Wachstumsmarkt USA

Während in den USA zum Ende 2016 mit 287 Mio. EUR im Gegensatz zum Rest der Welt mit 310 Mio. EUR der Umsatzanteil noch unter 50% betrug, wuchs dieser Anteil zum Ende von H1/16 bereits auf 65% an. (263 Mio. EUR zu 435 Mio. EUR). Die USA sind somit der wichtigste Markt für HelloFresh und für das angepeilte Ziel des Managements die klare Marktführerschaft innezuhaben von zentraler Bedeutung.

Konkurrent Blue Apron hatte hier jüngst erst Rückschläge hinnehmen müssen. Blue Apron ist nur in den USA aktiv, weist aber zum H1/2017 mit 943.000 Kunden noch mehr Kunden als HelloFresh aus. Blue Apron konnte bei seinem IPO aufgrund der schwachen Nachfrage lediglich 10 USD pro Aktie realisieren bei einer vorab avisierten Preisspanne von 15 bis 17 USD pro Aktie. Die Bewertung der im Jahr 2012 gegründeten Firma lag beim Börsengang bei 1,9 Mrd. US-Dollar. Aktuell notiert der Kurs gar nur noch bei etwa 5 USD.

Während Blue Apron beim Umsatzwachstum 2016 mit 133% auf 675 Mio. EUR gegenüber 96% Mio. EUR auf 597 Mio. EUR bei HelloFresh noch vorne lag, wuchs der US-Anbieter in Q2/2017 lediglich noch um 18%, während HelloFresh um 53% wachsen konnte. Die Verluste seitens Blue Apron sind ebenfalls stark gestiegen, und dabei hat das Unternehmen in Q1/2016 noch einen Gewinn von 3 Mio. USD ausgewiesen. Im Gegensatz zu den ca. 5300 Angestellten bei Blue Apron hat HelloFresh auch deutlich weniger Personal. Somit dürfte HelloFresh auf seinem wichtigsten Markt derzeit klar im Vorteil sein, die jüngst erfolgten veränderten Relationen zwischen beiden Unternehmen zeigt aber wie rasch sich die Marktanteile hier verschieben können.

Wettbewerber Amazon im Anmarsch

Für den Erfolg im Megamarkt USA wird es auch entscheidend werden, wie sich HelloFresh gegen die aufkommende Konkurrenz z.B. von Online-Gigant Amazon positionieren wird. Dieser hatte erst vor kurzem die Biosupermarkt-Kette Whole Foods gekauft und sich seine eigene Marke für ein Kochboxen-Angebot eintragen lassen. Zwei Monate nach dem US-Start ist der Handelsgigant Anfang Mai auch in Deutschland mit seinem Lebensmittel-Lieferdienst Amazon Fresh gestartet und hat sich ebenso eine Marke für Fertiggerichte schützen lassen.

Neben Marley Spoon und der Lidl-Tochter Kochzauber erwächst für HelloFresh als auch hierzulande weitere Konkurrenz. Das Unternehmen will sich davon aber nicht beeindrucken lassen und sich durch die Konzentration auf seine Stärken durchsetzen. Das Management betont, dass vor allem der Aufbau von Technik und Logistik extrem schwer sei, um eine gesunde Margenstruktur bei hohen Volumen generieren zu können.

Fazit

Mit einer angepeilten Marktkapitalisierung HelloFreshs von etwa 1,5 Mrd. EUR bis zu max. knapp 1,9 Mrd. EUR wurden gegenüber der Finanzierungsrunde im Dezember 2016 mit einer Bewertung von 2 Mrd. EUR schon Zugeständnisse gegenüber potentiellen Investoren gemacht. HelloFresh wurde zuvor mit 2,6 Mrd. EUR taxiert. Die Berliner würden damit in etwa mit dem doppelten seines 2017 erwarteten Umsatzes bewertet, während z.B. bei Blue Apron die Relation aktuell bereits etwas unter 1 ausfällt. Wie erwähnt, ist dieser Vergleich angesichts des derzeitigen starken Wachstums von HelloFresh auch kaum zulässig. Zudem ist die Verfassung am Aktienmarkt ausgesprochen gut. So hat kürzlich auch der britischen Menü-Anbieter Bakkavor seine Börsengangpläne für den November angekündigt. Dessen Börsenbewertung soll auf ca. 1,7 Mrd. EUR bei einem Umsatz von 2 Mrd. EUR und einem EBIT von 71 Mio. EUR zum Ende 2016. Die Chancen auf ein erfolgreiches Börsendebüt von HelloFresh sind durchaus gegeben.

Andererseits erzielt HelloFresh nach wie vor Verluste und der derzeitige Aufwärtstrend bei den Margen muss angesichts der Marktfragilität in Bezug auf den Eintritt neuer Wettbewerber so nicht zwingend weiterlaufen. HelloFresh investiert nach wie vor massiv ins Marketing – im ersten Halbjahr 2017 wurden dafür 123 Mio. EUR ausgegeben, also etwa 29% vom Umsatz. Blue Apron z.B. weist hier nur eine Quote von 14% auf. Den in etwa erwarteten Verlust von 110 Mio. EUR zum Jahresende könnte HelloFresh  mit seinen aktuell 113 Mio. Barkapital nur gut ein Jahr abdecken.

Wenn also HelloFresh die per Börsengang eingesammelten Mittel in weiter ansteigende Kundenzahlen münden lassen kann, sollte es sich mittelfristig gut am Kapitalmarkt positionieren können. Das größte Risiko bleibt aufgrund niedriger Eintrittsbarrieren die Möglichkeit des Markteintritts neuer Wettbewerber.

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