Die richtige Besetzung des Aufsichtsrats sowie die Wahlen zum Aufsichtsrat werden immer diffiziler. Wiederwahlen von Aufsichtsratskandidaten, auch bei erfolgreichen Gesellschaften, sind keine Selbstläufer mehr. Die gesetzlichen Anforderungen, insbesondere aber die verschärften Anforderungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) wie auch die Abstimmungsrichtlinien der Stimmrechtsberater stellen hohe Anforderungen an die Wahl von Aufsichtsräten. Wichtige Anforderungen und die sich hierbei ergebenden Fallstricke werden nachfolgend beleuchtet.

Diversity (Geschlechterquote)

Diversity spielt bei der Zusammensetzung des Aufsichtsrats eine immer größere Rolle. Gemäß § 111 Abs. 5 AktG müssen Gesellschaften, die börsennotiert sind oder der Mitbestimmung unterliegen, feste Ziele für den Frauenanteil im Aufsichtsrat festlegen. Zudem bestehen gemäß § 96 Abs. 2 AktG für börsennotierte Gesellschaften, für die das Mitbestimmungsgesetz, das Montan-Mitbestimmungsgesetz oder das Mitbestimmungsergänzungsgesetz gilt, starre Quoten von mindestens 30%; ein Verstoß hiergegen würde zur Nichtigkeit des Wahlbeschlusses führen. Diese Anforderungen an die Geschlechterquote bleiben von dem geplanten Gesetz zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechterichtlinie (ARUG II) unberührt.

Der Kodex hingegen verlangt lediglich eine angemessene Berücksichtigung von Diversity bei Benennung der Ziele und Erarbeitung des Kompetenzprofils (Empfehlung C.1 DCGK 2019).

Demgegenüber achten die Stimmrechtsberater strikt auf Diversity. So werden ein nur mit Männern besetzter Aufsichtsrat oder fehlende Ziele zur Umsetzung von Diversity kritisch gesehen.

Overboarding

Unter Overboarding wird generell der Fall verstanden, in dem ein einzelnes Mitglied des
Aufsichtsrats eine Vielzahl weiterer Mandate wahrnimmt (z.B. Mitglied in anderen Aufsichtsräten; Vorstandstätigkeit).

Gemäß § 100 Abs. 1 Nr. 1 AktG kann Mitglied des Aufsichtsrats nicht sein, wer bei geplantem Amtsantritt bereits zehn Aufsichtsratsmandate (Aufsichtsratsvorsitz zählt doppelt)Die Göttin Justitia verkörpert mit ihren verbundenen Augen die objektive Rechtsanwendung unter Abwägung bestehender Interessenlagen. Bildquelle: pixel2013 / pixabay.com in Handelsgesellschaften innehat, die gesetzlich einen Aufsichtsrat zu bilden haben. Diese Regelung wird von ARUG II unberührt bleiben.

Darüber hinaus soll nach der Empfehlung C.4 DCGK 2019 ein Aufsichtsratsmitglied, das keinem Vorstand einer börsennotierten Gesellschaft angehört, insgesamt nicht mehr als fünf Aufsichtsratsmandate bei konzernexternen börsennotierten Gesellschaften oder vergleichbare Funktionen wahrnehmen (Aufsichtsratsvorsitz zählt doppelt). Wer darüber hinaus dem Vorstand einer börsennotierten Gesellschaft angehört, soll insgesamt nicht mehr als zwei Aufsichtsratsmandate in konzernexternen börsennotierten Gesellschaften oder vergleichbare Funktionen und keinen Aufsichtsratsvorsitz in einer konzernexternen börsennotierten Gesellschaft wahrnehmen (Empfehlung C.5 DCGK 2019).

Die Abstimmungsrichtlinien der Stimmrechtsberater sind teilweise noch strenger. So lassen die Stimmrechtsberater der Institutional Shareholder Services (ISS) maximal fünf Mandate in börsennotierten Gesellschaften (Aufsichtsratsvorsitz wird doppelt, Vorstandsmandate werden dreifach gerechnet) zu, wobei ein Vorstandsmandat in einer börsennotierten Gesellschaft und ein Aufsichtsratsvorsitz generell kritisch gesehen werden. Glass Lewis lässt ebenfalls maximal fünf Aufsichtsratsmandate zu (Vorsitz zählt doppelt), wobei Vorstände börsennotierter Gesellschaften nicht mehr als zwei Aufsichtsratsmandate in konzernexternen börsennotierten Gesellschaften oder vergleichbaren Gremien wahrnehmen sollen. Der BVI Bundesverband Investment und Asset Management ist am strengsten und befürwortet maximal drei Mandate in Summe für ein exekutiv tätiges Mitglied und fünf Mandate in Summe für ein nicht-exekutiv tätiges Mitglied; Vorsitzende (auch Vorstand oder Geschäftsführer einer GmbH) zählen doppelt. Mehrere Mandate innerhalb eines Konzerns zählen als ein Mandat; dies trifft allerdings lediglich dann zu, wenn sie deutlich gekennzeichnet sind.