Neben den Kurven zum Impfstatus der Bevölkerung oder den Inzidenzwerten gibt es auch andere Kurven, die noch immer mit einem „Corona-Effekt“ betrachtet werden können: an der Börse. Die aktuellen Quartalsmeldungen geben dort wieder einen Einblick und kündigen auch dort eine Trendverschiebung zwischen Testung und Impfstoffverabreichung an.

Quartalszahlen bei Qiagen – einen Gang zurückschalten

Die Hildener Diagnose-Champions von Qiagen beispielsweise vermelden, das die Corona-Sonderkonjunktur wohl schneller abflaut als zunächst gedacht, und ändern sogar ihre eigene Umsatzprognose. Nicht, dass sie nun plötzlich gar nichts mehr verkaufen, nein, es gäbe nur ein „verlangsamtes Wachstum“. In konkreten Zahlen heißt das, dass der Umsatz 2021 wechselkursbereinigt um mindestens zwölf Prozent zulegen werde, erklärte der Hersteller von Corona-Tests. Bisher hatte Qiagen jedoch mit 18 bis 20 Prozent Zuwachs gerechnet. Der bereinigte Gewinn je Aktie soll bei mindestens 2,42 Dollar je Aktie liegen; bisher hatte Qiagen eine Obergrenze von 2,46 Dollar gesetzt. Wie „verwöhnt“ man vom Corona-Effekt schon gedanklich in manchen Unternehmen ist, zeigt das kleine Wörtchen „nur“ beim Hinweis von Qiagen, dass „der Umsatz währungsbereinigt nur noch um 24 Prozent auf 567,3 Millionen Dollar“ gestiegen sei. Verständlich, denn zum Jahresbeginn war er noch um mehr als die Hälfte gen Norden geeilt. Dennoch sei der Zuwachs aber immer noch höher als erwartet, betonte Qiagen. Diese also gar nicht gerade schlechten Zahlen beim Umsatz lesen sich auch beim Gewinn je Aktie deutlich positiv: Der Gewinn sei im zweiten Quartal um 21 Prozent auf 66 bis 67 Cent je Aktie gestiegen; erwartet hatte Qiagen nur 62 bis 64 Cent. Für das folgende dritte Quartal ist das Unternehmen nun etwas vorsichtiger und kalkuliert durch den Anstieg der Impfquote das weitere Abflachen der Testungen ein. So werde demnach der Umsatz auf dem Vorjahresniveau von 483,3 Millionen Dollar verharren, der Gewinn je Aktie werde wohl auf 52 bis 53 (2020: 58) Cent schrumpfen.

Gerresheimer Glas – solange geimpft wird mit Vollgas dabei

Ganz anders liest sich der Quartalsbericht der zu Qiagen in Düsseldorf benachbarten Glasfirma Gerresheimer, oder ist etwa nur die Schlagzeile freundlicher? Gerresheimer hat laut den vorläufigen Zahlen für das 2. Quartal zufolge organisch einen Umsatzanstieg um 7,5 Prozent auf 377 Millionen Euro erzielt. „Insbesondere im Bereich pharmazeutischer Primärverpackungen aus Kunststoff wie auch im Spritzengeschäft konnte das Unternehmen deutlich an Umsatz zulegen”, schreibt das Unternehmen.
Im Kerngeschäft erzielte man einen operativen Gewinn auf Basis des EBITDA von 85 Millionen Euro, ein Plus von 3,1 Prozent. Je Gerresheimer Aktie ist der Gewinn um mehr als 19 Prozent auf 1,28 Euro gestiegen. „Im zweiten Quartal haben wir unsere Stärke gezeigt. Vorfüllbare Spritzen und weitere High Value Solutions wie Lösungen für Biotech-Medikamente sind die wichtigsten Treiber. Die Auslieferung von Injektionsfläschchen läuft wie geplant. Wir erwarten ein gutes zweites Halbjahr und bestätigen unsere Prognose für 2021”, sagt Dietmar Siemssen, CEO der Gerresheimer AG.
Für das Gesamtjahr 2021 stellt die Gesellschaft ein Umsatzwachstum im mittleren einstelligen Prozentbereich, eine Adjusted EBITDA-Marge zwischen 22 und 23 Prozent sowie eine Steigerung des bereinigten Ergebnisses je Aktie um rund 10 Prozent in Aussicht.

Man vergleiche also einmal, was die vorsichtige „Senkung der Umsatzprognose“ bei einer durchaus weiterhin erfreulichen zu erwartenden positiven Steigerung dieses Jahresumsatzes im Vergleich zu einer dynamisch vorgetragenen „Bestätigung der Prognose“ auslösen kann. Die konkreten Gesamtjahresergebnisse dürften durchaus in beiden Fällen positiv ausfallen, dennoch kann sich mittelfristig der Trend eher zum Zulieferer des Impfstoff-Sektors wenden, als dass weiterhin die Testung und Diagnose auf der gleichen Welle reiten können wird.

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