Die wichtigsten deutschen Aktienindices (DAX, MDAX, SDAX, TecDAX) fliegen förmlich täglich von einem historischen Höchststand zum nächsten. Jedoch wird von dieser euphorischen Stimmung der deutsche IPO-Markt nicht beeinflusst. Im Gegenteil: Die jüngste herbe Enttäuschung ist die Absage des österreichischen Verpackungsherstellers Constantia Flexible, der durch ein „Dual Listing“ in Wien und Frankfurt bis zu rd. 850 Mio. EUR bei Investoren einsammeln wollte. Selbst ein hochkarätiges Konsortium, bestehend aus Deutscher Bank, Goldman Sachs und JP Morgan, kann nicht mehr garantieren, dass in Deutschland ein Börsengang ein Erfolg wird. Die Folge ist, dass Unternehmen, die sich mit dem Gedanken eines IPO tragen, ihre Börseneinführungspläne noch einmal überdenken. Im Gegensatz dazu boomt der IPO Markt in den USA, wo in diesem Jahr bereits über 200 Börsengänge (ein Plus von 60% gegenüber 2012) stattfanden.

Wir stellen uns immer wieder die Frage, warum Investoren an den amerikanischen Börsen derzeit begierig zugreifen und z.T. die gleichen Investoren bei Emissionen an den heimischen Börsen so zurückhaltend sind. Auch Constantia Flexible offerierte seine Aktien im Rahmen einer „Rule144a Private Placement“ direkt amerikanischen, institutionellen Investoren. Zudem haben die meisten US-Investoren eine europäische Niederlassung in London, die in den Roadshows vom Management und den konsortialführenden Banken i.d.R. auch besucht werden. Die Ursache kann nicht darin liegen, dass angelsächsische Investoren einen großen Bogen um deutschsprachige Unternehmen machen.

Im Gegenteil: Der erfolgreiche amerikanische Börsengang des in Bayern ansässigen Unternehmens Voxeljet zeigt, wie sogar deutsche „start-ups“ gesucht sind. Voxeljet ist ein führender Hersteller industrietauglicher 3D-Drucksysteme und erzielte mit dem IPO im Mai diesen Jahres an der AMEX einen Emissionserlös von 97 Mio. US$. Statt Aktien wurden sog. ADS (American Deposit Shares) platziert. Zudem engagieren sich vor allem ausländischen Investoren und darunter vor allem wieder die angelsächsischen Anleger im deutschen Aktienmarkt, die von den aktuellen Rekordständen profitieren. Vielleicht ist die Begründung in den Deregulierungsbemühungen an den US-Kapitalmärkten zu sehen, die deutliche Erleichterungen für Emissionen von Small- und Midcap-Unternehmen im Rahmen des JOBS-Act ermöglichen. Dem gegenüber hat der deutsche Börsenplatz ein Imageproblem, das durch die holprigen bzw. misslungenen Börseneinführungen der letzten Jahre gefördert wird. Darüber hinaus tragen die Verkäufer oft dazu bei, dass wenig Lust entsteht, am deutschen Markt zu emittieren. Verkrustete Emissions- und Verkaufsprozesse sowie eine intransparente Informationspolitik, die zum Teil auch den gesetzlichen Vorschriften geschuldet ist, führen dazu, dass es im Pre-Marketing zu keiner verlässlichen Aussage der Investoren zur Zeichnungsbereitschaft führt.

Daher sollten diese eingefahrenen Emissionspraktiken auf ihre Eignung hinterfragt werden: eine frühzeitige Einbindung potentieller Investoren ist geboten. Es scheint, dass ein klassisches Bookbuilding für IPOs nicht mehr taugt. Hier sind die Investmentbanken, Börsen aber auch Berater gefragt, neue, flexible Wege zu gehen, um das „Missmatch“ zwischen Emittenten- und Investoreninteresse aufzubrechen. Auf der anderen Seite ist aber auch ein „Werbefeldzug“ für die Aktie als Anlageform von allen Interessensvertretern des Kapitalmarktes einschließlich der Börsen in Deutschland zu starten. In einer Welt mit Niedrigzinsen wird die Vermögensbildung über Kapitalmarktinstrumente für die großen und kleinen Anleger weiterhin ein Thema bleiben

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