Fristenlösung

Die Mehrzahl der Börsen sieht den Anlegerschutz mit einer sogenannten Fristenlösung gewahrt. Danach soll es zum Schutz der Anleger genügen, wenn ihnen nach Bekanntgabe einer posi­tiven Widerrufsentscheidung durch die Börse bis zum Wirksamwerden des Widerrufs hinrei­chend Zeit verbleibt, ihre Aktien über den regulierten Markt zu veräußern, z.B. § 46 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, Abs. 2 S. 3 BörsO Frankfurter Wertpapierbörse.

Schutzkonzept in Anlehnung an die „Macrotron“-Rechtsprechung

Im Gegensatz dazu hält die Börse Düsseldorf bewusst an einem Schutzkonzept in Anlehnung an die Macrotron-Rechtsprechung fest. Nach ihrer Börsenordnung erfordert der Wider­ruf im Falle eines vollständigen Delistings weiterhin einen Beschluss der Hauptversammlung sowie ein § 31 WpÜG entsprechendes Kaufangebot (§ 56 Abs. 4 BörsO Börse Düsseldorf).

„Downlisting“ in Qualitätssegmente

Daneben privilegieren Börsenordnungen verbreitet auch das „Downlisting“ in Qualitätsseg­mente des Freiverkehrs, z.B. § 51 Abs. 2 Nr. 2 BörsO Börse München und § 56 Abs. 3 Nr. 3 BörsO Börse Düsseldorf. Damit besteht auch in Düsseldorf die Möglichkeit, ein Abfindungsangebot durch ein „gestuftes“ Delisting zu vermeiden.

(Rechts-)Schutz für Anleger aktuell kaum vorhanden

Der BGH stellt in seiner FRoSTA-Entscheidung klar, dass der gesetzliche Schutz der Anleger in § 39 Abs. 2 S. 2 BörsG abschließend geregelt sei. Bei Stattgabe eines Widerrufsantrags müssten Anleger Rechtsschutz im verwaltungs(gerichtlichen) Verfahren durchsetzen. Für einen gesellschaftsrechtlichen Anlegerschutz bestehe daneben kein Bedarf.

Auch wenn laut BGH ausreichend Ansatzpunkte für einen angemessenen, mit Widerspruch und Anfechtungsklage gegen den stattgebenden Widerrufsbescheid durchsetzbaren Schutz der betroffenen Aktionäre gegeben sind, hat das Verwaltungsgericht Frankfurt a. M. (Be­schluss v. 25. März 2013, 2 L 1073/13) zuvor einen Eilantrag zur Sicherung eines Wider­spruchs eines Aktionärs mangels drittschützender Wirkung von § 39 Abs. 2 BörsG als unzu­lässig verworfen. Die Norm schütze vielmehr nur die Anleger in ihrer Gesamtheit. U.a. ge­stützt auf diese Entscheidung haben einige Börsen jüngst den Drittschutz im Verfahren über den Widerruf der Zulassung verneint. Es bleibt abzuwarten, wie die Verwaltungsgerichte zukünftig entscheiden, wenn Widerrufsentscheidungen der Börsen gerichtlich angefochten werden.

Auch das satzungsmäßige Vorschreiben einer Börsennotierung ist ein ungeeignetes, weil unzulässiges Mittel. Die Entscheidung über den Verbleib an der Börse ist ein im Ermessen des Vorstands liegender Geschäftsführungsakt, der diesem nicht qua Hauptversammlungs­beschluss entzogen werden darf.

Fazit

Vor diesem Hintergrund prüft der Gesetzgeber zurzeit eine Verbesserung des Anlegerschut­zes im Rahmen der Aktienrechtsnovelle (BT-Drucks. 18/4349, S. 42 f.). Es bleibt abzuwar­ten, ob der Gesetzgeber den Schutz wie vom Bundesrat vorgeschlagen gesellschaftsrecht­lich umsetzt oder kapitalmarktrechtlich ausgestaltet.

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Dr. Eva Nase ist Partnerin der Kanzlei P+P Pöllath + Partners. Von 2005 bis 2009 war sie bei einer bedeutenden US-Kanzlei. Sie berät seit mehr als zehn Jahren auf dem gesamten Ge­biet des Gesellschaftsrechts, insbesondere im Aktien- und Konzernrecht, und bei öffentlichen Übernahmen mit anschließendem Taking Private. eva.nase@pplaw.com

Philipp Opitz ist seit 2013 Associate bei P+P Pöllath + Partners. Er berät auf dem gesamten Gebiet des Gesellschaftsrechts, insbesondere auch in streitigen Verfahren. philipp.opitz@pplaw.com

Der Artikel erschien zuerst im GoingPublic Magazin Special Kapitalmarktrecht 2015

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