Bildnachweis: Rocket Internet.

Wenige Monate nach dem eigenen De-Listing an der Frankfurter Wertpapierbörse legt der Berliner Start-up-Investor Rocket Internet eine SPAC auf – eine Mantelgesellschaft, über die ein vielversprechendes Tech-Unternehmen an die Börse gebracht werden soll. Der Prospekt zum Börsengang in New York wurde bereits bei der US-Börsenaufsicht SEC eingereicht.

Diese SPAC, die Rocket Internet Growth Opportunities, hat ihren Sitz auf den Kaimaninseln. Die Gesellschaft will bis zu 287,5 Mio. USD einsammeln, mit Aktien für je 10 USD. Rocket selbst hält 20% der SPAC-Aktien. Rocket-Chef Oliver Samer ist Verwaltungsratschef, Vorstandsmitglied Soheil Mirpour soll die SPAC führen. Das IPO wird von der Citigroup begleitet.

24 Monate hat die SPAC Zeit, ein Target zu kaufen. Samwer schwebt laut Medienberichten ein Tech-Unternehmen vor, das vom Boom im Bereich Digitalisierung profitiert – im Idealfall nicht aus den USA. Ein solches Start-up könnte ein Internet-Marktplatz sein, ein Fintech oder eine E-Commerce-Plattform. Die Aktionäre der Mantelgesellschaft müssen der Übernahme zustimmen.

Mit dem Auflegen einer SPAC springt Samwer auf den aktuell wohl größten Trend in der Kapitalmarktwelt auf. Die USA haben im vergangenen Jahr einen wahren SPAC-Boom verzeichnet. Die Mantelgesellschaft ist attraktiv – sie bietet den Zugang zum Kapitalmarkt ohne ein langwieriges und kostenintensives IPO. Erfolg oder Scheitern der SPAC hängen laut Experten in hohem Maß vom Management-Team und dessen Reputation ab.

Nun ist Samwer unbestreitbar einer der erfolgreichsten Start-up-Investoren Deutschlands. Er hat mit Rocket Internet eine Reihe von jungen Unternehmen zu Börsenkandidaten entwickelt: Hellofresh, Zalando, Westwing oder Delivery Hero. Auf diese Erfahrung verweist die SPAC in ihrem Prospekt ausdrücklich.

Allerdings ist Samwer nicht unumstritten. Das De-Listing von Rocket Internet vor einigen Monaten hat dem Unternehmen Kritik von Aktionärsschützern eingebracht. Als Rocket Internet an die Börse ging, lag der Ausgabepreis der Aktien bei 42,50 EUR. Das Rückkaufsangebot zum De-Listing lag bei lediglich 18,57 EUR. Der Vorwurf: Samwer kauft sein Unternehmen zum Billig-Preis zurück.

Daniel Bauer, Vorstandsvorsitzender der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, sieht denn auch mit der SPAC nur diese frühere Vermutung bestätigt: „Die Ankündigung widerspricht den Aussagen, die Oliver Samwer rund um das De-Listing getroffen hat.“ Der Rocket-Chef hatte den Rückzug von der Börse damit begründet, dass auch abseits des Kapitalmarktes inzwischen hinreichend Finanzierungsmöglichkeiten bestünden. Bauer: „Es ist völlig konträr zu dieser Aussage, jetzt wieder die Kleinanleger anzupumpen. Es spricht vieles dafür, dass mit dem Rückzug im vergangenen Jahr nur schnell Geld gemacht werden sollte.“

Holger Hinz, Leiter Corporate Finance bei der Quirin Privatbank, hingegen sieht in De-Listing und SPAC-Ankündigung lediglich die Fortführung des bisherigen Rocket Internet-Kurses: „Oliver Samwer geht immer dorthin, wo das Geld ist.“ Als einer der ersten deutschen SPAC-Provider versuche er nun eben, den US-Markt zu erschließen, weil dort die nötige Liquidität vorhanden sei. Ein Widerspruch zum De-Listing sei das nicht, schließlich gehe ja nicht Rocket Internet selbst in den USA an die Börse. „Warum sollte Samwer die Möglichkeit nicht nutzen“, fragt Hinz.

Rocket Internet selbst hat sich bisher nicht zu den Nachfragen von goingpublic.de rund um die SPAC geäußert.

Autor/Autorin

GoingPublic Redaktion / iab