Galimedix Therapeutics entwickelt neue Therapieansätze gegen neurodegenerative Erkrankungen. Die Wirkstoffe sollen ­einen zentralen Prozess in der Pathogenese blockieren und somit die Krankheiten an der Wurzel packen.

Niedermolekulare Wirkstoffe haben es in der Medikamentenentwicklung weit gebracht – dank ihrer Eigenschaft, sich an Proteine im Körper zu binden, und dadurch deren Fähigkeit, biochemische Reaktionen zu beeinflussen, findet sich diese Art von Wirkstoffen in jedem Therapiegebiet der Medizin. Diese Eigenschaft macht sich das US-Biotech Galimedix Therapeutics zunutze, um Medikamente zur Behandlung schwerwiegender neurodegenerativer Erkrankungen zu ­entwickeln: zunächst für zwei der weltweit häufigsten Ursachen für Erblindung und hoch­gradigen Sehverlust – trockene alters­bedingte Makuladegeneration (AMD) und Glaukom – aber auch für Alzheimer-Demenz (AD).

Der Zusammenhang zwischen diesen Indikationen ist zunächst nicht offensichtlich, doch Forschungsergebnisse deuten auf einen gemeinsamen Verursacher der fortschreitenden Schädigung und des Todes von Nervenzellen hin: kleine, lösliche Zusammenlagerungen von fehlgefaltetem Amyloid-beta (Aβ), sogenannte toxische Aβ-Oligomere. Während gesunde Aβ-Monomere eine wichtige Rolle bei verschiedenen relevanten Funktionen spielen, sind toxische Aß-Oligomere dafür bekannt, erst synaptische Verbindungen zwischen den Nervenzellen zu zerstören und anschließend die Zellen selbst.

Mit seinem Therapieansatz will Galimedix früh im Krankheitsverlauf eingreifen. Anders als die meisten Anti-Amyloid-Produkte in der Entwicklung und auf dem Markt, die über ­ihren Wirkmechanismus bereits gebildete toxische Aβ-Spezies entfernen – darunter die Amyloid-Antikörper Aducanumab, Lecanemab und Donanemab zur Behandlung der AD – wurden die Moleküle GAL-101 und
GAL-201 so entwickelt, dass sie sich nur an fehlgefaltete Aβ-Monomere binden und sie somit daran hindern, toxische Aβ-Oligomere zu bilden. Gesunde Aβ-Monomere werden dabei nicht in ihrer Funktion beeinträchtigt.

Wiederherstellung verlorener neuronaler Funktionen

Das Potenzial dieses Ansatzes als Augentropfen oder Tablette gegen Glaukom und trockene AMD wurde in präklinischen Studien bereits gezeigt. Es wurde nachgewiesen, dass GAL-101 und GAL-201 nicht nur die Bildung toxischer Aβ-Oligomere verhindern, sondern zudem bereits gebildete Aβ-Oligomere entfernen. So könnten auch verlorene neuronale Funktionen wiederhergestellt werden. „Unsere Technologie besitzt das einzigartige Potenzial, das Behandlungsparadigma dieser Krankheiten grundlegend zu verändern”, so Dr. Alexander Gebauer, Vorstandsvorsitzender von Galimedix. Auch die Daten als potenzielle orale Therapie gegen Alzheimer sind vielversprechend.

Sollte sich dies in weiteren Studien bestätigen, ist das Marktpotenzial enorm: Etwa 2% der Gesamtbevölkerung leiden an einem Glaukom mit deutlichem altersabhängigem Anstieg. An AMD erkrankt weltweit schätzungsweise jeder vierte Erwachsene über 65 Jahren. Etwa 85% der Betroffenen leiden unter der trockenen Variante. Sowohl die trockene AMD als auch das Glaukom können mit derzeitigen Therapien teilweise nicht oder nur unzureichend behandelt werden. „Unser Ziel ist, Medikamente zu entwickeln, die wirksamer, besser verträglich und einfach zu handhaben sind – diese Anwenderfreundlichkeit ist vor allem bei der älteren Patientenpopulation wichtig, die den Großteil unserer Zielgruppe ausmacht“, so Prof. Dr. Hermann Russ, Forschungsleiter bei Galimedix. Auch bei Alzheimer wäre das Marktpotenzial von GAL-101 beträchtlich.

Galimedix im Jahr 2024: Auf dem Weg zum Erfolg?

Im März 2023 unterzeichnete Galimedix eine strategische Partnerschaft mit Théa Open Innovation (TOI), einem bedeutenden Hersteller von Augentherapien mit umfassender Erfahrung in der Medikamentenentwicklung und -vermarktung. Galimedix übertrug dem Unternehmen die Exklusivrechte für die Entwicklung und Vermarktung von GAL-101 in den Indikationen trockene AMD, Glaukom und anderen ophthalmologischen Erkrankungen in Europa, Nord- und Südamerika, dem Nahen Osten und Afrika. Gemeinsam entwickeln die Partner nun GAL-101, zunächst in der Indikation trockene AMD – finanziert von TOI. „Mit dieser Unterstützung bereiten wir uns auf eine Phase-II-Studie zur Behandlung von trockener AMD vor, die 2024 beginnen soll. Gleichzeitig suchen wir aktiv nach Partnern im Bereich der Ophthalmologie für Asien sowie weltweit im Alzheimerbereich“, so Dr. Gebauer.

Um weitere klinische Studien zu initiieren, darunter eine Alzheimerstudie, führt Galimedix Gespräche mit potenziellen strategischen Partnern und Investoren.

Kurzprofil Galimedix Therapeutics
Gründung: 2018
Rechtsform: privates Unternehmen, gegründet als US Inc.
Standort: Kensington, Maryland, USA
Sektor: biotechnologische Arzneimittel­entwicklung
Anzahl Mitarbeiter: weniger als zehn
Internet: www.galimedix.com

Autor/Autorin

Redaktionsleiter Plattform Life Sciences at GoingPublic Media AG | Website

Urs Moesenfechtel, M.A., ist seit 2021 Redaktionsleiter der GoingPublic Media AG - Plattform Life Sciences und für die Themenfelder Biotechnologie und Bioökonomie zuständig. Zuvor war er u.a. als Wissenschaftsredakteur für mehrere Forschungseinrichtungen tätig.