Bilanz ziehen für das vergangene Geschäftsjahr: Inzwischen ist es in der Welt der großen und mittelständischen Unternehmen verbreitet, Geschäftsberichte in digitaler Form zu präsentieren. Doch längst nicht alle nutzen die Möglichkeiten, ihren Stakeholdern durch interaktive Elemente, Suchfunktionen und externe Verlinkungen einen Mehrwert gegenüber gedruckten Berichten zu liefern. Dabei geben die Nutzer deutliche Signale, wie sie es gerne hätten.

Die digitale Transformation der Unternehmen zeigt sich auch in der steigenden Tendenz zur digitalen Berichterstattung: Laut einer Untersuchung des Center for Research in Financial Communication in Zusammenarbeit mit Neidhart + Schön und dem Center for Corporate Reporting in Zürich (CCR) haben sich digitale Geschäftsberichte in den rund 100 größten börsennotierten Unternehmen in Deutschland (davon 50 Berichte aus den Indizes DAX und MDAX) und der Schweiz durchgesetzt. Das Ergebnis zeigt, dass alle Unternehmen ihre Berichte standardmäßig als PDFs anbieten. Dies wird von vielen Unternehmen schon seit Jahrzehnten praktiziert. Die heutigen Möglichkeiten der digitalen Gestaltung von Geschäftsberichten gehen jedoch weit über das PDF hinaus: Online-Geschäftsberichte sind weitaus mehr als der digitale „Abklatsch“ der Printversion.

Die neuen Perspektiven der Online-Geschäftsberichte

Ein speziell für das Internet und mit einem Content Management System realisierter Online-Geschäftsbericht eröffnet heutzutage völlig neue und vielfältige Darstellungsformen. Mithilfe von animierten Diagramme, Infografiken und Videos lassen sich komplexe Informationen für die Leserschaft verständlicher aufbereiten. Durch Suchfunktionen und die individuelle Auswahl von Kapiteln können gezielt Informationen abgerufen werden. Das Unternehmen vermag durch Analysetools bei einer Onlineversion zudem genau festzustellen, wie viele Nutzer die Seite besuchen und welche Inhalte auf Interesse stoßen. Einzelne Beiträge des Geschäftsberichtes können für weitere Darstellungsformen wiederverwendet werden, z.B. auf den sozialen Netzwerken, auf der eigenen Website oder in einem Blog. In der Regel kommt bei Online-Geschäftsberichten responsives Design zum Einsatz. Das bedeutet, die Nutzer können den Geschäftsbericht auf allen ihren Endgeräten problemlos lesen. Online-Geschäftsberichte eröffnen damit einen großen Spielraum: Sie sind flexibel, stellen ein zusätzliches Darstellungs- und Kommunikationsmittel des Unternehmens dar, können größere Zielgruppen erreichen, generieren niedrigere Druckkosten und sind umweltfreundlich – so die Argumente der Agenturen, die solche Lösungen anbieten.

„Full“ oder „Hybrid“?

Für Unternehmen, die sich für einen Online-Geschäftsbericht entscheiden, unterscheiden die Forscher des Center for Research in Financial Communication insgesamt vier Varianten:

  • Full HTML plus Digital: Die Teaserpage wird mit der Full-HTML-Version kombiniert. Hier wird eine eigene Teaserpage angeboten und alle Inhalte werden zudem als HTML umgesetzt.

  • Full-HTML-Report: Alle Inhalte werden digital abgebildet und in HTML umgesetzt.

  • Teaserpage: Wichtige Inhalte werden kanalgerecht aufbereitet und auf wenigen Seiten präsentiert. Es folgt eine Verlinkung zu PDFs.

  • Hybrid: Bestimmte Teile des Berichts werden in HTML umgesetzt, andere als PDF zur Verfügung gestellt.

Die „Vollversion“ bzw. die eigene Teaserpage erfährt unter den Unternehmen, die mit ihrem Geschäftsbericht online gehen, wachsende Beliebtheit. Das jedenfalls besagen die Zahlen der Untersuchung. Im Jahr 2018 gestalteten 28% der untersuchten Unternehmen Full-HTML-(Plus-)Seiten. 18% haben eine Teaserseite für ihre Geschäftsberichte gewählt, nur 10% entschieden sich für eine Hybridseite. Noch ein Jahr vorher hatte sich ein völlig anderes Bild dargestellt: 18% Full gegenüber 36% Hybrid. Der Trend spricht für die Zielgruppe: Die österreichische Agentur nexxar, die jährlich für große Unternehmen wie Bayer, Telekom, VOLKSWAGEN und METRO digitale Geschäftsberichte erstellt, berichtet anhand von Website-Analysen, dass insbesondere Berichte, die nur den Imageteil in HTML aufbereiten, so gut wie nicht genutzt werden. Vermutet wird, dass diese von Stakeholdern nicht als vollwertige Berichte anerkannt werden.

Zeichen der Zeit noch nicht von allen Unternehmen erkannt

Erstaunlich ist jedoch eine ganz andere Zahl: Laut der Untersuchung publizieren erst rund 50% der untersuchten Unternehmen einen Online-Geschäftsbericht. Warum das so ist, geht aus der Analyse nicht hervor.

Auswertungen der vollständigen HTML-Berichte von DAX30-Unternehmen anhand von entsprechenden Tools ergaben laut nexxar jedoch, dass fast 90.000 Besuche und über 300.000 Seitenaufrufe im Jahresverlauf stattfinden. Die Reichweite von Online-Geschäftsberichten liegt damit deutlich über der durchschnittlichen Druckauflage von Printberichten, die im DAX zuletzt rund 10.000 Exemplaren entsprach. Während sich also seitens der Zielgruppe, sprich der Aktionäre, Investoren, Analysten und Finanzmedien, ein Trend zur digitalen Nutzung von Informationen und Daten – immer mehr auch mobil – abzeichnet, schlägt sich dieser erstaunlicherweise (noch) nicht durchgängig aufseiten der Unternehmen nieder.

Mit Blick in die Zukunft werden viele Firmen daher nachrüsten (müssen): Logische Konsequenz des Trends ist, sich von den Konzepten gedruckter Pendants zu verabschieden und die digitalen Möglichkeiten auszuschöpfen.

Digital ja, aber noch längst nicht online

Die Besonderheiten des Internets als Publikationskanal von Geschäftsberichten liegen z.B. in einem nicht-linearen Nutzungsprinzip – ihre Inhalte werden hochgradig selektiv durch die aktive Auswahl der Nutzer erschlossen. Da die Geschäftsberichte mit zahlreichen anderen Quellen im Netz konkurrieren, müssen sie suchmaschinenoptimiert (SEO) sein, damit sie im Ranking vorne auftauchen und gefunden werden. Sie müssen den Stakeholdern auch klare Mehrwerte bieten: Die Aufgabe des Online-Geschäftsberichts besteht nicht nur darin, die wirtschaftliche Bilanz eines Geschäftsjahres darzustellen, sondern er soll auch ein positives Image transportieren, etwa anhand von informativen und unterhaltsamen Erfolgsgeschichten, Fallstudien und Mitarbeiterporträts.

Auch crossmedial – also über verschiedene „Kanäle“ – zu arbeiten wird von Fachagenturen empfohlen. Synergieeffekte können beispielsweise durch das Veröffentlichen von Infovideos oder Infografiken in sozialen Netzen erreicht werden. Außerdem ermöglichen Online-Geschäftsberichten eine interessenspezifische Arbeit, indem sich das vom Nutzer gesuchte Interessengebiet durch Navigationshilfen und übersichtliche thematische Filteroptionen schnell finden lässt.

Fazit

Online-Geschäftsberichte sind die Zukunft. Sie müssen jedoch ganz anders, nämlich digital, gedacht werden. Das bedeutet, die Unternehmen müssen umdenken und von der Idee des klassischen Geschäftsberichts wegkommen. Dies ist eine neue große Herausforderung an die Informationsgestaltung und -verarbeitung der Unternehmen. Interne oder externe Fachleute sind da gefragt. Doch wenn die digitalen Möglichkeiten eines Online-Geschäftsberichtes geschickt genutzt werden, können die Stakeholder gut informiert und darüber hinaus weitere Effekte erzielt werden. 

Info:

Die Studie „Online-Report-Perspektiven“ des Center for Research in Financial Communication kann kostenfrei bestellt werden unter: marketing@mmssolutions.io, https://mmssolutions.io/de/news/neue-studie-online-report-perspektiven/

 

 

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