Deutsche Familienunternehmen sind in vielen Bereichen Spitzenklasse: Sie sind einer der größten Arbeitgeber und Umsatztreiber in Deutschland; zwischen 2013 und 2017 lag das durchschnittliche jährliche Umsatzwachstum je nach Sektor zwischen 4% und 5% und damit über dem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts. Von Dr. Matthias Holzamer und Martin Wendt

Viele Hidden Champions sind deutschlandweit verteilt und oft unbekannter Weltmarktführer in ihrer Branche. Auch mit einer um sieben Prozentpunkte höheren Eigenkapitalquote schneiden sie meist besser ab als Nicht-Familienunternehmen, denn sie haben oft weniger Schulden und finanzieren sich lieber aus eigenen Mitteln, als zur Bank zu gehen. Sie sind verschwiegen, langfristig orientiert, risikoscheu und legen großen Wert auf ihre Unabhängigkeit, wenn es um die Unternehmensführung und um Finanzierungsfragen geht. Da sie Kreditgeber nur ungern in ihre Bücher schauen lassen und dies für Banken ein gewisses Risikopotenzial darstellt, zahlen sie aber auch meistens höheren Zinsen. Gleichzeitig managen sie aber ihre Finanzen in einigen Bereichen nicht so effizient und hinken beim Working-Capital- und Liquiditätsmanagement oft hinterher.

Innovation und Digitalisierung

Um auch künftig weiterhin erfolgreich zu sein, brauchen viele Familienunternehmen in den kommenden Jahren frisches Kapital – denn sie müssen international stärker wachsen, Innovationen vorantreiben und ihre Geschäftsmodelle der neuen, digitalen Welt anpassen. Mehr als die Hälfte plant den Einstieg in neue Geschäftsbereiche und will mehr als bisher für langfristige Anlagegüter ausgeben. Auch der Exportanteil soll in den nächsten fünf Jahren von derzeit durchschnittlich 36% auf 40% wachsen. Angesichts dieser Herausforderungen sind Kapitalstruktur und Finanzstrategie wichtiger denn je, und die Finanzierung von Familienunternehmen steht daher vor einem massiven Umbruch, so die neueste Studie von Roland Berger und Euler Hermes, „Finanzierung von Familienunternehmen in Deutschland“. Basis der Studie waren die Daten von rund 700 nicht-börsennotierten Unternehmen und mehr als 70 Interviews zu den Zukunftsplänen deutscher Familienunternehmen. Die daraus resultierenden acht wichtigsten KPIs wurden detailliert analysiert.Das Management braucht also weiteren finanziellen Spielraum für internationales Wachstum und eine zukunftsfähige Weiterentwicklung des Unternehmens. Durch die nachlassende Bedeutung der klassischen Hausbankfinanzierung aufgrund der gestiegenen Bankenregulierung bekommt privates Beteiligungskapital eine neue Bedeutung. Was früher unmöglich erschien, wird zunehmend Realität. Bisher ungern gesehene externe Eigenkapitalgeber rücken als mögliche Partner zunehmend in den Fokus der Familienunternehmer. Vor allem Banken und Investoren mit maßgeschneiderten und wachstumsorientierten Finanzierungslösungen sind gefragt. Neben dem wichtigen Eigenkapital können sie auch umfassendes Know-how, ein internationales Netzwerk und Managementkapazitäten zur Verfügung stellen. Und sie sind ein wertvoller Sparringspartner, wenn es um die Optimierung des Liquiditätsmanagements oder die Verbesserung des Working Capital geht. Für Banken oder Minderheitsgesellschafter und Private-Equity-Firmen bieten sich daher jetzt neue Einstiegschancen in einen attraktiven Markt.