefächert, wie das Unternehmen schon beim Markteintritt Ende September mitteilte. Auch nicht-regulatorische Pressemitteilungen könnten über die Plattform auf einfache Art verbreitet werden. Abgerundet wird die Palette der IR-Angebote durch Webcasts für Hauptversammlungen und Events sowie Website-Hosting bis hin zum Kontaktmanagement samt umfassender Analysewerkzeuge und Medienmonitoring.
Eigentümer und Historie
Blickt man in die Historie von Angebot und Anbieter, wird es kompliziert: Das norwegische Unternehmen Hugin startete anno 1995 mit Finanzberichten börsennotierter Unternehmen auf CDs und erweiterte das Angebot bereits 2001 mit einem Ad-hoc-Publizitäts-Service. 2007 erwarb Euronext die Gruppe, zwei Jahre später wurde sie an Thomson Reuters weitergereicht. 2014 übernahm dann die Nasdaq die Nachrichtenagentur, um mit Anbietern aus anderen internationalen Märkten eine technische Plattform zu entwickeln – heute bekannt als GlobeNewswire. Besitzer dieses Nachrichtentools ist Notified, ein weltweit führendes Kommunikationsunternehmen für Public- und Investor Relations, heute im Eigentum des Private-Equity-Unternehmens West Technology Group. Diese gehört wiederum zu Apollo Global Management, einem der größten Private-Equity-Häuser der Welt.
Notified-Angebot in Deutschland
Das global aufgestellte Unternehmen Notified agiert international als Anbieter von Distributionsservices für PR und IR. Seit Oktober gibt es nun auch das erweiterte Angebot in Deutschland: Durch die Erweiterung des „European Regulatory News Service“ entstand eine Lösung zur Ad-hoc-Publizität, damit Insiderinformationen gemäß Art. 17 MAR von deutschen kapitalmarktorientierten Unternehmen rechtssicher, transparent und simultan verbreitet werden können. Nach der EQS Group und dem kleinen österreichischen Dienstleister pressetext ist Notified nach GoingPublic-Informationen derzeit erst der dritte Anbieter im Markt für die Emittenten-Pflichtpublizität.
Internationalität und Innovation
Notified bietet die Verbreitung regulatorischer Nachrichten nach eigenen Angaben in 19 Kapitalmärkten an, davon 17 in Europa. In vielen europäischen Ländern sei man mit den jeweiligen Aufsichtsbehörden verbunden, teilte man beim Markteintritt mit. Ein gutes Beispiel sei Großbritannien – hier ist eine Genehmigung erforderlich, damit News Provider das Geschäft mit den Pflichtmitteilungen überhaupt betreiben dürfen. Dazu wiederum bedarf es eines externen Audits, der Fragen beantwortet wie: Werden sensitive Information entsprechend behandelt? Ist es möglich, Veröffentlichungen zu manipulieren? Sind die Systeme jederzeit zugänglich – und auch sicher? Weiß der Anbieter, wer auf Kundenseite Meldungen publiziert? Auch Penetration-Tests, um Schwachstellen zu finden, seien hier vorgeschrieben. Die Aufsichtsbehörde in Großbritannien fordere solche Präventionsmaßnahmen. In Deutschland gibt es solche formalen Anforderungen nicht – doch der Kunde sollte nach Meinung von Notified von der internationalen Produktentwicklung und entsprechenden Audits in anderen Märkten profitieren.
Fazit
Notified will sich im deutschen Markt innovativ präsentieren und mit Internationalität punkten, nun auch im Markt für Ad-hoc-Publizität. Trotzdem stünden deutschen Kunden auch deutsche Ansprechpartner zur Verfügung. Man darf gespannt sein, ob und wie sich der deutsche Markt für Pflichtmitteilungen börsennotierter Unternehmen verändert, nachdem nun ein dritter Spieler das Parkett betreten hat.
„Investor Relations ist eine zunehmend internationale Aufgabe“
Interview mit Erik Carlson, Chief Product Officer, Notified
GoingPublic: Sie streben in einen Markt in Deutschland, der bislang sozusagen in den Händen eines einzigen Anbieters ist. Warum sollten Unternehmen zu Ihnen wechseln?
Carlson: Wir sind schon lange mit diversen IR- und PR-Services im deutschen Markt aktiv und haben hier zahlreiche Kunden. Von diesen wurden wir immer wieder darauf angesprochen, ob wir nicht unser Angebot um das Verbreiten von Pflichtmitteilungen erweitern könnten. Schließlich hatten wir schon in der Vergangenheit unter der Marke Hugin über viele Jahre ein solches Angebot und bieten auch in 16 anderen europäischen Ländern Regulatory News Distribution an. Das Thema „One-Stop-Shop“, sprich durchgängige, effizientere Prozesse, ist für Kunden ein wichtiges Argument. Weitere Gründe sind die große nationale und internationale Reichweite unserer Verbreitung und nicht zuletzt eine Angebots- und Preisgestaltung, die sich am Bedarf der Emittenten orientiert.
Wie differenziert sich Ihr Service zu den bisherigen Angeboten auf dem deutschen Markt?
Der rechtssichere Veröffentlichungsprozess bei deutschen Börsen, der BaFin und dem Unternehmensregister ist festgeschrieben und läuft daher bei allen Anbietern gleich ab. Den Unterschied macht hier die Kundenorientierung des Angebots. Das beginnt bei der Benutzerfreundlichkeit des Eingabeportals. Dazu gehört auch die europaweite Verbreitung gemäß Marktmissbrauchsverordnung (MAR), bei der wir den Unternehmen eine große und über die Mindestanforderung hinausgehende Sichtbarkeit bieten. In einem immer internationaler werdenden Kapitalmarktumfeld sollte das aus unserer Sicht zum Standard gehören, ohne dass dafür ein Aufpreis fällig wird. Last but not least bezahlen unsere Kunden nur das, was sie tatsächlich brauchen. Sie können sich die Leistungspakete so zusammenstellen, wie es ihren individuellen Anforderungen entspricht. Sie müssen nichts im Paket kaufen, wofür sie eigentlich keine Verwendung haben.
Bestehen Synergieeffekte zu Ihren bisherigen Angeboten?
Ja: Unternehmen können ihre Mitteilungs- und Veröffentlichungspflichten über die gleiche Plattform erfüllen, über die sie auch ihre herkömmlichen Meldungen verbreiten. Dabei können sie gleichzeitig all ihre Kommunikationskanäle von E-Mail über Social Media bis hin zur Unternehmenswebsite und ihre eigenen Verteiler, seien es Investoren-, Medien- oder sonstige Geschäftskontakte, bedienen. Auf der gleichen Plattform können sie sich auch die Resonanzanalyse für ihre Meldungen ansehen.
Ist es für deutsche Unternehmen sinnvoll, einen Anbieter mit internationalem Background zu wählen – im Hinblick auf internationale Börsenplätze?
Investor Relations ist eine zunehmend internationale Aufgabe. Und je größer ein Unternehmen ist, desto globaler ist die für die Emittenten erreichbare Anlegerschaft. Gleichzeitig vollziehen deutsche Unternehmen vermehrt ein IPO an der Nasdaq oder der Euronext. Das Thema Dual Listing gewinnt damit ebenso an Relevanz. Bei aller Globalisierung bestehen doch hinsichtlich Regulierung, aber auch in Bezug auf die Investorenkommunikation noch immer große Unterschiede. Da schadet es sicher nicht, einen Dienstleister zu haben, der über langjährige Erfahrung an den Finanzplätzen in Nordamerika, Europa und Asien verfügt.
Das Interview führte Dr. Sabine Ruh.
ZUM INTERVIEWPARTNER
Erik Carlson ist Chief Operating Officer, arbeitet von New York aus seit fünf Jahren für Notified und verantwortet seit März 2024 die Bereiche Product, Operations und Finance. Carlson war zuvor bei der West Technology Group sowie als Unternehmensberater tätig.
Autor/Autorin
Dr. Sabine Theadora Ruh
Dr. Sabine Theadora Ruh ist freie Wirtschaftsjournalistin und publiziert überwiegend zu den Themenbereichen Finanzen, Mittelstand und Stiftungen.