Bildnachweis: Terranor.

Die Terranor Group (ISIN: SE0025159023), eine Tochter der Münchener Beteiligungsgesellschaft Mutares, feierte am 30. Juni 2025 ihr Börsendebüt am Nasdaq First North Growth Market in Stockholm. Der erste Kurs lag bei 20 Schwedischen Kronen (SEK) je Aktie (umgerechnet rund 1,77 EUR). Dies entspricht einem Gesamtwert aller Anteile an dem Unternehmen von 400 Mio. SEK (rund 36 Mio. EUR). Im Interview mit GoingPublic verraten Mutares-CIO Johannes Laumann und Terranor-CEO Michael Berglin, was die Anleger vom Börsenneuling im laufenden Jahr und darüber hinaus erwarten können.

Herr Laumann, warum ist die Terranor Group gerade zu diesem Zeitpunkt an die Börse gegangen?

Johannes Laumann: Seit dem Carve-out von NCC im Jahr 2020 hat Terranor eine beeindruckende Transformation durchlaufen – und das Kapitel ist nun erfolgreich abgeschlossen. In den vergangenen drei Jahren konnten wir als Mutares Terranor gemeinsam mit dem Management vor Ort mit einem jährlichen Wachstum von durchschnittlich 21 % profitabel weiterentwickeln und als klaren Marktführer für Straßenbetriebs- und Instandhaltungsdienstleistungen in der nordischen Region positionieren.

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Unsere Rolle als Investor war von Beginn an klar definiert: Wir sind kein Evergreen-Investor, sondern Gestalter von Veränderungen. Die Zeit war schlicht und ergreifend reif, um Terranor in die Eigenständigkeit zu entlassen, neue Investoren an Bord zu holen und damit frische Impulse sowie zusätzliche Wachstumsperspektiven zu schaffen.

Foto: Terranor

Sind Sie mit dem Listing zufrieden?

Johannes Laumann: Absolut. Unser Ziel war es, den Börsengang – auch mit Blick auf die neuen Investoren – zu einem attraktiven Preis umzusetzen und ähnlich wie bei unserer Beteiligung Steyr Motors eine nachhaltig erfolgreiche Börsenstory zu etablieren. Mit einem Anteil von 75 % bleibt Mutares weiterhin an der Terranor Group beteiligt – entsprechend partizipieren wir auch aktiv an deren weiteren Wertentwicklung.

An wen gingen die umplatzierten Terranor-Aktien im Wesentlichen, gibt es ähnlich wie bei Steyr Motors einen weiteren Ankerinvestor?

Johannes Laumann: Bei Terranor haben wir eine deutlich breitere Streuung als beim Börsengang von Steyr Motors und damit aus meiner Sicht auch eine gute Basis für den Börsenhandel in den kommenden Monaten. Ich schaue sehr zuversichtlich auf die Entwicklung und bin überzeugt, dass unser Plan, analog zu Steyr zu verfahren, auch hier aufgeht.

Welches Potenzial sehen Sie bei Terranor?

Johannes Laumann: Angesichts der dynamischen Geschäftsentwicklung, der gewonnenen Projekte und des äußerst erfahrenen Managements bin ich sehr optimistisch, was die weitere Kursentwicklung bei Terranor betrifft. Eine Verdopplung des Terranor-Aktienkurses innerhalb der nächsten 12 bis 18 Monate halte ich durchaus für realistisch.

Was spricht aus Ihrer Sicht für ein IPO an der schwedischen Börse?

Johannes Laumann: Im Falle von Terranor ganz klar der Heimvorteil, der Heimatmarkt Schweden hat bei Terranor den größten Anteil am Geschäftsvolumen. Insofern ist Terranor am schwedischen Markt bereits bekannt. Grundsätzlich verfügt Schweden über einen sehr liquiden Kapitalmarkt, der abgesehen von einer starken institutionellen Basis auch eine hohe Beteiligung privater Anleger am Aktienmarkt aufweist. Rund 20 % der schwedischen Bevölkerung investiert direkt in Aktien und damit deutlich mehr als im europäischen Durchschnitt.

Foto: Terranor

Anders als viele andere Börsenplätze bietet der schwedische Kapitalmarkt zum Beispiel mit dem Nasdaq First North Growth Market, an dem auch Terranor notiert, hinsichtlich Transparenz und Regulierung ein ideales Umfeld für Small- und MidCaps, zumal der Markt auch stark international ausgerichtet ist. Die Börsennotiz in Stockholm war daher der folgerichtige Schritt.

 


Terranor ist ein führender Anbieter von Betriebs- und Instandhaltungsarbeiten zur Gewährleistung eines sicheren Verkehrs auf und um Straßen Skandinaviens. Welche Chancen bietet das Geschäftsfeld?

Johannes Laumann: Für das erwartete Wachstum von Terranor gibt es mehrere Faktoren: Steigende staatliche Budgets sowohl grundsätzlich als auch im Zuge diverser Infrastrukturinitiativen, das wachsende Verkehrsvolumen, der aufgelaufene Instandhaltungsstau, die zunehmende Komplexität der Straßeninfrastruktur, Nachhaltigkeitsbestrebungen und steigende Sicherheitsanforderungen. Die Infrastrukturinitiativen benötigen zwar eine gewisse Anlaufzeit, aber die Töpfe sind da, nicht zuletzt auch dank des NATO-Beitritts von Schweden und Finnland als zusätzlicher Katalysator.

Aktuell notiert die Terranor-Aktie nach einem volatilen Kursverlauf in den ersten Handelstagen bei umgerechnet rund 1,70 EUR. Sie haben Ihr mittelfristiges Kursziel bereits genannt. Was spricht aus Ihrer Sicht für ein überdurchschnittliches Aufwärtspotenzial der Terranor-Aktie?

Johannes Laumann: Kurzfristig unterliegt der Aktienkurs natürlich den üblichen Schwankungen, die mitunter durch Äußerungen aus dem Weißen Haus beeinflusst werden. Dennoch hält sich der Terranor-Kurs aus meiner Sicht angesichts der Umstände stabil und ich bin wie gesagt sehr zuversichtlich. Terranor ist beim Betrieb und bei der Instandhaltung von Staats-, Kommunal- und Privatstraßen sowie bei Bau-Dienstleistungen führend in den Nordics und bedient einen stabil wachsenden Markt. Das gesamte adressierbare jährliche Umsatzpotenzial liegt bei ca. 5 Mrd. EUR, inklusive Grünflächenbau und -pflege sind es sogar rund 6,5 Mrd. EUR. In den nächsten Jahren wird ein Wachstum von ca. drei bis vier Prozent pro Jahr erwartet.

Hinzu kommt, dass die Hauptkunden von Terranor staatliche Stellen sind, sprich Bundesländer, Gemeinden, Städte et cetera, die Verträge sind in der Regel langfristig über Ausschreibungen vergeben, was die Geschäftsentwicklung sehr gut planbar und unabhängig von konjunkturellen Schwankungen macht. Derart planbare Geschäftsmodelle sind vor allem bei Income-Investoren stark im Fokus.

Herr Berglin, wie profitabel arbeitet Terranor und mit welchen Wachstumsraten rechnen Sie?

Michael Berglin: Terranor erzielte im Geschäftsjahr 2024 einen Umsatz von 3.147 Mio. SEK beziehungsweise 285 Mio. EUR sowie ein bereinigtes EBIT von 78,9 Mio. SEK respektive 7,2 Mio. EUR. Mit Blick auf unser breit gefächertes Auftragsportfolio erwarten wir ein organisches Wachstum von mindestens 8 % pro Jahr.

Wie groß ist der Marktanteil von Terranor, wie ist die Konkurrenzsituation am Markt?

Michael Berglin: Der Markt ist durch hohe Markteintrittsbarrieren gekennzeichnet. Lange Verträge mit hoher Komplexität erschweren neuen Wettbewerbern den Markteintritt. In allen drei nordischen Ländern gibt es zwischen drei und fünf Wettbewerber, wobei Terranor das einzige Unternehmen ist, das in allen drei Ländern tätig ist, und das einzige Unternehmen, das sich ausschließlich auf die Straßeninstandhaltung spezialisiert hat. In Schweden, das 60 % des Umsatzes ausmacht, hält Terranor einen Marktanteil von ca. 23 %, was uns zum zweitgrößten Anbieter und wichtigsten Herausforderer des marktführenden staatlichen Unternehmens Svevia macht.

Welche Expansionspläne hat Terranor? Ist es geplant regional oder beim Dienstleistungsangebot zu expandieren oder sind Zukäufe ein Thema?

Michael Berglin: Der Markt wird voraussichtlich vor allem in Schweden wachsen, wo bereits mehr Mittel für den kommenden Zehnjahreszeitraum bereitgestellt wurden. Grund dafür sind das gestiegene Verkehrsaufkommen, höhere Sicherheitsstandards und ein Defizit aufgrund jahrzehntelanger Unterfinanzierung der Instandhaltung. Außerdem erhöht der Beitritt Schwedens zur NATO den Bedarf an Investitionen in das Straßennetz. Terranor erwartet in allen drei Ländern ein organisches Wachstum und prüft auch neue Märkte und Akquisitionen. Die Strategie besteht darin, sich weiterhin auf den Bereich Straßeninstandhaltung zu spezialisieren und als Markttreiber hochwertige und innovative Lösungen für einen für die Gesellschaft wichtigen Dienstleistungsbereich anzubieten.

Foto: Terranor

 

 

 

 

 

 

 

 


Gibt es in absehbarer Zeit Finanzierungsbedarf, der Kapitalmaßnahmen notwendig macht?

Michael Berglin: Zusätzlichen Finanzierungsbedarf bzw. damit in Zusammenhang stehende Kapitalmaßnahmen sehen wir derzeit nicht. Sicherlich werden wir in die weitere Expansion investieren, aber Terranor ist gut aufgestellt und kann die geplanten Finanzierungen aus eigener Kraft stemmen.

Herr Laumann, Sie betrachten Terranor als Dividendentitel. Was heißt das aus Sicht der Anleger? Welche Ausschüttungs-Szenarien können Sie sich für die kommenden Jahre vorstellen?

Johannes Laumann: Absolut, Terranor ist definitiv ein Dividendentitel und hat schon in den vergangenen Jahren durch Dividendenzahlungen positiv zum Ergebnis der Mutares Holding beigetragen. Aus Sicht von Mutares – und damit auch aus Sicht aller Terranor-Aktionär – freuen wir uns auf die erste Dividende als börsennotiertes Unternehmen. Über die genaue Höhe der Dividende hat Terranor zu entscheiden, wir gehen aber von einer stabilen, nachhaltigen und angemessenen Beteiligung der Aktionäre aus.

Mutares hat mit dem Börsengang 25 % der Aktien veräußert und bleibt mit einem Anteil von 75 % Mehrheitsaktionär. Wird das auch in den kommenden Jahren so bleiben?

Johannes Laumann: Nein, denn erstens sehen es neue Investoren nicht so gerne, wenn ein Altgesellschafter dauerhaft dominant beteiligt ist. Und zweites ist es wie bereits angesprochen Teil unserer Strategie, nach erfolgreicher Transformation unsere Beteiligung in neue Hände zu geben. Unser Ziel ist es folglich, unseren Anteil ohne Zeitdruck mittelfristig vollständig zu veräußern, was vermutlich innerhalb der kommenden zwei bis drei Jahre erfolgen wird.

Herr Laumann, Herr Berglin, vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Gian Hessami.


Zu den Interviewpartnern

Michael Berglin leitet seit Oktober 2024 als Group CEO die Terranor Group, ein führendes nordisches Unternehmen für Straßenbetrieb und -instandhaltung. Zuvor war er über ein Jahrzehnt (2012–2023) bei Serneke Group tätig – zuerst als COO, später als CEO.

 

Johannes Laumann, ist seit 2016 bei der Mutares. Im Mai 2019 wurde er zum Mitglied des Vorstands ernannt. Nach einer persönlichen Auszeit kehrte Johannes Laumann im Juli 2024 als Chief Investment Officer in den Vorstand zurück und verantwortet den Bereich M&A.

 

Autor/Autorin

Gian Hessami
Finanzjournalist at  | Website

Gian Hessami ist freiberuflicher Finanzjournalist und schreibt für GoingPublic Beiträge rund um Aktien und den Kapitalmarkt. Dabei stehen die Perspektive des Anlegers sowie die Chancen und Risiken der Investments im Vordergrund. Mit den Finanzmärkten beschäftigt sich der gelernte Zeitungsredakteur bereits seit 2004. Bei Investments fokussiert er sich auf Anlageklassen wie Aktien, Anleihen und Rohstoffe. Darüber hinaus hat er sich auf Derivate wie Zertifikate und Hebelprodukte spezialisiert.