Bildnachweis: www.carma-fund.com.

CARMA FUND – Capital for Risk-Mitigated Assets investiert antizyklisch und technologiegetrieben in akademische Life-Sciences-Innovationen. Gegründet 2022, agiert CARMA mit 60 Jahren kollektiver Erfahrung und Sitz in Frankfurt als Impulsgeber für die Translation. Von Urs Moesenfechtel


Plattform Life Sciences: Herr Dr. Raditsch, CARMA ist ein noch junger Player im VC-Markt. Was zeichnet Sie aus?

Dr. Martin Raditsch,General Partner, CARMA FUND. Copyright: www.carma-fund.com
Dr. Martin Raditsch, General Partner, CARMA FUND. Copyright: www.carma-fund.com

Raditsch: Jung vielleicht als Fonds – wir haben uns 2022 gegründet –, aber wir bringen über 60 Jahre kollektive Erfahrung in Technologietransfer, Frühphasenfinanzierung und Lizenzierung mit. Wir kommen sozusagen aus der EMBL, BASF-, Goethe-Universität-, Future-Capital- und Creathor-Ventures-Welt und CARMA ist vor allem aus der Ascenion und der INNOVECTIS heraus entstanden. Das bedeutet: Unser Dealflow basiert nicht nur auf PowerPoint-Folien, sondern insbesondere auf einem tiefen Zugang zu akademischen Projekten unserer Partner.

Werbung

Wie genau positioniert sich CARMA vor diesem Hintergrund im Venture-Ökosystem?

Wir sind einer der wenigen Tech-TransferFonds in Europa – mit Fokus auf sehr frühe Phasen. Unser Modell erlaubt es uns, IP aus Universitäten direkt zu finanzieren, gemeinsam mit CROs weiterzuentwickeln und entweder ein Start-up zu bauen oder mit Big Pharma früh Kooperationen einzugehen. Unser Name steht für „Capital for Risk-Mitigated Assets“ – wir reduzieren Risiko durch Nähe zu Technologie und Forschern. Wir kennen die Projekte lange vor der Gründung. Beispiel: ein präklinisches Projekt zur Behandlung des Ovarialkarzinoms an der Goethe-Universität Frankfurt, das wir mit einem kleinen siebenstelligen Betrag unterstützen – dabei sind die Kliniker die treibende Kraft. Das ist kein klassisches VC-Due-Diligence-Modell. Wir verstehen nicht nur die Technologie, sondern auch die Menschen dahinter.

Wie strukturieren Sie Ihr Portfolio?

Wir investieren in Therapeutika, Diagnostik, Medtech und Digital Health – mit einem bewussten Mix: „Fast Returner“, „Mid-Term Returner“ und „Long-Term Returner“. Bei Therapeutika zielen wir auf hohe Multiples, bei Digital Health eher auf frühzeitige Exits. Derzeit haben wir ca. 56 Mio. EUR under Management. Die First Tickets liegen zwischen 250.000 und über 1 Mio. EUR. Wir haben derzeit 16 Beteiligungen – das 17te ist in Arbeit. Wir steigen in der Regel ab TRL vier ein, manchmal auch früher – noch vor der Gründung. Als gewerblicher Fonds können wir mit Universitäten Lizenz- oder Kooperationsverträge abschließen, IP weiterentwickeln und dann ein Unternehmen aufbauen oder direkt Partnerschaften mit Big Pharma anstreben. Dadurch können wir Risiken frühzeitig identifizieren und minimieren. Wir glauben an Diversifikation – und wir können sie umsetzen. Über unsere Partner Ascenion und INNOVECTIS greifen wir auf breite wissenschaftliche Expertise zu. Bei nur vier internen Mitarbeitern wäre Spezialisierung eine Einschränkung. Mit unserem Netzwerk können wir gezielt Know-how hinzuholen.

Dieser Artikel ist in der aktuellen Plattform Life Sciences-Ausgabe 1/25 „Investoren in Life Sciences“ erschienen, die sie hier als E-Magazin downloaden können.

Ihr Fonds hat eine Laufzeit von 15 plus fünf Jahren – eher ungewöhnlich.

Ja, aber sinnvoll. In der Pharmaentwicklung brauchen viele Projekte über zehn Jahre bis zur Marktreife. Wir investieren früh, bleiben lange dabei und ermöglichen anderen VCs später den Einstieg. Unsere nächste, geplante Fondsgeneration wird jedoch kürzer laufen, zehn plus fünf, um breitere Investorengruppen anzusprechen – aber ohne bei der Projektqualität Kompromisse zu machen.

Wo sehen Sie die Trends in der Life-Sciences-Investition?

Wir sind Trendagnostiker – wir sind bewusst antizyklisch unterwegs. Nur weil alle gerade in Zelltherapien investieren, tun wir das nicht automatisch auch. Wir investieren da, wo wir echten Patientennutzen sehen; nicht nur wissenschaftliche Exzellenz. Antimikrobielle Resistenzen sind beispielsweise ein kommendes Problem, das bisher kaum jemand angeht. Auch in der Neurologie – Stichwort Alzheimer, Parkinson – liegt noch viel Potenzial, gerade für nicht-kurative, lebensqualitätsverbessernde Ansätze. Wenn es dem Patienten nicht hilft, sollte man nicht investieren. Unser Ziel ist es, mit überschaubarem Kapital Technologien so weit zu bringen, dass sie von der Industrie übernommen werden. Das ist unser Beitrag zur Translation.

Wie stehen Sie zur Konkurrenz durch die USA und China?

Die USA haben Volumen, wir haben Effizienz. Mit 56 Mio. EUR Fondsvolumen erreicht man bei uns, was in den USA das Dreifache kosten würde. Europas Technologietransfer hat enorme Qualität – wir müssen ihn nur besser übersetzen. Und genau da setzt CARMA an. Der Bedarf ist gegeben – vor allem in der Frühphase fehlt es an Kapital. Deutschland hat hervorragende Forschung, die Übersetzung in Produkte gelingt aber nur mit erfahrenen Partnern. Wenn es mehr Fonds wie CARMA gäbe, wäre das kein Wettbewerb, sondern ein Gewinn für den Standort.

Herr Dr. Raditsch, vielen Dank für das interessante Gespräch.

Das Interview führte Urs Moesenfechtel.

Autor/Autorin

Redaktionsleiter Plattform Life Sciences at  | Website

Urs Moesenfechtel, M.A., ist seit 2021 Redaktionsleiter der GoingPublic Media AG - Plattform Life Sciences und für die Themenfelder Biotechnologie und Bioökonomie zuständig. Zuvor war er u.a. als Wissenschaftsredakteur für mehrere Forschungseinrichtungen tätig.