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Die digitale Transformation ist auch in der Kommunikation mit den Anlegern voll im Gange. Während die Digitalisierung in den Unternehmensprozessen eigentlich für Entlastung sorgen soll, verursacht sie in vielen Investor-Relations-Abteilungen allerdings bisher eher Mehrarbeit als Erleichterung. Effizient eingesetzt, können digitale Werkzeuge die Wirkkraft von guter IR-Arbeit spürbar verbessern und so nicht nur für zeitliche Entlastung, sondern auch für eine höhere Qualität in der Investorenbeziehung sorgen.
Als gäbe es in den IR-Abteilungen nicht schon genug zu tun, sorgt der Regulierer mit immer weiteren Aufgaben dafür, dass es in den für die Beziehungspflege zu den Kapitalmarktteilnehmern zuständigen Abteilungen nicht langweilig wird. Aktionärsidentifikation, Nachhaltigkeitsberichterstattung, Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD) – das Pflichtenheft wird immer umfangreicher. Da droht die Pflege des direkten Kontakts zu den Aktionären auf der Strecke zu bleiben. Beinahe – denn es gibt ja noch die sozialen Medien, die den lange gesuchten direkten Draht zu den Investoren ermöglichen.
Neben dem obligatorischen E-Mail-Verteiler, der Webseite und dem Intranet können Facebook, Instagram, LinkedIn, Twitter, WhatsApp und sogar Telegram mit Unternehmensmeldungen bedient werden. Da wird zur entscheidenden Frage, auf welchen Kanal man im Zweifel verzichten kann. Schließlich sind gerade bei den kleineren Unternehmen die Ressourcen der IR-Abteilungen mit der steigenden Zahl der Aufgaben und Kommunikationskanäle nicht mitgewachsen.
Die Quelle der Information ist eine Frage der Generation
Zahlreiche IR-Verantwortliche dürften sich die Fragen stellen, was eine Multi-Channel-Verbreitung bringt, wie sie effizient durchgeführt wird und welche Medien dafür eingesetzt werden sollten.
Ob es einem gefällt oder nicht – Anleger erreicht man heute leichter über Social-Media-Plattformen als über die eigene Onlinepräsenz oder klassische Medien(seiten). Dabei sind die Präferenzen in der Mediennutzung sicher auch eine Frage des Alters. Eine im zweiten Halbjahr 2022 durchgeführte (nicht repräsentative) Erhebung von der Fachhochschule St. Pölten und Paradots ergab z.B., dass in der Generation der 18- bis 34-Jährigen 49% der Befragten Aktien auf Empfehlung von Instagram-Finfluencern gekauft haben. 81% der Interviewten gaben an, Social-Media-Accounts von Unternehmen zu folgen, sofern es dort IR-relevante Informationen gebe. Als wichtige Informationsquellen für Anlageentscheidungen wurden Finanzportale und Social-Media-Plattformen vor den IR-Seiten von Unternehmen genannt.
Die erste gute Nachricht lautet, dass es bereits zahlreiche Werkzeuge für digitales Newsroom-Management gibt, welche die Multikanaldistribution von Inhalten erheblich erleichtern. Die zweite gute Nachricht ist, dass die Unternehmen Inhalte auf den von ihnen gefütterten Kanälen selbst bestimmen, somit das Messaging in Ergänzung zur sonstigen Pressecoverage eigenhändig steuern können.
Das veränderte Medienverhalten stellt zudem neue Anforderungen an den Content. Im Kampf um Aufmerksamkeit im Meer der Informationen besitzt das geschriebene Wort allein keine erhebliche Zugkraft. Ohne den Einsatz von Bildern erreicht man in den sozialen Medien wenig; noch zugkräftiger sind Bewegtbilder. Videocasts in unterschiedlichen Formaten eröffnen vielfältige Möglichkeiten für Storytelling. Dieses hilft den Zuschauern beim Verstehen – Informationen können besser verarbeitet werden und bleiben länger im Gedächtnis.
Die Macht bewegter Bilder für eigenen Content nutzen
Dass die Nachfrage nach Bewegtbild in den vergangenen Jahren stark gestiegen ist, lässt sich auch am Aufbau der Social-Media-Plattformen erkennen, die auf ihren Seiten audiovisuellen Inhalten die besten Plätze einräumen. Hier kommt der Wermutstropfen: Für die Kreation eines erfolgversprechenden Videos existiert kein einheitliches Patentrezept. Schon beim Format gibt es je nach Plattform unterschiedliche Anforderungen (16:9, 9:16, 4:5, quadratisch).
Was immer ankommt, ist Entertainment. Aber Hand aufs Herz – die Quartalszahlen lassen sich nicht mit Katzenvideos verkaufen. Außerdem muss die Frage erlaubt sein, ob man den Plattformen zu mehr Traffic verhelfen wollen oder ob man Social Media dafür einspannen möchten, um mehr Aufmerksamkeit auf Ihr Unternehmen zu ziehen.
Die Investor Relations hat letztlich das Ziel, neue Investoren zu finden und bestehende Investoren zu halten. Social Media lässt sich so als Werkzeug der digitalen Leadgenerierung und des digitalen Beziehungsmanagements interpretieren. Man kann die Plattformen nutzen, um die jeweiligen Zielgruppen auf den genutzten Medien anzusprechen. Weckt man mit einem Teaser deren Neugier, kann man sie auf die eigene IR-Präsenz holen und dort mit einem bedarfsgerechten Informationsangebot bedienen. Mit der Kraft des Algorithmus, den richtigen Tags und eingebauter Dynamik der Bündelung von Interessengruppen werden im Idealfall neue Investoren auf ein Unternehmen aufmerksam, welches man bislang nicht auf dem Schirm hatte.
Reichweite erhöhen durch Vielfalt der Präsentationsformate
Die Produktion unterschiedlicher Präsentationsformate vergrößert dabei die Reichweite: Updates und Zahlen sind vor allem für Investoren interessant, die Ihr Unternehmen bereits kennen. Ein kurzer Elevator Pitch hilft neuen Kontakten, in kurzer Zeit zu erkennen, ob das Unternehmen ins Investitionsspektrum passen könnte. Eine ausführliche Präsentation ermöglicht, dieser Frage weiter auf den Grund zu gehen oder ein ausführliches Briefing für ein persönliches Gespräch mit dem Vorstand oder dem IR-Manager anzuberaumen. Für Spezialisten lassen sich bestimmt Themen fokussiert darstellen, z.B. Technologie-, Branchen- oder auch ESG-Aspekte.
Fazit
Die digitale Aufbereitung der Equity Story wird so nicht nur zur Antwort auf das veränderte Informationsverhalten der Zielgruppen. Mit wenig Einsatz lassen sich Medienangebote auf die unterschiedlichen Interessen und Vorkenntnisse der Empfänger zuschneiden. Mithilfe einer virtuellen Roadshow können Unternehmen weltweit und rund um die Uhr um Investoren und dadurch die Reichweite und Qualität ihrer IR-Aktivitäten erhöhen.
Autor/Autorin
Sanjay Oberoi
Sanjay Oberoi hat 25 Jahre Erfahrung am Aktienmarkt und hat in verschiedenen Funktionen wie Portfoliomanager, Aktienanalyst und Aktiensales gearbeitetet, bei Anbietern wie Fidelity Investment, Allianz Global Investor, Union Investment, Kepler Cheuvreux und M.M.Warburg. Im Jahr 2021 gründete er seat11a.com, eine Video-on-Demand-Plattform, die darauf abzielt, institutionellen und anspruchsvollen Investoren ein effektives Informationswerkzeug zur Verfügung zu stellen.