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Unternehmenstransaktionen bergen trotz sorgfältiger Vorbereitung erhebliche Risiken. Besonders im Zeitraum zwischen ­Signing und Closing können unvorhergesehene Entwicklungen den Wert des Zielunternehmens drastisch beeinflussen. ­Sogenannte Material-Adverse-Change-(MAC-)Klauseln gewinnen daher als vertragliches Sicherheitsinstrument ­zunehmend an Relevanz. Von Irina Novikova, Peter Trick und Imane El Karouia-Tizi

Die Wirksamkeit von MAC-Klauseln setzt eine präzise Definition und Anpassung an die Transaktion ­voraus. Im Zeitraum zwischen der ­Vertragsunterzeichnung (Signing) und der tatsäch­lichen Vollziehung einer M&A-Transaktion (Closing), der oft Wochen bis Monate umfasst, können fundamentale ­Risiken für den Unternehmenswert auf­treten.

Risiken zwischen Signing und Closing: Warum MAC-Klauseln wichtig sein können

Unerwartete externe Ereignisse wie geopolitische Krisen, Änderungen der Zinspolitik oder neue Regulierungen wie beispiels­weise ESG-Vorgaben führen nicht selten dazu, dass die Bewertungsgrundlagen, die der Due Diligence zugrunde lagen, plötzlich obsolet werden. „Material Adverse Change/Effect“ bezeichnet im M&A-­Kontext ein Ereignis, das die wirtschaftliche oder rechtliche Situation des Zielunternehmens wesentlich und negativ verändert und damit regelmäßig zu Umsatz- oder EBITDA-Rückgängen sowie Anpassungen im Bewertungsmodell führt. Solche Entwicklungen können sowohl durch externe Einflüsse als auch durch interne Vorgänge im Unternehmen ausgelöst werden. In ­Europa werden plötzliche Bewertungs­änderungen häufig über Kaufpreisanpassungsmechanismen und Garantiekataloge adressiert, während MAC-Klauseln im
US-amerikanischen Markt zum Standard­repertoire in der M&A-Branche gehören (CMS European M&A Study 2024).

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Einflussfaktoren und die Relevanz präziser Definitionen

Die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie intensiv externe Faktoren die Stabilität von Unternehmen beeinflussen. Geopolitische Konflikte, Handelsrestriktionen, Sanktionen oder Währungsschwankungen sind imstande, zentrale Annahmen einer Unternehmensbewertung grundlegend zu erschüttern. Zinspolitik und makroökonomische Volatilitäten wie stark schwankende ­Rohstoffpreise können direkte Auswirkungen auf die Finanzierungslandschaft und die Unternehmensbewertung haben.

ESG-Risiken sind ein weiterer Treiber für die Relevanz von MAC-Klauseln. Angedrohte Bußgelder bei Nachhaltigkeitsverstößen haben nicht nur das gefährliche Potenzial, finanzielle Einbußen nach sich zu ziehen, sondern auch das Markenimage von Unternehmen nachhaltig zu schädigen. Darüber hinaus können auch der ­Verlust von Schlüsselpersonal oder strategisch relevanter Kunden bzw. Lieferanten, unvorhergesehene Rechtsstreitigkeiten oder Wertminderungen von Vermögensgegenständen zu einer veränderten Unternehmensbewertung führen.

Die präzise Definition von Auslösern für MAC-Klauseln ist daher essenziell. Ein eindeutiger Katalog messbarer Kriterien – wie Schwellen für Umsatz- oder EBITDA-Rückgänge oder der Verlust definierter ESG-Zertifikate/Kunden/Lieferanten etc. – erhöht nicht nur die praktische Durchsetzbarkeit der Klausel, sondern auch ihre Wirkung als verlässliche Schutzmaßnahme.

Tritt ein MAC-Ereignis ein, kann dies je nach vertraglicher Ausgestaltung erheb­liche Auswirkungen auf den Kaufpreis und den Fortbestand der gesamten Trans­aktion haben. Während einige Klauseln eine automatische Kaufpreisanpassung oder Nachverhandlungen vorsehen, ermöglichen andere dem Käufer den Rücktritt vom Vertrag. So kann etwa ein massiver Umsatzrückgang infolge geopolitischer Sanktionen das Unterschreiten einer vereinbarten Umsatzschwelle und ­damit eine Kaufpreisminderung auslösen. In anderen Fällen – etwa beim Wegfall ­eines wichtigen Produktionsstandorts – kann ein MAC so gravierend sein, dass die Transaktion als Ultima Ratio insgesamt nicht mehr vollzogen wird.

Um die Klausel dabei nicht inflationär anzuwenden und unnötig über alle denkbaren Ereignisse aufzublähen, ist es ­üblich, bestimmte Risiken auszunehmen (sogenannte Carve-outs), beispielsweise globale oder branchenspezifische Marktrisiken, Naturkatastrophen oder auch ­regulatorische Änderungen. Gleichzeitig muss jedoch sichergestellt werden, dass eventuell auftretende unternehmens­spezifische Wertverluste nicht per se ­unter diese Ausnahmen subsumiert, sondern sinnvoll abgegrenzt werden können.

Greift eine MAC-Klausel, können die ­automatischen Folgen ebenso transa­ktionsspezifisch formuliert und verhandelt werden. Dabei sind Abstufungen denkbar, beispielsweise Nachverhandlungen oder eine Aufschiebung des Closings.

Tritt ein MAC-Ereignis ein, kann dies je nach vertraglicher Ausgestaltung erheb­liche Auswirkungen auf den Kaufpreis und den Fortbestand der gesamten Trans­aktion haben.

Für einen verlässlichen Schutz ist es unabdingbar, dass die MAC-Klauseln ­dabei nicht nur die ökonomischen Aspekte sauber abbilden, sondern auch juristisch korrekt formuliert sein müssen, da sonst das Risiko eventueller Schieds-/Gerichtsverfahren besteht.

Optimierte Gestaltung und ­Praxisbeispiele

Die konkreten Anforderungen an MAC-Klauseln variieren stark je nach Trans­aktion, weshalb Standardformulierungen nur selten geeignet sind. Eine maßgeschneiderte Gestaltung basiert auf einer gezielten Verzahnung mit den Ergebnissen der Due Diligence und der Einbeziehung transaktionsspezifischer Risiken. Käufer bevorzugen dabei klare, quantitativ messbare Schwellenwerte, wie eine EBITDA-Minderung um beispielsweise 20 %, den unerwarteten Anstieg von Verbindlich­keiten oder die Nichterreichung eines ­bestimmten ESG-Ziels (z.B. eines Zertifikats). Verkäufer versuchen hingegen, allgemeine Marktrisiken auszuklammern und MAC-Klauseln auf außergewöhnliche, ­unternehmensspezifische Ereignisse zu ­beschränken.

Bei längeren Zeiträumen zwischen ­Signing und Closing empfiehlt es sich ­zudem, die Klauseln um klare Reportingpflichten zu ergänzen. Regelmäßige ­Zwischenabschlüsse und definierte Key Performance Indicators (KPIs) ermög­lichen eine objektive Bewertung potenzieller MAC-Ereignisse in dieser Risiko­periode.

MAC-Klauseln sind ein sinnvolles Instrument, um Käufer in einem zunehmend ­volatilen Markt­umfeld abzusichern, und eröffnen dem Verkäufer bessere Chancen, den Verkauf abzuschließen.

Fazit

MAC-Klauseln sind ein sinnvolles Instrument, um Käufer in einem zunehmend ­volatilen Marktumfeld abzusichern, und eröffnen dem Verkäufer bessere Chancen, den Verkauf abzuschließen. Ihre effektive Anwendung setzt jedoch eine präzise,
auf das Zielunternehmen ausgearbeitete Klausel voraus. Klare Definitionen, die B­erücksichtigung transaktionsindividu­eller Risiken und die Ausrichtung an eindeutig messbaren Kriterien sind entscheidend, um sowohl juristische Streitfälle als auch wirtschaftliche Konsequenzen zu minimieren. Insbesondere in Anbetracht interna­tionaler Unsicherheiten, regula­torischer Herausforderungen und makroökonomischer Volatilität gewinnen individualisierte Klauseln an Bedeutung. Nur durch maßgeschneiderte Lösungen, die gemeinsam von erfahrenen juristischen und finanziellen Beratern entwickelt ­werden, lassen sich die spezifischen ­Risiken einer Transaktion adressieren und schaffen so eine Bewertungssicherheit, die Käufer und Verkäufer gleicher­maßen schützt.

Autor/Autorin

Irina Novikova

Irina Novikova (US-GAAP- und IFRS-zertifiziert) ist Partnerin bei der Deloitte GmbH WPG im Bereich SPA and Dispute Advice am Standort in Frankfurt. Seit mehr als 25 Jahren berät sie Unternehmen in den Bereichen Finanz- und Rechnungswesen, Post-M&A-Streitigkeiten, Ansprüche aus entgangenem Gewinn und Baustreitigkeiten sowie vertragliche und Gesellschafterstreitigkeiten. Dabei ist sie auf grenzüberschreitende Streitigkeiten spezialisiert, die vor Schiedsgerichte gebracht werden.

Peter Trick

Peter Matthias Trick ist Senior Manager bei der Deloitte GmbH WPG im Bereich SPA & Dispute Advice am Standort in Frankfurt. In dieser Funktion liegt sein Fokus auf den finanziellen Aspekten von Unternehmenskaufverträgen, Completion Accounts Preparation und Review sowie Post-M&A-Streitigkeiten.

Imane El Karouia-Tizi

Imane El Karouia-Tizi ist Managerin bei der Deloitte GmbH WPG im Bereich SPA and Dispute Advice am Standort in Frankfurt. Sie ist Wirtschaftsjuristin und zertifizierte Mediatorin und verfügt über mehr als neun Jahre professionelle Erfahrung in der forensischen Beratung und der Begleitung von komplexen wirtschaftsrechtlichen Konflikten.