Ein Grund zum Feiern - Das GoingPublic Magazin hat sein 15 jähriges Jubiläum.

Die durchschnittliche Lebenserwartung eines neugeborenen Mädchens beträgt hierzulande rund 82 Jahre. Störe können es in freier Natur auf eineinhalb Jahrhunderte bringen und die Galapagos-Schildkröte Harriet hatte als Vertreter der Tierart mit der zweitlängsten Lebenserwartung bei ihrem Tod sogar fast 180 Jahre auf dem Buckel. Da muten 15 Jahre natürlich recht bescheiden an. Dennoch haben es im Dezember 1997 wohl nur die wenigsten Medienkenner für möglich gehalten, dass es das GoingPublic Magazin – im Gegensatz zu diversen anderen Ende der 90er Jahre entstandenen Finanzpublikationen – auch 2012 noch geben würde. Dabei lässt ein Blick auf die bewegte Vergangenheit des Kapitalmarktmagazins die damalige Skepsis trotz aller Höhen nachträglich betrachtet auch keineswegs als vollkommen unbegründet erscheinen.

 

Wie alles begann
Mit dem Erscheinen der ersten Ausgabe erfolgte der offizielle Start von „GoingPublic – Das Neuemissionsmagazin“ im Dezember 1997. Vorangegangen waren unzählige Überlegungen und Gespräche sowie umfangreiche Planungen und Vorbereitungen, bis die ersten (heute lächerlich dünn anmutenden) 32 Seiten schließlich den Weg zu ihren Lesern fanden. Die Geburtsstunde fiel damit in eine Zeit, in der Börsengänge unter dem Einfluss des IPOs der Deutschen Telekom Ende 1996 sowie der Gründung des Neuen Marktes im März 1997 zwar bereits auf vermehrtes Interesse bei potenziellen Anlegern und Emittenten stießen, sie von weiten Teilen der Wirtschaftspresse aber noch überaus stiefmütterlich behandelt wurden. Dabei fanden bereits im Geburtsjahr des Magazins 45 Börsengänge (inklusive Listings) statt, was immerhin dem Doppelten des langjährigen Durchschnitts entsprach.

 

Goldgräberstimmung zum ersten Geburtstag
Das Marktumfeld war bzw. wurde überaus günstig. Getragen von einer unglaublichen IPO-Euphorie konnte der Jubilar seinem Namen in den folgenden Jahren alle Ehre machen. Bereits zum ersten Geburtstag war der Heftumfang auf 108 Seiten angestiegen, zwölf Monate später waren es sogar 162. Dabei hätte sich theoretisch wohl auch die doppelte Anzahl füllen lassen. So feierten 1998 insgesamt 79 Gesellschaften (ohne Listings) ihr Börsendebüt, allein die Hälfte davon am Neuen Markt. 1999 waren es sogar 199 Unternehmen (136 am Neuen Markt). Selbst Schwergewichte wie Jenoptik, TelDaFax oder Debitel, die jeweils hunderte Millionen eingesammelt haben, waren vielfach überzeichnet und bei kleineren Gesellschaften Zeichnungsgewinne im dreistelligen Bereich keine Seltenheit. Alteingesessene Emissionsbanken liefen genauso zu Höchstform auf wie neu gegründete Wertpapierhandelshäuser, Emissionsberater und auf IPOs spezialisierte Marketingagenturen. Angetrieben von einer gewissen Gier und prominenter Unterstützung (Stichwort: Manfred Krug) schien auch das Interesse breiter Bevölkerungsschichten an der Aktie endlich geweckt worden zu sein. Das Neuemissionszeichnen, sei es auf klassischem Weg über verschiedene Banken, bei denen extra zu diesem Zweck Wertpapierdepots eröffnet wurden, oder via Internet über die VEM Aktienbank und net.ipo wurde zwischenzeitlich zum Volkssport. Schließlich ließ sich zeitweise mit jeder Zuteilung mehr „Einkommen“ erzielen als ein GoingPublic-Redakteur für die Arbeit eines ganzen Monats mit nach Hause brachte. Beim Magazin lief es – vom Arbeitseinkommen eines Redakteurs einmal abgesehen – so gut, dass aus dem eigenen Cashflow Ende des Jahres der Start von GoingPublic Online finanziert werden konnte.

 

Erste Schatten
Gerade bei enger Verbundenheit mit einer Branche ist es für die Glaubwürdigkeit eines Fachmagazins natürlich unumgänglich, immer wieder Fragen aufzuwerfen, begründete Bedenken zu äußern und negative Entwicklungen kritisch zu begleiten. Dazu gehörte die Kritik an undurchsichtigen Zuteilungsverfahren bei Neuemissionen (Heft 08/2000) genauso wie der Hinweis auf die Blasenbildung am Neuen Markt („Sturmwarnung am Neuen Markt“, Heft 11/1999) und die Auseinandersetzung mit windigen Bilanzen, fragwürdigen Geschäftsmodellen und dubiosen Adressen, die es allein auf das Kassemachen abgesehen hatten. Zu den besonders zweifelhaften Börsengängen dieser Zeit zählten dabei artnet.com, Gigabell und Netlife. Die beteiligten Emissionshäuser wurden im Januar 2000 deshalb auch mit der erstmals von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V. (SdK) und dem GoingPublic Magazin vergebenen „IPO-Zitrone“ „prämiert“. Kurz darauf markierte EM.TV mit 30.500% Kursplus seit Emission sein Allzeithoch. Ein Meilenstein für das Kapitalmarktmagazin war in diesem Jahre der Start des „VentureCapital Supplements“. Die Ausgliederung (Spinoff) als eigenständiges VentureCapital Magazin folgte gut zwei Jahre später.

 

Katerstimmung nach dem Rausch
Zwar hielt der Zustrom an „Gästen“ insbesondere am Neuen Markt zunächst noch weiter an, Zeichnungsgewinne waren allerdings keineswegs mehr garantiert. Immer öfter wurden Offerings verschoben oder letztendlich ganz abgesagt. Verschiedene Neulinge, allen voran IntraWare und Mediascape, bescherten ihren Besitzern bis Jahresende Verluste von über 80%. Diese Entwicklung verstärkte sich im folgenden Jahr: Von unzähligen Ankündigungen und Absichtserklärungen wurden 2001 letztendlich nur 23 wahr gemacht. War noch ein Jahr zuvor das PEG-Ratio (Price-Earning-Growth-Ratio) die beliebteste Kennzahl vieler Analysten, rückte nun die Cash-Burnrate in den Mittelpunkt der Betrachtung. Es kam allerdings noch schlimmer: Ließen sich die Börsengänge 2002 bereits an zwei Händen abzählen, fand 2003 erstmals seit 1968 kein einziges IPO statt. Nachdem verschiedene Skandale und kriminelle Machenschaften aufgedeckt worden waren und das Vertrauen der Anleger zutiefst erschüttert, kam am 5. Juni 2003 schließlich das Aus für den Neuen Markt. Bereits zwei Jahre zuvor (6/2001) war die Hauptperson dieses Artikels in „GoingPublic Magazin – Das Börsenmagazin für Anlageprofis“ umbenannt worden, nachdem sie zeitweise (seit 11/2000) den Untertitel „Neuemissionen und Neuer Markt“ trug. Seit Heft 5/2003 lautet der Titel nun „Das Kapitalmarktmagazin“ – wie auch heute noch.