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Unternehmenstransaktionen bergen trotz sorgfältiger Vorbereitung erhebliche Risiken. Besonders im Zeitraum zwischen Signing und Closing können unvorhergesehene Entwicklungen den Wert des Zielunternehmens drastisch beeinflussen. Sogenannte Material-Adverse-Change-(MAC-)Klauseln gewinnen daher als vertragliches Sicherheitsinstrument zunehmend an Relevanz. Von Irina Novikova, Peter Trick und Imane El Karouia-Tizi
Risiken zwischen Signing und Closing: Warum MAC-Klauseln wichtig sein können
Unerwartete externe Ereignisse wie geopolitische Krisen, Änderungen der Zinspolitik oder neue Regulierungen wie beispielsweise ESG-Vorgaben führen nicht selten dazu, dass die Bewertungsgrundlagen, die der Due Diligence zugrunde lagen, plötzlich obsolet werden. „Material Adverse Change/Effect“ bezeichnet im M&A-Kontext ein Ereignis, das die wirtschaftliche oder rechtliche Situation des Zielunternehmens wesentlich und negativ verändert und damit regelmäßig zu Umsatz- oder EBITDA-Rückgängen sowie Anpassungen im Bewertungsmodell führt. Solche Entwicklungen können sowohl durch externe Einflüsse als auch durch interne Vorgänge im Unternehmen ausgelöst werden. In Europa werden plötzliche Bewertungsänderungen häufig über Kaufpreisanpassungsmechanismen und Garantiekataloge adressiert, während MAC-Klauseln im
US-amerikanischen Markt zum Standardrepertoire in der M&A-Branche gehören (CMS European M&A Study 2024).
Einflussfaktoren und die Relevanz präziser Definitionen
Die vergangenen Jahre haben gezeigt, wie intensiv externe Faktoren die Stabilität von Unternehmen beeinflussen. Geopolitische Konflikte, Handelsrestriktionen, Sanktionen oder Währungsschwankungen sind imstande, zentrale Annahmen einer Unternehmensbewertung grundlegend zu erschüttern. Zinspolitik und makroökonomische Volatilitäten wie stark schwankende Rohstoffpreise können direkte Auswirkungen auf die Finanzierungslandschaft und die Unternehmensbewertung haben.
ESG-Risiken sind ein weiterer Treiber für die Relevanz von MAC-Klauseln. Angedrohte Bußgelder bei Nachhaltigkeitsverstößen haben nicht nur das gefährliche Potenzial, finanzielle Einbußen nach sich zu ziehen, sondern auch das Markenimage von Unternehmen nachhaltig zu schädigen. Darüber hinaus können auch der Verlust von Schlüsselpersonal oder strategisch relevanter Kunden bzw. Lieferanten, unvorhergesehene Rechtsstreitigkeiten oder Wertminderungen von Vermögensgegenständen zu einer veränderten Unternehmensbewertung führen.
Die präzise Definition von Auslösern für MAC-Klauseln ist daher essenziell. Ein eindeutiger Katalog messbarer Kriterien – wie Schwellen für Umsatz- oder EBITDA-Rückgänge oder der Verlust definierter ESG-Zertifikate/Kunden/Lieferanten etc. – erhöht nicht nur die praktische Durchsetzbarkeit der Klausel, sondern auch ihre Wirkung als verlässliche Schutzmaßnahme.
Tritt ein MAC-Ereignis ein, kann dies je nach vertraglicher Ausgestaltung erhebliche Auswirkungen auf den Kaufpreis und den Fortbestand der gesamten Transaktion haben. Während einige Klauseln eine automatische Kaufpreisanpassung oder Nachverhandlungen vorsehen, ermöglichen andere dem Käufer den Rücktritt vom Vertrag. So kann etwa ein massiver Umsatzrückgang infolge geopolitischer Sanktionen das Unterschreiten einer vereinbarten Umsatzschwelle und damit eine Kaufpreisminderung auslösen. In anderen Fällen – etwa beim Wegfall eines wichtigen Produktionsstandorts – kann ein MAC so gravierend sein, dass die Transaktion als Ultima Ratio insgesamt nicht mehr vollzogen wird.
Um die Klausel dabei nicht inflationär anzuwenden und unnötig über alle denkbaren Ereignisse aufzublähen, ist es üblich, bestimmte Risiken auszunehmen (sogenannte Carve-outs), beispielsweise globale oder branchenspezifische Marktrisiken, Naturkatastrophen oder auch regulatorische Änderungen. Gleichzeitig muss jedoch sichergestellt werden, dass eventuell auftretende unternehmensspezifische Wertverluste nicht per se unter diese Ausnahmen subsumiert, sondern sinnvoll abgegrenzt werden können.
Greift eine MAC-Klausel, können die automatischen Folgen ebenso transaktionsspezifisch formuliert und verhandelt werden. Dabei sind Abstufungen denkbar, beispielsweise Nachverhandlungen oder eine Aufschiebung des Closings.
Tritt ein MAC-Ereignis ein, kann dies je nach vertraglicher Ausgestaltung erhebliche Auswirkungen auf den Kaufpreis und den Fortbestand der gesamten Transaktion haben.
Für einen verlässlichen Schutz ist es unabdingbar, dass die MAC-Klauseln dabei nicht nur die ökonomischen Aspekte sauber abbilden, sondern auch juristisch korrekt formuliert sein müssen, da sonst das Risiko eventueller Schieds-/Gerichtsverfahren besteht.
Optimierte Gestaltung und Praxisbeispiele
Die konkreten Anforderungen an MAC-Klauseln variieren stark je nach Transaktion, weshalb Standardformulierungen nur selten geeignet sind. Eine maßgeschneiderte Gestaltung basiert auf einer gezielten Verzahnung mit den Ergebnissen der Due Diligence und der Einbeziehung transaktionsspezifischer Risiken. Käufer bevorzugen dabei klare, quantitativ messbare Schwellenwerte, wie eine EBITDA-Minderung um beispielsweise 20 %, den unerwarteten Anstieg von Verbindlichkeiten oder die Nichterreichung eines bestimmten ESG-Ziels (z.B. eines Zertifikats). Verkäufer versuchen hingegen, allgemeine Marktrisiken auszuklammern und MAC-Klauseln auf außergewöhnliche, unternehmensspezifische Ereignisse zu beschränken.
Bei längeren Zeiträumen zwischen Signing und Closing empfiehlt es sich zudem, die Klauseln um klare Reportingpflichten zu ergänzen. Regelmäßige Zwischenabschlüsse und definierte Key Performance Indicators (KPIs) ermöglichen eine objektive Bewertung potenzieller MAC-Ereignisse in dieser Risikoperiode.
MAC-Klauseln sind ein sinnvolles Instrument, um Käufer in einem zunehmend volatilen Marktumfeld abzusichern, und eröffnen dem Verkäufer bessere Chancen, den Verkauf abzuschließen.
Fazit
MAC-Klauseln sind ein sinnvolles Instrument, um Käufer in einem zunehmend volatilen Marktumfeld abzusichern, und eröffnen dem Verkäufer bessere Chancen, den Verkauf abzuschließen. Ihre effektive Anwendung setzt jedoch eine präzise,
auf das Zielunternehmen ausgearbeitete Klausel voraus. Klare Definitionen, die Berücksichtigung transaktionsindividueller Risiken und die Ausrichtung an eindeutig messbaren Kriterien sind entscheidend, um sowohl juristische Streitfälle als auch wirtschaftliche Konsequenzen zu minimieren. Insbesondere in Anbetracht internationaler Unsicherheiten, regulatorischer Herausforderungen und makroökonomischer Volatilität gewinnen individualisierte Klauseln an Bedeutung. Nur durch maßgeschneiderte Lösungen, die gemeinsam von erfahrenen juristischen und finanziellen Beratern entwickelt werden, lassen sich die spezifischen Risiken einer Transaktion adressieren und schaffen so eine Bewertungssicherheit, die Käufer und Verkäufer gleichermaßen schützt.