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Dieser Beitrag stammt aus dem kürzlich erschienenen GoingPublic 2/25.
Das Berliner Start-up sicherte sich Anfang Mai in einer Series-C-Runde 120 Mio. USD von namhaften Investoren. CEO Malte Kosub plant die Mittel ein, um Kundenservice durch Artificial Intelligence (AI) neu zu definieren. Einen späteren Börsengang sieht er als „denkbare Option“. Von Stefan Preuß
Die Berliner haben die Series-C-Finanzierungsrunde erfolgreich abgeschlossen und erreichten damit Unicorn-Status. Parloa gilt als ein führendes AI-Unternehmen, das den Kundenservice durch den Einsatz sogenannter AI Agents neu definiert. Mit der Management Platform von Parloa können Unternehmen Millionen leistungsstarker AI-Agents sicher erstellen, testen und einsetzen. Diese führen mit jedem Kunden natürliche, persönliche Gespräche und „sorgen so für außergewöhnliche Serviceerlebnisse“, formuliert es Parloa. Einige der weltweit bekanntesten Marken vertrauen auf Parloa, um Kunden besser zu erreichen, die Zufriedenheit zu steigern, die Kundenbindung zu stärken und neue Umsatzpotenziale zu erschließen. Gegründet wurde Parloa 2018 von Malte Kosub und Stefan Ostwald. Aktuell arbeiten rund 300 Mitarbeiter an den Standorten Berlin, München und New York an der Zukunft des Kundenservice.
Parloa-CEO Kosub: „Mit der neuen Finanzierung beschleunigen wir unsere Mission, die führende ‚AI Agent Management Platform‘ für Unternehmen auszubauen.“ Die US-Technologiefonds Durable Capital, Altimeter Capital und General Catalyst führen die Finanzierungsrunde an. Zudem beteiligten sich auch EQT Ventures, RPT Capital, Senovo und Mosaic Ventures. Insgesamt flossen bereits etwa 220 Mio. USD in das Unternehmen, in das auch die beiden Fußballweltmeister Mario Götze und Bastian Schweinsteiger investiert sind. EQT Ventures hielt vor der Unicorn-Investmentrunde knapp 19% an Parloa. Altimeter war mit 17% engagiert, Newion mit 13% und Senovo mit knapp 12%. Zu konkreten Umsatzzahlen hält sich Parloa bedeckt; es wird im Zusammenhang mit der neuerlichen Finanzierungsrunde von starkem Wachstum seit der Series-B-Finanzierungsrunde vor einem Jahr sowie Kundengewinnen insbesondere in den USA berichtet. Die Umsatzsteigerung beziffert Parloa als Vervierfachung, freilich ohne konkrete Zahlen zu nennen.
Weltmarktführer vertrauen auf Parloas Technologie
Nachdem das Unternehmen vor nur zwölf Monaten in der Series-B-Runde 66 Mio. USD eingesammelt hatte, hat Parloa im September 2024 auf der eigenen AI-Konferenz „WAVE“ in Berlin die AI Agent Management Platform (AMP) vorgestellt. Es ist die erste AI-Agenten-Plattform, die speziell für Contact Center von Unternehmen entwickelt wurde. „Die Art und Weise, wie Menschen mit Unternehmen interagieren, verändert sich gerade fundamental. Wir bei Parloa stehen an der Spitze dieses Wandels und helfen großen Unternehmen, ihren Kundenservice mit AI zu transformieren. Konzerne bauen 1:1-Beziehungen zwischen AI-Agenten und ihren Kunden auf, um die Kundenloyalität zu stärken, neue Umsatzquellen zu erschließen und maximal personalisierte Erlebnisse zu schaffen“, sagt Kosub.
Das Researchunternehmen Gartner prognostiziert, dass Agentic AI 80% der häufigsten Probleme im Kundenservice bis 2029 ohne menschliches Eingreifen lösen wird. Dabei geht es um wiederkehrende Themen wie Öffnungszeiten, Bezahlmöglichkeiten oder Retouren. Laut einer Studie von Menlo Ventures sind die Ausgaben von Unternehmen für generative AI-Anwendungen 2024 um das Achtfache gestiegen, 31% dieser Ausgaben im Bereich Kundensupport, also der Kernkompetenz von Parloa. Die steigende Nachfrage nach Lösungen zur Modernisierung des Kundenservices in wichtigen Branchen wie E-Commerce und Einzelhandel, Finanzdienstleistungen sowie Reise- und Hotelgewerbe hat die Entwicklung von AI-basierten Lösungen von Anbietern wie Parloa beschleunigt.
„Einzigartig positioniert für nächste Innovationswelle“
Offiziell werden die Kunden- und Umsatzzahlen einstweilen nicht kommuniziert, aber man kann natürlich davon ausgehen, dass die Investoren auf Basis einer akribischen Due Diligence die Investitionen getätigt haben. „Wir sind stolz darauf, diese Series-C-Finanzierungsrunde anzuführen und mit Parloas beeindruckendem Führungsteam zusammenzuarbeiten“, kommentiert Henry Ellenbogen, Managing Partner und Chief Investment Officer von Durable Capital Partners. „Wir haben uns für eine Investition in Parloa entschieden, weil das Unternehmen einzigartig positioniert ist, um die nächste Innovationswelle im Bereich der Customer Experience anzuführen und diesen schnell wachsenden Markt zu transformieren. Wir freuen uns darauf, das Unternehmen bei der Skalierung zu unterstützen, um der globalen Nachfrage gerecht zu werden.“
Fazit
AI-Unternehmen wird oft vorgehalten, im luftleeren Raum ohne konkreten Anwendungsfall zu forschen. Parloa ist das exakte Gegenteil, denn die Software ist bei zahlreichen Kunden jeden Tag im konkreten Einsatz. Spätestens wenn die Rechtsform von der bisherigen GmbH in eine AG oder SE geändert wird darf sich der Kapitalmarkt freuen.
„Wenn ein Börsengang der richtige Schritt ist, werden wir ihn gehen“
Interview mit Malte Kosub, CEO, Parloa GmbH
GoingPublic: Wofür werden Sie das Kapital aus der jüngsten Finanzierungsrunde genau einsetzen?
Kosub: Wir investieren vor allem in Forschung und Entwicklung, insbesondere die Erweiterung unserer Plattform Parloa AMP – unsere AI Agents werden künftig individueller und vielfältiger einsetzbar sein. Der zweite wichtige Bereich ist der Ausbau unserer internationalen Präsenz, vor allem in den USA: Dort wollen wir unser Team von derzeit 40 auf 100 Mitarbeiter erweitern und den Vertrieb deutlich verstärken.
Bei hoch finanzierten Unicorns stellt sich früher oder später die Frage nach dem Exit: Ist ein IPO für Sie eine denkbare Option?
Ein IPO ist für uns eine denkbare Option – aber kein Selbstzweck. Wir wollen mit Parloa Weltmarktführer für AI Agents in der Kundenkommunikation werden. Wenn ein Börsengang der richtige Schritt auf diesem Weg ist, werden wir ihn gehen. Firmen wie Stripe oder Databricks zeigen aber auch, dass es nicht unbedingt nötig ist. Es gibt mehrere Wege, ein global erfolgreiches Techunternehmen aufzubauen.
Welche Meilensteine müsste das Unternehmen bis zur Börsenreife aus Ihrer Sicht erreichen?
Wir wachsen international, insbesondere in den USA. Unsere AI-Agenten-Managementplattform läuft bei großen Kunden sehr erfolgreich und wir haben ein erfahrenes, global aufgestelltes Führungsteam. Jetzt geht es unabhängig von einem Börsengang darum, alles auf eine noch höhere Stufe zu bringen. Wir wollen weitere internationale Konzerne als Kunden gewinnen, unsere Lösung implementieren und Umsatz sowie Technologie skalieren.
Erwarten Sie Vorteile bei der Rekrutierung herausragender Talente durch die Entwicklungen in den USA (z.B. Druck auf die Ivy-League-Universitäten) – oder können Sie das sogar schon bestätigen?
Wir bauen in den USA ein hochkarätiges Team auf und haben von Anfang an gemerkt, dass für viele Talente die Frage wichtiger wird, an welchen Themen und Werten sie arbeiten wollen. Unser Fokus auf praxisnahe AI-Anwendungen und ein verantwortungsvoller Umgang mit Technologie spielen dabei in vielen Gesprächen eine Rolle.
Sehr geehrter Herr Kosub, vielen Dank für die Informationen.
Das Interview führte Stefan Preuß.
Autor/Autorin
Stefan Preuß
Stefan Preuß arbeitet seit mehr als 25 Jahren als Redakteur im Kapitalmarktumfeld. Der gelernte Tageszeitungsredakteur sammelte zudem Erfahrung als Investor Relations Manager. Der Redaktion der GoingPublic Media AG gehört er als ständiger Mitarbeiter mit den Schwerpunktthemen IPOs, Vermögensanlage und Nachfolgelösungen an. Er betreut als Redaktionsleiter die jährlichen Spezialausgaben "Mitarbeiterbeteiligung" sowie "M&A Insurance".