„2013 wird das Jahr der politischen Börsen“, hieß es am Anfang dieses sehr erfolgreichen Börsenjahres. Wahlen in mehreren Bundesländern und die Bundestagswahl sollten 2013 zu einem politischen Börsenjahr machen. Allerdings waren die Auswirkungen der Wahlen auf die Börsenentwicklungen eigentlich kaum spürbar. Das trifft interessanterweise auch auf die Einflüsse von außenpolitischen Entwicklungen zu. Ist das das Ende der Politik?

Die Unsicherheit vor dem politischen Börsenjahr 2013 hat unseres Erachtens die Kursentwicklung im Jahr 2012 mehr beeinflusst, was dazu führte, dass die guten Gewinnerwartungen für das Jahr 2013 in die Kurse 2012 keinen Eingang fanden – und das trotz des 27%igen Anstiegs des DAX. Anfang 2013 handelte der DAX 15% unter dem durchschnittlichen KGV der letzten sieben Jahre – trotz einer fulminanten Rally in den Anleihemärkten. Dadurch weitete sich der Renditeunterschied zwischen Aktien- und Rentenmärkten sehr zugunsten der Aktienmärke aus.

Ralf Grönemeyer, Senior Advisor, KochBank GmbH
Ralf Grönemeyer, Senior Advisor, KochBank GmbH

Aktiendekade

Aktien waren und – wie wir erwarten – sind damit einfach attraktivere Investments als Anleihen. Nach fast drei Jahrzehnten von sehr guten Renditen der Anleihemärkte lässt sich diese Erkenntnis aber nicht „ad-hoc“ in die Portfolios umsetzen. Regulatorische Hindernisse sind hier ein zusätzliches Hemmnis. Dennoch ist der Trend klar und hat sich mit den deutlich über 20% Kursperformance 2013 gefestigt. Aktien werden in den nächsten Jahren weiter ihren Anteil in den globalen Portfolios ausbauen. Wir sind in der „Aktiendekade“.

Anfang 2013 waren die meisten Banken der Meinung, dass sich die Aktienmärkte kaum entwickeln werden: Das DAX-Kursziel wurde bei 7,733 für das Jahresende 2013 gesehen, obwohl dieselben Banken einen Anstieg der DAX-Gewinne auf 767 Punkte (+10%) erwarteten. Das hätte ein KGV von 10 bedeutet oder eine Aktienrendite von 10%, die sich mit einer Anleiherendite von ca. 2% vergleicht. Diese hohe Differenz spiegelt die hohe Risikoaversion wider. Aber… ist das wirklich so?

Aktie als risikoreicher eingeschätzt

Im langfristigen Durchschnitt liegt dieses Verhältnis – das sogenannte Gewinn-Rendite-Verhältnis (EYR) – bei ca. 49%. Das bedeutet, dass Investoren eine Anlage in Aktien als doppelt so risikoreich ansehen wie eine Investition in Anleihen. Hierbei sprechen wir natürlich von erstklassigen Staatsanleihen. Wenn man nun lediglich diese Verhältnisse unterstellt, hätte der DAX noch ein weiteres Potenzial auf über 10.700 Punkte im nächsten Jahr.

Bisher haben wir nun die Politik ausgeblendet – wohl auch zu Recht. Es gab und gibt keine eindeutigen Signale aus dieser Ecke. Das haben die Investoren 2013 richtig erkannt, weshalb sie die anfänglichen politischen Irritationen durch Vertrauen in die koordinierten Aktionen der Zentralbanken ersetzten.

Wird das immer so bleiben? Die Tabelle zeigt das mögliche Risiko eher auf der Seite der Anleihen: Im Durchschnitt der letzten zwölf Jahre war die Rendite der 10-Jahres-Bundesanleihen bei 3,35%, also fast doppelt so hoch wie heute – und bei diesem Niveau wäre ein „fairer“ Kurs für den DAX bei 10.700, bei niedrigeren Zinsen also eigentlich höher.

Von politischer Seite weht hier eventuell Gegenwind: Die Unternehmen erwarten höhere Gewinne und steigende Umsätze, was zu einer besseren Beschäftigung führen sollte. In diesem Umfeld könnten die Zentralbanken – wahrscheinlich ebenso koordiniert – ihre Geldpolitik ändern. Da die meisten Regierungen in den letzten Jahren ihre Verschuldungspolitik nicht nachhaltig geändert haben, kann eine solche Änderung zu steigenden Zinsen führen, nicht aber gleichzeitig zu fallenden Gewinnen.

Fazit

Daher stellt sich unseres Erachtens nicht die Frage, ob man nun aus Aktien – nach zwei Jahren mit über 20% Kursentwicklung – aussteigen sollte. Die Unternehmen haben nämlich ihre Hausaufgaben gemacht und sich entschuldet. Die guten Gewinne werden also nicht durch steigende Finanzierungskosten geschmälert. Nachdem die politischen Führer das wirtschaftliche Feld den Zentralbankern überlassen haben, könnte sich das Pendel wieder zurückbewegen. Wie jede Änderung wird auch dies zu höherer Volatilität führen.

Tabelle 1: Aktien sind immer noch günstig: Vergleichsrendite von Aktien und Anleihen

Aktuell Kurs Gewinn 2014e KGVe Aktienrendite
DAX 9.400 738 12,74 7,85%
10 Jahres Bund 56,5 1,77%
EYR 23%
Langfristig
DAX 10.701 14,5 6,90%
10 Jahres Bund 29,85 3,35%
EYR 49%
Quelle: Börsenzeitung, KochBank GmbH Berechnung

Dieser Artikel ist ursprünglich in der GoingPublic Ausgabe 1/2014 erschienen.

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