Das Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) wird das beherrschende Thema im Hauptversammlungsjahr 2019 sein. Bevor die EU-Vorgaben am 10. Juni in deutsches Recht übergehen, dürfte im Detail noch mal daran gefeilt werden. Spannend wird sein, wie verschiedene Aktionärsgruppen sich insbesondere beim Thema Vorstands- und Aufsichtsratsvergütung verhalten werden.

Diskrepanzen in Abstimmungsregeln

Derartige Diskrepanzen zeigen sich nach Erkenntnissen von Link Market Services beispielsweise beim Thema der Rückvergütung von bereits gewährtem Gehalt bei einem Verstoß des Vorstandes. Während ISS und Glass Lewis diese sogenannten Clawback-Regelungen als Bestandteil der Vergütungspolitik erwarten, setzen BlackRock, Fidelity und Vanguard dieses Element nicht für eine Zustimmung ihrerseits voraus. Ähnlich geht die Schere beim Thema diskretionäre Vergütungselemente auseinander, also bei Vergütungsbestandteilen, die dem Ermessen unterliegen. ISS und Glass Lewis lehnen derartige Vergütungselemente ab, BlackRock befürwortet sie. Fidelity verlangt in diesem Punkt eine Begründung, Vanguard enthält sich einer Stellungnahme.

Darüber hinaus könnten unterschiedliche Auffassungen zum Verhältnis zwischen fixen und variablen Vergütungsbestandteilen,
zur Ausgestaltung von Aktienprogrammen oder unterschiedliche Sichtweisen zur Bedeutung von CSR- und Nachhaltigkeitselementen in der Vergütungspolitik Konflikte erzeugen.

Bereits jetzt zeichnet sich zudem ab, dass nicht so sehr der Unterschied in der Vergütung von Vorstand und dem Gros der Mitarbeiter im Fokus stehen dürfte, sondern die Entwicklung dieser Relation. Wenn also das Gehalt des Topmanagements über mehrere Jahre signifikant stärker steigt als das der Belegschaft, dürfte so mancher Großaktionär Einspruch erheben.

Und wie sehen die Vereinigungen der Aktionärsvertreter das Vergütungsthema? Die SdK Schutzgemeinschaft der Kleinaktionäre
pocht auf ein „angemessenes Verhältnis“ zwischen fixen und variablen Vergütungsbestandteilen, was einer Relation von etwa 70 zu 30 entsprechen würde. Die Bemessungsgrundlage sollte auf mehrere Jahre angelegt und die Parameter der Bewertung offen kommuniziert werden.

Die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) legt ihrerseits Wert darauf, dass die Gesamtvergütung einzelner
Vorstandsmitglieder „die übliche Vergütung“ ohne das Vorliegen besonderer Gründe nicht übersteigt und die Bemessungsgrundlage „ausreichend nachhaltig ausgestaltet“ ist. Zudem müsse die Vergütung „vertikal und horizontal“ angemessen sein, darüber hinaus solle das Vergütungssystem ausreichend verständlich gestaltet werden.

HV-Beschlüsse von Anlegerseite her denken Branchenexperten empfehlen vor diesem Hintergrund, den Inhalt von HV-Beschlüssen zunehmend von den Erwartungen der investierten Anleger her anstatt von Unternehmensseite zu denken. Natürlich sollten die relevanten Stakeholder den Unternehmen bekannt sein, und natürlich sollten die HV-Organisatoren bereits im Vorfeld prüfen, inwieweit die Forderungen der wesentlichen Anteilseigner hinsichtlich Vergütung umgesetzt werden können. Ein intensiver Dialog mit den Investoren und Aktionären ist auf jeden Fall anzuraten.