In den letzten Jahren hat die Bedeutung der Außenfinanzierung von Unternehmen durch die Ausgabe von Anleihen zunehmend an Bedeutung gewonnen. Grund hierfür war neben der historisch geringen Eigenkapitalquote der deutschen mittelständischen Unternehmen die abnehmende Versorgung mit Bankdarlehen durch die Geschäftsbanken sowie die zunehmenden Kosten und Bedingungen der Kreditvergabe. Neben den gesellschaftsrechtlichen Vorgaben bzw. den Vorgaben durch das Wertpapierprospektgesetz sind die folgenden technischen Voraussetzungen ein wichtiger Bestandteil bei der Vorbereitung für die Emission einer Anleihe.
Herstellung der Girosammelverwahrfähigkeit
Generell existieren bei deutschen Kreditinstituten drei verschiedene Wertpapierverwahrarten: die Streifbandverwahrung, die Girosammelverwahrung sowie die Verwahrung in Wertpapierrechnung. Wegen der Relevanz im täglichen Effektengeschäft konzentrieren wir uns im Folgenden auf die Girosammelverwahrung. Voraussetzung für die nicht-physische Übertragung von inländischen Wertpapieren ist die sogenannte Girosammelverwahrfähigkeit. Diese kann beim deutschen Zentralverwahrer, der Clearstream Banking AG, einer Tochter der Deutsche Börse AG, durch eine dort zugelassene Bank beantragt werden. Für die Zulassung zur Girosammelverwahrfähigkeit ist neben dem formalen Zulassungsantrag einer Bank die Vergabe einer Wertpapierkennnummer sowie die Vorlage verschiedener unternehmensspezifischer Unterlagen des Emittenten (Satzung, Handelsregisterauszug etc.) obligatorisch. Mit erfolgreicher Zulassung zur Girosammelverwahrung können Wertpapiere im Girowege übertragen werden, was den Aufwand und die Kosten für die Verrechnung bzw. Verbuchung der Wertpapiere deutlich reduziert.
Wertpapierkennnummer (WKN)
Die Wertpapierkennnummer ist eine in Deutschland verwendete sechsstellige Ziffern- und Buchstabenkombination zur eindeutigen Identifizierung von Wertpapieren. Im internationalen Geschäftsverkehr wird diese zwölfstellig erweitert zur sogenannten ISIN (International Securities Identification Number). Alle Wertpapiere, die girosammelverwahrt werden, benötigen eine WKN. Diese wird auf Antrag des Emittenten oder der antragstellenden Bank durch den WM Datenservice vergeben.
Zahlstellenfunktion
Alle Wertpapiere, die in Deutschland zur Girosammelverwahrung zugelassen sind oder an einer Wertpapierbörse notiert werden, benötigen eine Zahl- und Informationsstelle. Die Zahl- und Informationsstelle übernimmt zum einen die komplette Geldverrechnung bei Ausschüttungen oder Fälligkeiten zwischen dem Anleger und der Emittentin und zum anderen die Informationsversorgung des Marktes über gesellschaftliche Ereignisse mit Relevanz für die jeweils verbriefte Wertpapieremission. Diese Funktion kann ebenfalls ausschließlich durch eine Bank mit entsprechender Zulassung ausgeübt werden und stellt die mittelbare Verbindung des Emittenten zum Zentralverwahrer dar. Emittenten können die Zahlstellenfunktion nicht selbst übernehmen, es sei denn, es handelt sich hierbei selbst um ein Finanzinstitut mit Vollbanklizenz. Die Zahlstellenfunktion bezieht sich hierbei auf das Wertpapier, nicht auf den Emittenten. So benötigt ein Emittent, der mehrere Wertpapiere begeben hat, wie z.B. Aktien, Anleihen oder Genussscheine, für jede Gattung eine separate Zahlstellenvereinbarung.
Übertragung
Sobald die auszugebenden Wertpapiere zur Girosammelverwahrfähigkeit zugelassen sind, eine Wertpapierkennnummer zugeteilt bekommen haben sowie die Bestätigung einer Bank zur Übernahme der Zahl- und Informationsstelle vorliegt, können die Wertpapiere an eine andere Bank zur Buchung in ein Wertpapierdepot übertragen werden. Der Zeichner einer Wertpapieremission erhält dann über die begleitende Bank der jeweiligen Emission die gezeichneten Papiere wie bei einem Wertpapierkauf in sein Depotkonto eingebucht. Ein wichtiger Punkt bei der Übertragung von Wertpapieren ist die steuerliche Behandlung der Anschaffungskosten. Mit der Einführung der Abgeltungsteuer zum 01.01.2009 sind gemäß § 43a Abs. 2 EStG bei allen Depotüberträgen die Anschaffungsdaten der zu übertragenden Wertpapiere und auf Antrag auch die Salden der Verlustverrechnungstöpfe an die Empfängerbank weiterzugeben, sofern das Empfängerinstitut ein inländisches Kreditinstitut ist.
Bedingt durch gesetzliche Erfordernisse ist zu beachten, dass Übertragungen von Wertpapieren im Rahmen der Emission einer Anleihe („IBO“) als sogenannte unentgeltliche Depotüberträge ohne Gläubigerwechsel behandelt werden, da diese nach allgemeiner Meinung als das Ergebnis eines Verkaufs aus Emission zu werten sind, der rein technisch über ein Kreditinstitut abgewickelt wird, und für die originäre Einbuchung der Anschaffungsdaten sowie der Verlusttopfdaten beim Empfänger sorgen. Im Ergebnis bekommt der Zeichner bei seiner depotführenden Bank alle notwendigen Details einschließlich der Anschaffungskosten eingebucht, so dass bei einem späteren Verkauf die vollen steuerlichen Verrechnungsmöglichkeiten genutzt werden können.
Fazit
Grundsätzlich kann die Emission eines Wertpapiers durch jedes Finanzinstitut mit Vollbankstatus technisch begleitet werden. Neben den großen (multinational operierenden) Geschäftsbanken haben sich insbesondere im Bereich der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) ebensolche Bankinstitute mit einer Nischenstrategie platzieren können.