Bildnachweis: Ottobock.
Zeichnungsfrist ab morgen 30.9.; Bewertung ca. 4 Mrd. EUR; Emissionsvolumen 740 bis 811 Mio. EUR; nur 15% aus Kapitalerhöhung, Votum: zeichnen!
Ottobock hat heute um 7.29 Uhr die Parameter für den geplanten Börsengang veröffentlicht: Aktien der Ottobock SE & Co. KGaA werden in einer Preisspanne von 62 bis 66 EUR je Aktie angeboten werden, die Zeichnungsfrist beginnt am morgigen 30. September und läuft bis 7. Oktober, die Erstnotiz soll am 9.10. erfolgen. Die Preisspanne entspricht einer Marktkapitalisierung von ca. 4,0 bis ca. 4,2 Mrd. EUR und entspricht damit der von GoingPublic geschätzten Bewertung. Das Emissionsvolumen beträgt bis zu 810 Mio. EUR, rund 100 Mio. EUR bzw. 13-15 % – je nach Ausübung der Greenshoe-Option – fließen dem Unternehmen im Rahmen einer Kapitalerhöhung zu.
Ottobock-Börsengang auf der Zielgeraden
Bereits am 15. 9. Hatte die Ottobock SE & Co. KGaA, nach eigenen Angaben „Marktführer im Bereich „Human Bionics“, angekündigt, dass man eine Notierung im regulierten Markt (Prime Standard) der Frankfurter Wertpapierbörse bis Ende des Jahres 2025 anstrebe (www.investors.ottobock.com). Nun ist es soweit: Aus dem Bestand des Eigentümers, der Familie Näder, stammen beim bevorstehenden Börsengang 9,1 Mio. Aktien zuzüglich weiteren 1,6 Mio. Aktien für die Greenshoe-Option. 1,6 Mio. Aktien sollen im Zuge einer Kapitalerhöhung platziert werden. Die Bookbuildingspanne liegt bei 60 bis 66 EUR, der Streubesitz könnte bei Vollplatzierung bei rund 19 % liegen. Der Gesellschaft würden so rund 100 Mio. EUR Kapital zufließen, die u.a. in die Begleichung von Verbindlichkeiten, in Technologieentwicklung sowie in Zukäufe investiert werden könnten. Familie Näder könnte ihre Verbindlichkeiten aus dem Anteilsrückkauf vom Private-Equity-Investor EQT tilgen. BNP PARIBAS, Deutsche Bank und Goldman Sachs agieren als Joint Global Coordinators und Joint Bookrunners. BofA Securities, UBS, Jefferies und UniCredit treten als weitere Joint Bookrunner auf. Die COMMERZBANK ist als Senior Co-Lead Manager mandatiert, DZ BANK und LBBW als Co-Lead Manager.
Geschäftsmodell und Financials
Ottobock, im Jahre 1919 gegründet, bezeichnet sich heute selbst als globalen MedTech Champion für individuelle Orthesen und Prothesen (O&P). Firmen-Hauptsitz ist das niedersächsische Duderstadt, weltweit ist man in 45 Ländern aktiv und beschäftigt rund 9.300 Mitarbeiter. Ottobock betreibt nach eigenen Angaben das größte internationale Patientenversorgungsnetzwerk mit rund 400 Patientenversorgungszentren, in denen jährlich über 650.000 Menschen versorgt werden.
Im Jahr 2024 erzielte Ottobock im Kerngeschäft einen Umsatz in Höhe von 1,43 Mrd. EUR. Das angegebene „Underlying EBITDA“ – damit ist ein um außerordentlichen Posten umfassende Aufwendungen und Erträge im Zusammenhang mit Akquisitionen, Veräußerungen, Restrukturierungsmaßnahmen und größeren Unternehmensprojekten innerhalb der Gruppe gemeint – kann sich mit 321 Mio. EUR und einer entsprechenden Marge von 22,4 % sehen lassen. Das „durchschnittliche organische Umsatzwachstum im Kerngeschäft“ gibt Ottobock für die Jahre 2022 bis 2024 mit 11,2 % an. Im ersten Halbjahr 2025 verzeichnete Ottobock nach eigenen Angaben ein Umsatzwachstum im Kerngeschäft von 14,1 % auf 760 Mio. EUR (1. Halbjahr 2024: 666 Mio. EUR) bei einem organischen Umsatzwachstum (im Kerngeschäft) von 10,9%. Gleichzeitig stieg das Underlying EBITDA im Kerngeschäft um 32,9% auf 175 Mio. EUR (1. Halbjahr 2024: 132 Mio. EUR), während die Underlying EBITDA Marge im Kerngeschäft im Vergleich zum Vorjahr um 3,3 Prozentpunkte auf 23,1% (1. Halbjahr 2024: 19,8%) stieg.
Auf den ersten Blick attraktive Bewertung
In dem GoingPublic vorliegenden Analysten-Report wird von einem Gesamtumsatz von 1,68 bis 1,73 Mrd. EUR ausgegangen für 2025, davon sollen 1,58 bis 1,63 Mrd. EUR „Kerngeschäft“ sein. Ferner wird das bereinigte EBITDA („Underlying EBITDA“) auf 400-420 Mio. EUR geschätzt. Daraus errechnet sich angesichts der angestrebten Market Cap ein EBITDA-Multiple von 9,5 bis 10,5, was für ein zweistellig wachsendes Medizintechnikunternehmen günstig erscheint. Kleine Fragezeichen sollte man hinter die vielen Bereinigungen machen. Veröffentlicht wurde ein „Underlying EBITDA“, in der schon sehr viele Posten herausgerechnet werden; die genauen Umfänge sind nicht bekannt. Darüber hinaus wurde nur ein EBITDA des „Kerngeschäfts“ veröffentlicht. Es wird in der Fußnote darauf verwiesen, dass hier zum Beispiel Ergebnisse noch abzuspaltender Unternehmenseinheiten nicht enthalten sind.
Kühne und Smallcap World Fund garantieren 1/3 der Emission
Interessantes Detail des Börsenkonzepts von Ottobock: Die Kühne Holding sowie der SMALLCAP World Fund geben Commitments von 125 respektive 115 Mio. EUR (Summe 240 Mio. EUR) für die Zeichnung von Aktien. Damit ist rund 1/3 der Emission bereits durch diese beiden Investorengruppen garantiert.
Fazit
Jahre, wenn nicht Jahrzehnte hat der Kapitalmarkt auf die Ottobock-Aktie gewartet. Schon in den 2000er Jahren tauchte der niedersächsische Medtech-Champion in den IPO-Geflüster-Rennlisten auf. Ein erster Blick auf das Pricing sowie das Emissionskonzept lassen eine erfolgreiche Transaktion erwarten. GoingPublic drückt dem Management-Team um CEO Oliver Jakobi und CFO Arne Kreitz sowie der Gründerfamilie mit Prof. Hans Georg Näder die Daumen, dass es klappt mit dem Börsengang und der vollumfänglichen Aktienplatzierung. Wir hätten uns mehr Kapitalerhöhung gewünscht und weniger Umplatzierung, aber das kann ja im Laufe der Börsennotiz noch kommen. Daumen hoch, diese Aktie kann man zeichnen. Commerzbank, DZ Bank (Volks- und Raiffeisenbanken) und LBBW im Konsortium versprechen eine gewisse Wahrscheinlichkeit, dass man auch als Privatanleger mit einer Zeichnung zum Zuge kommt.
Autor/Autorin
Markus Rieger ist Gründer und Vorstand der GoingPublic Media AG. Als „Brückenbauer“ zwischen Unternehmen und Investoren ist er gelegentlich auch als Autor von Analysen und Beiträgen tätig.