Jüngste Statistiken etwa vom Deutschen Aktieninstitut (DAI) nähren die Zuversicht, dass sich wieder größere Teile der Bevölkerung für die Investition in den Aktienmarkt interessieren, was in jeder Hinsicht begrüßenswert ist. Vor diesem Hintergrund sind aktuelle Signale aus der Politik zu drastischen Verschärfungen der Besteuerung von Geldanlagen fast schon alarmierend. Von Roger Peeters

Es tut sich etwas in Deutschland, dem Land der Aktienmuffel. Gemessen an den jüngst für 2018 vorgelegten Zahlen des DAI hat sich die Anzahl derjenigen, die sich für eine Geldanlage in Aktien entschieden haben, deutlich erhöht: Mit einem Plus von rund 0,3 Mio. auf nunmehr 10,3 Mio. direkte und indirekte Aktionäre wurde der höchste Stand seit 2007 erreicht. Dabei war es ganz wesentlich die indirekte Anlage über Fonds, die starken Zulauf bekam.

Diese Entwicklung ist zu begrüßen. Einerseits, weil Zinsanlagen vor dem Hintergrund der dominierenden Notenbankpolitik unverändert problematisch sind. Andererseits bietet die Partizipation am Produktivvermögen der Volkswirtschaft eine hervorragende Gelegenheit, dass es nicht zu einem Gegeneinander, sondern sogar zu einem Miteinander von Kapital und Bevölkerung kommt. Die Bürger können als Aktionäre Einfluss auf Unternehmen nehmen und partizipieren an der Wertschöpfung der Firmen, was alleine vor dem demografischen Hintergrund in puncto Altersvorsorge geboten ist.

Es ist erfreulich, dass das Interesse trotz eines schweren Börsenjahrs gewachsen ist, und es wäre wünschenswert, wenn dieser Weg weiter beschritten wird und in der Politik vermehrt Zuspruch findet. Doch leider kommen aus dieser Richtung in letzter Zeit sehr bedenkliche Signale – gerade, was das sensible Thema Besteuerung betrifft.

Gefährliche Pläne

Auffallend sind etwa die jüngsten Verlautbarungen über eine Abschaffung der Abgeltungssteuer. Dies ist zwar schon länger im Gespräch, doch enthielt der Koalitionsvertrag der momentan regierenden Parteien das Vorhaben, die Abgeltungssteuer (zugunsten i.d.R. höherer individueller Steuersätze) nur auf Zinserträge abzuschaffen. Nun stehen auch Einkünfte etwa aus Dividenden zur Diskussion, was in der Tat schlicht ungerecht wäre – denn anders als bei Zinsen geht es hier um bereits versteuerte Gewinne. Der Aktionär als Miteigentümer des Unternehmens würde also zweimal zur Kasse gebeten.

Auch die immer wieder aufkommenden Diskussionen über eine mögliche Wiedereinführung der bereits 1991 (im Rahmen des ersten Finanzmarktförderungsgesetzes) aus gutem Grunde abgeschafften Strafsteuer für Wertpapierhandel ist ein Spiel mit dem Feuer. Beispiele wie die zwischenzeitliche Einführung in Schweden zeigen, dass die Steuer in der Realität oftmals deutlich weniger Einnahmen für den Fiskus bringt als erhofft, während die Handelsumsätze kollabieren. Dass die momentanen Gedankenspiele noch reichlich groteske Ausprägungen beinhalten, etwa (Straf-)Steuern auf Aktien, nicht aber auf Derivate, oder auch (Straf-)Steuern auf deutsche oder europäische Werte, nicht aber auf Firmen aus Übersee, macht die Sachlage gewiss nicht besser.

Die sicher beste Lösung wäre es, wenn der Staat auch vor dem Hintergrund, dass die öffentlichen Versorgungssysteme augenscheinliche Schwächen haben – nicht zuletzt durch den demografischen Wandel –, die private Vorsorge in Aktienanlagen nicht nur toleriert (also nicht bestraft), sondern sogar fördert. Dann würde sich wahrscheinlich noch weit mehr als ein Bruchteil der Bevölkerung für diesen Weg entscheiden – und die Politik müsste sich als angenehmen Nebeneffekt vielleicht auch weniger Gedanken machen, dass viele deutsche Firmen (zu sehr) in ausländischen Besitz gelangen.

ZUM AUTOR

Roger Peeters ist geschäftsführender Gesellschafter von pfp Advisory und steuert mit seinem Partner Christoph Frank den Aktienfonds DWS Concept Platow. Weiterhin ist Peeters ehrenamtliches Vorstandsmitglied des Verbands für Investment Professionals, DVFA.

Roger Peeters


Dieser Artikel ist eine Vorabveröffentlichung des GoingPublic Magazins (die nächste Ausgabe erscheint am 6.April)